Wirtschaft

Seilbahnen Schweiz im Focus

Dominique de Buma, Präsident SBS, und Ueli Stückelberger, Direktor SBS, im ISR-Interview über den Status Quo und die Zukunft der Seilbahnen Schweiz

ISR: Im Saison-Monitoring Winter 2012/2013 berichteten Sie von einer „unterdurchschnittlichen Wintersaison“. Gibt es Ihrer Meinung nach außer dem schlechten Wetter weitere Ursachen für diesen Beförderungs- und Gästerückgang?
Ueli Stückelberger: Zuerst das Erfreuliche: Gegenüber dem Vorjahr konnten die Schweizer Seilbahnen sowohl bei den Skierdays als auch beim Transportumsatz zulegen, und zwar um 4,2 bzw. 3,5 %. Da der Vergleichswinter vor zwei Jahren aber ausgesprochen schwierig war, ist die vergangene Saison trotz Steigerung unterdurchschnittlich. Wir hatten die paradoxe Situation: hervorragende Schneeverhältnisse – aber oft schlechtes Wetter, insbesondere an den Wochenende. Dies spürten unsere Bahnen umso mehr, als Tages- und sogar die Feriengäste tendenziell immer kurzfristiger und gestützt auf die Wetterprognose entscheiden, ob und wohin sie in die Berge fahren. Zudem spüren wir in der Schweiz nach wie vor den hohen Franken-Wechselkurs, was auf die Gästezahlen aus dem Euroraum drückt.

ISR: Können Sie schon beurteilen, inwieweit dieser Rückgang durch die Sommersaison kompensiert werden konnte?
Ueli Stückelberger: Nach einer langen nasskalten Periode im Frühsommer entwickelte sich die laufende Saison dank der stabilen Hochsommerphase bisher doch noch recht ansprechend. Aber abgerechnet wird bekanntlich erst am Ende der Saison. Warten wir also den Herbst ab, die klassische Wandersaison. Aber so oder so: Über die ganze Seilbahnbranche gesehen kann ein guter Sommer einen schlechten Winter nie kompensieren, denn der Winter macht ungefähr 80 % des Jahresumsatzes aus.

ISR: Welchen Stellenwert hat generell der Schweizer Sommertourismus am Berg (im Vergleich zum Wintertourismus)?
Dominique de Buman: Der Sommer dürfte etwas an Gewicht gewinnen. Dies insbesondere, weil die Schweiz immer mehr Gäste anzieht aus aufstrebenden Kontinenten wie Asien und Südamerika. Diese Leute wollen die Schweizer Berge erleben, sind jedoch meist nicht schneesportaffin und kommen daher meist im Sommer. Viele Bahnen investieren deshalb vermehrt in die Sommerinfrastruktur, dies mit dem Ziel, das Potenzial des Sommers besser zu nutzen. Es gab sogar einzelne Bahnunternehmen, insbesondere in tiefer gelegenen Regionen, die sich bewusst aus dem Wintermarkt zurückgezogen haben und nun voll auf den Sommer setzen. Aber trotzdem: Der Winter wird auf absehbare Zeit für die Schweizer Seilbahnbranche die klar dominierende Saison bleiben.

ISR: 2011 nannten Sie im ISR-Interview als Ziel, die 10.000 Arbeitsplätze der einzelnen Unternehmungen der Seilbahn-Branche zu halten. Wie schaut die Arbeitsplatzsituation heute aus?
Dominique de Buman: Wir erheben diese Zahlen nur alle zwei Jahre, also erst wieder per Ende 2013. Die Zahl der Arbeitsplätze ist jedoch in den letzten Jahren ziemlich stabil geblieben, und ich sehe momentan keine Anzeichen für größere Schwankungen. Das bedeutet: Die Seilbahnen sind für die Berggebiete nach wie vor ein enorm wichtiger Arbeitgeber. Dazu kommt die Funktion der Seilbahnen als eigentlicher Wirtschaftsmotor für diese Regionen: Wo stünden die Bergdörfer volkswirtschaftlich, wenn es keine Bahnen gäbe?

ISR: Für die Saas-Fee Bergbahnen ist nun die erste Frau mit dem Abschluss „Seilbahnerin EBA“ tätig. Mit welchen Erfolgsmeldungen wird uns das SBS-Ausbildungszentrum in Zukunft überraschen?
Dominique de Buman: Es freut mich sehr, dass nun auch eine Frau die Berufsausbildung als Seilbahnerin EBA abgeschlossen hat. Nachdem letztes Jahr bereits im anderen Beruf – Seilbahn-Mechatroniker/-in EFZ – die erste Frau den Abschluss geschafft hat, sind nun beide Seilbahn-Berufe „weiblich“. Unser Ausbildungszentrum in Meiringen ist für unsere Branche sehr wichtig, weil wir so Richtung und Qualität der Ausbildung unseres Berufsnachwuchses entscheidend mitprägen können. Denn das Fachwissen der Mitarbeitenden ist in diesen sicherheitsrelevanten Berufen entscheidend. Letztlich geht’s um nichts weniger als um das Image der Branche. Wir sind im Berufsbereich auf sehr gutem Weg, doch wir möchten noch mehr Unternehmen motivieren, Lehrstellen anzubieten. Entscheidend ist ferner eine professionelle Rekrutierung der Lernenden, denn gerade für technische Berufe wird es immer schwieriger, interessierte Jugendliche zu finden. Wir müssen die Seilbahnberufe gut „verkaufen“ – wir haben entsprechende Kommunikationsmaßnahmen geplant.

