Zugangsbereich schon Teil des "Betriebes"?
Zuletzt war diese Frage nach einem Unfall beim Zustieg zu einer Sesselbahn zu klären. Der (spätere) Kläger wollte gegen Mittag eine Sesselbahn (im Urteil unrichtig auch als „Sessellift“ bezeichnet) bergwärts nehmen. Bei der Anlage handelte es sich um eine kuppelbare Sesselbahn mit sechs Sitzplätzen und einem Einstiegsförderband. Am linken und rechten äußeren Stahlrahmen des Zugangsschrankens war je ein Holzpfosten mit einem Kabelbinder montiert (keine genehmigungspflichtige Änderung). Er diente dazu, die Körpergröße von Kindern abzuschätzen. Im oberen Bereich des äußersten rechten Schrankens befand sich ein geringer Abstand von wenigen Zentimetern zum Stahlrahmen.
Fehlverhalten des Verletzten
Der Kläger gab zirka einen Meter vor der Schrankenanlage den linken Skistock in die rechte Hand, hielt beide Stöcke am Griff in der Hand, die Stöcke zeigten nach hinten. Die Schlaufe des rechten Skistocks löste der Kläger nicht vom Handgelenk. „Korrekterweise und auch idealerweise“ hätte er aus der Stockschleife herausschlüpfen und beide Stöcke im oberen Drittel des Stockschafts in einer Hand eng am Körper halten müssen. Der Kläger passierte dann die Schrankenanlage und rutschte mit den Skiern auf das Förderband. Als er dort stand, bemerkte er, dass sich der rechte Skistock zwischen dem Holzpfosten und dem Stahlrahmen verhakt hatte. Es gelang ihm nicht, den Stock zu lösen und er wurde – da sich das Förderband weiterbewegte – nach rechts in Richtung Bahninnenseite gezogen und stürzte.
Nach dem Sturz dauerte es höchstens drei Sekunden, bis die Seilbahnanlage vollkommen still stand. Der Stationsbedienstete reagierte nach frühestmöglichem Erkennen der Gefahrensituation und betätigte die „Gefahr‑Aus‑Taste“. Zu diesem Zeitpunkt stürzte der Kläger aber auch schon. Dem Bediensteten ist weder eine Nachlässigkeit noch ein Reaktionsverzug vorzuwerfen.
EKHG anwendbar?
Der verletzte Wintersportler verklagte das Seilbahnunternehmen mit der Begründung, sie hafte nach dem EKHG, da sich der Unfall „beim Betrieb“ der Seilbahn ereignet hätte: Wäre der Holzpfosten nicht angebracht gewesen, hätte sich sein Skistockteller nicht verfangen. Wäre das Förderband rechtzeitig abgestellt worden, wäre er nicht gestürzt. Das Seilbahnunternehmen wendete ein, der Unfall sei für sie unvermeidbar gewesen und der Kläger sei aufgrund seiner eigenen Unaufmerksamkeit gestürzt.
Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht änderte die Entscheidung ab und sprach aus, dass beide Seiten zu je 50 % haften. Der Oberste Gerichtshof hatte in letzter Instanz zu klären, ob sich der Unfall „beim Betrieb“ der Anlage ereignet hatte (was bedeuten würde, dass das EKHG anzuwenden ist). Er stellte fest, dass das Einsteigen in ein Fahrzeug ein mit dem Betrieb „unmittelbar zusammenhängender“ Vorgang sei. Sowohl das Rutschen auf das Förderband, als auch das Förderband selbst gehören auch zum „Einsteigen“ in die Anlage, daher habe sich der Unfall „beim Betrieb“ ereignet.
Der OGH bestätigte auch, dass dem Seilbahnunternehmen der Entlastungsbeweis – dass der Unfall unvermeidbar gewesen sei – nicht gelungen ist: Er war der Ansicht, das Seilbahnunternehmen hätte die zur Einschätzung der Körpergröße der Kinder dienenden Holzpfosten ohne Zwischenraum zwischen Pfosten und Metallgerüst befestigen können, so dass sich kein Skistock darin verhaken kann, oder hätte überhaupt eine ganz andere Vorrichtung schaffen können.
Daher sei der Unfall für sie nicht „unvermeidbar“ gewesen, auf Grund des Mitverschuldens des Klägers habe eine Schadensteilung im Verhältnis 50/50 zu erfolgen.