Wirtschaft

Sommer in den Bergen: Standbein oder Klotz?

Es wäre so naheliegend: Die Bahnen stehen vor Ort, die variablen Kosten sind überschaubar und Touristen sind ebenso da, da müsste sich doch ein zweites Standbein mit dem Sommer ausgehen (abgesehen von den Unternehmen, wo der Sommer das erste Standbein ist

Ganz so einfach ist es aber nicht, wie alle wissen – auch wenn in den letzten Jahren der Sommer in Seilbahnerkreisen durchaus als Erfolgsstory gilt. Warum eigentlich?

Wie bringen wir die Gäste auf den Berg?

Zuallererst einmal sind natürlich im Sommertourismus Sand und Strand sowie Wasser die Top-Tourismusmagnete. Das ändert sich auch nicht rasch und bestätigt die Deutsche Reiseanalyse jedes Mal aufs Neue. Damit ziehen wir im alpinen Sommer doch recht unterschiedliche Gäste zum Winter an, die vor allem eines sind: preissensibler. Ist auch kein Wunder, schließlich gilt es auch die aus den Wintern vorhandenen Betten zu füllen, und das geht nun mal am schnellsten über den Preis. Zumindest ist das die gelebte Praxis in vielen Destinationen im Sommer. Lockt man allerdings mit dem Preis, bekommt man meist auch preissensible Gäste. Diese dann (möglichst viele) Tage auf den Berg zu bringen, ist schon eine schwierige Aufgabe, wobei ja auch noch viele andere Sommerattraktionen sowie Wassererlebnisse um die Aufmerksamkeit buhlen. Dennoch gelingt es den Bahnen in den letzten Jahren zunehmend mehr Ersteintritte zu erzielen.

Rein in die Karte oder draußen bleiben?

Eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielten dabei in den letzten Jahren wohl die vermehrten (und weiter zunehmenden) Inklusivkarten. Länder und Regionen überbieten sich mit (in den Gästekarten) inkludierten Angeboten und bringen somit den Attraktionen vor Ort Frequenz. Der Gast nimmt das auch zunehmend wahr und mancherorts sind die Karten schon wirklich sehr relevant für die Destinationsentscheidung. Auch kein Wunder, bucht man so doch das Programm für die Woche mit. All Inclusive im Alpenland punktet bei Kaufentscheidung und Zufriedenheit; schließlich erleben die Gäste so sehr viel und fahren mit einer Unzahl an Eindrücken nach Hause. Ob dabei allerdings immer alles gratis sein muss, sei dahingestellt. Die Frage der Wertschöpfung mit diesen Karten ist für mich noch nicht endgültig beantwortet, wenngleich die der Menge der Nachfrage eindeutig ist. So stehen Bahnen vielfach immer noch vor der Entscheidung, in die Destinationskarte einzusteigen oder auch nicht. Man ist sicher eine der Top-Attraktionen vor Ort, welche die Karte attraktiver macht. Wie weit man wirtschaftlich dann davon profitiert, bleibt noch unklar. Klar scheint aber wohl, dass man mit zusätzlichen Angeboten vor Ort wohl die Wertschöpfung erhöhen kann und von der zunehmenden Frequenz profitieren kann.

Gastronomie am Berg

Ein wesentlicher Baustein ist dabei die Gastronomie am Berg. Man erkennt eine zunehmende Bedeutung der Berggastronomie für den Sommergast in den letzten Jahren. Mehr und mehr ziehen die Angebote der Gastronomie am Berg die Gäste an und diese verfehlen ihre Wirkung auch nicht: Die Gastronomie am Berg ist einer der wesentlichsten Treiber des Gesamterlebnisses und ist somit ein Schlüsselerfolgsfaktor. Hier gilt es die Frequenzen zu nutzen und den Gast zu begeistern. Und das macht man in erster Linie mit Atmosphäre; auch hier zählt wohl Aussicht und das (wahrgenommen) authentische Erlebnis am Berg – und das mehr als das Speisenanagebot an sich.

Begeisterungsfaktor Natur

Was treibt noch die Begeisterung des Sommerberggastes? Dabei muss man sich eines vor Augen halten: Der Gast, der im Sommer in die Berge kommt, will vor allem eines: Natur erleben. Das Naturerlebnis motiviert ihn zu kommen und führt zu begeisternden Erlebnissen. Alle unsere Befragungen zeigen, dass hier der ‚magic moment‘ liegt. Man will Berge erleben, Wasser(fälle) und intakte Umwelt, die viele nicht aus ihrem Umfeld kennen. Das Phänomen wird wohl noch zunehmen, bedenkt man die steigende Verstädterungsrate der Bevölkerung. Naturattraktionen und Naturerlebnisse punkten somit nachhaltig beim Gast. Will man wirklich begeistern, reicht es eben nicht mehr, dass diese einfach da sind, sondern müssen inszeniert, dramatisiert und dem Gast näher gebracht werden. Wanderwege, die an besonderen Plätzen vorbeiführen, besondere Aussicht ermöglichen und auch besondere gastronomische Erlebnisse entlang der Routen scheinen zu punkten. Und können womöglich dafür sorgen, dass die Gäste vor Ort einmal mehr auf den Berg wollen – und genau hier liegt noch viel Potenzial. Genau all das begeistert die Gäste: Aussicht und Atmosphäre, unberührte Natur und Ruheerlebnisse sind die Faktoren, welche die Gäste vor Ort als bedeutsam erleben. Interessanterweise tragen auch die Bahnen relativ viel zum gefühlten Gesamterlebnis bei: wahrscheinlich durch die Funktion als „fahrende Aussichtsbühne“ in der Natur. Auch die Sauberkeit bekommt im Sommer einen hohen Stellenwert. Der Gast sucht intakte Natur, und das verträgt sich nicht mit Müll oder dem Eindruck von wenig Sauberkeit.

Wo sind die Zielgruppen?

Wo liegt denn nun das Potenzial für zusätzliche Sommerumsätze am Berg? Wahrscheinlich mehr in der Steigerung der Bergtage bei den Gästen vor Ort als in der Überzeugung von solchen, die gar nichts für die Seilbahn ausgeben. Grundsätzlich zeigt sich jedenfalls, dass höhere Bildungsschichten die Angebote am Berg besser annehmen und auch die höheren Weiterempfehlungsraten aufweisen (im Vergleich zum Winter aber deutlich weniger aus hohen Bildungsschichten vor Ort sind). Das ist ja grundsätzlich keine schlechte Nachricht – hier liegt wohl auch der Wert für gesundes Leben und Nachhaltigkeit am höchsten. Wieder gilt dabei natürlich: nicht zu stark über den Preis locken, denn das siebt die Preissensiblen heraus. Besser ist es mit (neuen) Angeboten die Gäste auf den Berg zu locken. Und das funktioniert recht rasch, wenn man vor Ort auch mit den Angeboten bei den Gästen präsent ist – denn dort fällt die Entscheidung über die Urlaubsgestaltung. Auch hier bei der Information(svermittlung) vor Ort liegt wohl noch einiges an Potenzial. Somit werden wir wohl den Winter sicher nicht ersetzen können, doch ein nicht zu kurzes Standbein sollte sich doch mit dem Sommer ausgehen.

Klaus Grabler

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