ISR: Wie schätzen Sie die Investitionsfreudigkeit der Seilbahnunternehmer für die kommende Saison im Hinblick auf neue Seilbahnanlagen, technische Beschneiung, Ausbau von Skigebieten etc. ein?
Ueli Stückelberger: Wir führen zwar nicht Buch über die Bauvorhaben, doch wir stellen nach wie vor eine rege Investitionstätigkeit fest. In den letzten Jahren investierte die Brache jeweils etwa zwischen 350 und 500 Mio. Franken. Die technische Beschneiung ist nach wie vor ein wichtiges Thema. Auch werden laufend alte Bahnen durch moderne, leistungsfähige Anlagen ersetzt. Dazu kommen Verbindungsbahnen, etwa zwischen Arosa und der Lenzerheide oder die Pläne der Region Andermatt-Sedrun. Auch in den Gastrobereich wird investiert.

ISR: Welchen Herausforderungen müssen sich die Schweizer Seilbahnen in den nächsten Jahren stellen?
Dominique de Buman: Es ist enorm wichtig, dass der Anteil der Schneesport treibenden Jugendlichen wieder steigt. Denn wer sich nicht als Kind hat für den Schneesport begeistern lassen, wird auch als Erwachsener kaum Wintersportferien buchen. Früher lernte in der Schweiz praktisch jedes Kind in einem Schullager Ski fahren. Dies ist heute aus verschiedenen Gründen leider immer weniger der Fall. Wir haben deshalb letztes Jahr eine Förderkampagne für Schneesportlager lanciert. Der Bund unterstützt die Kampagne über den Innotour-Fonds. Parallel dazu versuchen wir über den politischen Weg, Bund und Kantone zu einer koordinierten Förderung des Jugendschneesports zu bewegen. Eine entsprechende Motion (parlamentarischer Antrag, Anm. d. Red.) habe ich diesen Sommer im Nationalrat eingereicht. Ich hoffe sehr, dass wir Erfolg haben werden.

Links:


Foto: Mountain Planet

Zum 50-jährigen Jubiläum bilanziert die Mountain Planet (16. bis 18. April) sehr positiv mit deutlich mehr Teilnehmern als bei der letzten Ausgabe.

Weiterlesen
Foto: Doppelmayr

Compagnie du Mont-Blanc und Doppelmayr France stellten bei der Fachmesse Mountain Planet in Grenoble das Wiederaufbauprojekt der Grand Montets vor.…

Weiterlesen
Foto: Axess AG/leorosasphoto.com

Die Axess AG, Anbieter von Ticketing- und Zutrittssystemen, verzeichnete im letzten Geschäftsjahr ein Plus von 10 %. 

Weiterlesen
Foto: Tourismusverband Großarltal

In einer ersten Hochrechnung kommt die Branche auf 48,6 Millionen Skier Days bis Ende März.

Weiterlesen
Foto: Demaclenko

Das Vorgängermodell Evo 3.0 wurde von Demaclenko komplett überarbeitet und rundum verbessert. Die neue Evo 4.0 Propellermaschine ist leistungsstark,…

Weiterlesen
Visualisierung: Bergbahnen Fieberbrunn / Thomas Fliri

Eine neue, moderne Einseilumlaufbahn wird von den Bergbahnen Fieberbrunn mit Unterstützung von Einheimischen und Gästen finanziert.

Weiterlesen
Foto: Doppelmayr Seilbahnen GmbH

Mit „Doppelmayr Digital Training“ erweitert der Seilbahnhersteller sein Schulungsangebot in Form von Online-Schulungen. Angeboten werden hochwertige…

Weiterlesen
Foto: Axamer Lizum Bergbahn

Nach einer dreijährigen Testphase in sechs großen Skigebieten hat Axess die ersten "Bluetooth Low Energy"-Standardsysteme in Österreich in Betrieb…

Weiterlesen
Foto: Seilbahnen Schweiz

Die Ersteintritte in den Schweizer Skigebieten vom März sind vergleichbar mit jenen vom

Februar, und die Skigebiete bilanzieren mit einem Plus von 5…

Weiterlesen
Foto: Neveplast

Vater Aldo und die Brüder Edoardo und Niccolò Bertocchi gründeten vor einem Vierteljahrhundert Neveplast. Niccolò Bertocchi blickt im Gespräch mit der…

Weiterlesen
Foto: TVB Paznaun

Experten zeigten im Rahmen des Seilbahntags am 3. April in der Silvretta Therme Ischgl auf, warum es sich gerade in Anbetracht des demografischen…

Weiterlesen
Foto: Axess

Im Hinblick auf den zunehmenden Digitalisierungsbedarf von Skigebieten und Tourismusorten sowie ihrer sich ständig verändernden Entwicklung hat Axess…

Weiterlesen
Foto: Silvrettaseilbahn AG

Nach dem Neustart und der Wahl des neuen Vorstandes im Herbst 2023 gibt es nun auch eine neue Spitze für den Verein mit Sitz in Innsbruck.

Weiterlesen
Foto: J. Nejez

Es ist jetzt 43 Jahre her, dass ich als noch wenig erfahrener Amtssachverständiger für Seilbahntechnik mit einer heiklen Aufgabe betraut worden bin:…

Weiterlesen
Foto: Doppelmayr Seilbahnen GmbH

Nachdem die Doppelmayr-Gruppe ein Patent für Videoüberwachung übernehmen konnte, ist der Weg für den autonomen Seilbahnbetrieb von Kabinen- und…

Weiterlesen