Fakt ist, dass die großen Investitionen immer weniger bei den Gästen „ankommen“. Wie bereits in der letzten ISR kurz angesprochen, möchte ich diesen Gedanken hier noch etwas vertiefen. Nach der dritten Sitzheizung ist das Hinterteil zwar gut angewärmt – Begeisterung entsteht aber durch innere Wärme. Und die gelingt durch Emotionen. In diesem Zusammenhang zeigen die langjährigen Kundenbefragungen, dass (günstigere) Ideen und Einrichtungen zur Unterhaltung den Gast mehr begeistern. Eine gute Nachricht jedenfalls für die (dünne) Kapitalschicht und den Betriebswirt unter den Seilbahnen; eine schlechte aber für den Techniker und Nicht-Marketing-affinen Seilbahner. Und eine echte Chance für die (mancherorts an Nachfragerückgang) leidenden kleineren Skigebiete.
More of the same schon fraglich – wie aber erst less of the same?
Aber der Reihe nach: Was würden Sie als Kleingewachsener machen, wenn Sie auch mal auf einem Bild besser wahrgenommen werden wollen? Eine etwas lächerliche Strategie (wenngleich von großen kleinen Männern exerziert) wäre da wohl, sich auf eine Erhöhung zu stellen. Ist das aber nachhaltig erfolgreich und glaubwürdig? Wohl kaum, es fällt beim nächsten Mal gleich wieder auf (oder durch), hält nur kurz, da es mehr über Täuschung als Authentizität geht, und wirkt obendrein eher lächerlich. Wir leben in einer Zeit von Superlativen, in der es um größer und weiter geht. Und dieses more of the same verfolgt die Branche seit geraumer Zeit – gar nicht ohne Erfolg, denn Größe und auch (eingeschränkt) Bahnen sind ja wichtige Kriterien (für eine Skigebietsentscheidung). Ewig wird man mit more of the same aber nicht mehr punkten können. Eindeutig schlechter ist aber less of the same. Meine ehrliche Meinung: Das war aber oft das bisherige Konzept von kleinen Skigebieten. Less of the same, aber dafür halt etwas billiger; doch die geringen Preisunterschiede ziehen nicht. Was würden Sie also für ein Foto machen, um aufzufallen? Auf den Kopf stellen, farbig anziehen, besonders lustig dreinschauen … einfach anders sein!
Wo sind die Ideen?
Kommt man aber mit der Idee, etwas ganz anders zu machen, stößt man meist auf die Frage: Und wo hat das bereits funktioniert? Microsoft macht’s vor, wir leben in einer copy-und-paste-Mentalität. Hat‘s woanders funktioniert, gibt das vielleicht Sicherheit, man ist aber nicht mehr Pionier. Das kann schon auch erfolgreich sein, wenn man das dann besser oder günstiger macht; der Erste und Originale zu sein hat aber bewiesenermaßen auch ganz ordentliche Marktvorteile. Ich bemerke aber bereits ein Umdenken in der Branche – und das ist gut so. Noch dominieren die großen kapitalintensiven Investitionen, doch langsam mehrt sich die Zustimmung, dass die Berge bespielt und die Gäste unterhalten werden müssen. Nach aktuellen Markenwertuntersuchungen bei der jungen Generation sucht diese Produkte und Services, die sie unterhalten, Spaß machen, authentisch und cool sind. Darüber lohnt es sich nachzudenken.
Motive der Gäste
Was also hilft mehr, als sich mit den Motiven der Skifahrer auseinander zu setzen? Die erste Botschaft dabei nochmals: Es ist nicht nur Skifahren/Sport. Klar ist das ein wichtiges Argument, doch bei weitem nicht das einzige. Und selbst Sport kann für den einen wirklich die sportliche Herausforderung, das Auspowern sein, für den anderen aber nur etwas (sanfte) Bewegung. Oftmals spielt die Gesundheit und Fitness eine Rolle, auf der anderen Seite ist das Erleben von Natur immens bedeutend. Es kommen also mehr Gäste wegen dem Naturerlebnis als wegen dem Technikerlebnis, das sollte man nicht vergessen. Das Wintererlebnis und das Naturschauspiel wärmen von innen – und erzeugen damit Begeisterung. In all diesen Facetten kann man punkten und mit besonderen Erlebnissen überraschen und begeistern. Für andere spielt wiederum die Geselligkeit eine wesentliche Rolle, für die meisten ist Erholung und Entspannung ganz vorne – man liegt also nicht falsch mit Rast- und Genussplätzen. Durchforsten Sie, was Sie (authentisch gut) können und inszenieren Sie das mit Liebe zum Detail und zur Besonderheit!
Was braucht´s also? Kreativität und Mut
Jede Branche, die wächst und gewachsen ist, hat dies über eine starke Ausdifferenzierung erreicht. Nach Coca Cola kam Coke Light, dann Coke Zero und nun (in Argentinien) Coke Life – unterschiedliche Produkte für unterschiedliche Segmente und Bedürfnisse. Somit seien besonders die Kleinen ermutigt, nicht die Flinte ins Korn zu werfen, sondern einmal anders zu denken. Ich bin sicher, dass es mehr Mut zu neuen Lösungen und Services braucht.
Klaus Grabler