Bahnen

Seilbahn-Wiederaufstellung in Tirol

Am Stubaier Gletscher wird eine kuppelbare 4er-Sesselbahn abgetragen und an einer anderen Stelle des Skigebietes wieder aufgestellt. Dabei wurde im Genehmigungsverfahren seitens des BMVIT erstmals nach der Wiederaufstellungs-Verordnung vorgegangen.

Die Stubaier Gletscherbahnen KG war mit der Position ihrer kuppelbaren 4er-Sesselbahn Rotadl im Skigelände nicht hundertprozentig zufrieden. Die 20 Jahre alte Anlage mit ihrer Funktion als Hauptzubringerbahn für den Daunferner, den größten Gletscher des Skigebietes, entsprach hinsichtlich Förderleistung und Komfort nicht mehr den heutigen Ansprüchen: Die Trasse ist ziemlich exponiert, und die Fahrt konnte daher bei tiefen Temperaturen recht unangenehm werden. Außerdem gibt es zwischen der Bergstation der Kabinenbahn Gamsgarten II und der Talstation der Rotadl-Sesselbahn eine kleine Gegensteigung, was die Skifahrer gar nicht gerne haben.

Allerdings wurden kürzlich die Elektrotechnik und das Förderseil erneuert – eine Abtragung und Verschrottung der technisch einwandfrei funktionierenden Anlage wäre wirtschaftlich nicht zu vertreten gewesen. Innerhalb der Skigebietsgrenzen gibt es jedoch eine Erschließungsmöglichkeit, die schon länger diskutiert wurde, nämlich der skitechnisch interessante Bereich vom Gamsgarten auf das Daunjoch. Eine Neuanlage für diese recht anspruchsvolle Skipiste hätte sich wirtschaftlich kaum gerechnet, aber die dank der Verordnung über das Wiederaufstellen von Seilbahnen mögliche Versetzung der kuppelbaren 4er-Sesselbahn Rotadl auf diese Trasse und der Neubau einer 8er-Sesselbahn mit Sitzheizung und Wetterschutzhauben sowie optimierter Lage der Talstation anstelle der abzutragenden Anlage bot sich als zukunftsweisende, wirtschaftlich vertretbare Lösung an. Die gesamte Technik der 4er-Sesselbahn Rotadl passt hinsichtlich der Längenschnittsdaten perfekt auf die neue Trasse. Durch eine Reduktion der bisherigen Förderleistung werden die Bauteile an der neuen Anlage – benannt als kuppelbare 4er-Sesselbahn Daunjoch – weniger beansprucht und es bleiben noch genügend Ersatzteile für den zukünftigen Betrieb über. Somit waren alle Voraussetzungen für ein technisch und wirtschaftlich sinnvolles Versetzen der Anlage gegeben.

Erste Anwendung der Wiederaufstellungsverordnung durch das BMVIT
Dipl.-Ing. Hubert Schupfer, Leiter des Seilbahnbüros Schupfer ZT GmbH, Akkreditierte und Benannte Stelle für Seilbahntechnik, war mit der Erstellung des Sicherheitsberichts im Baugenehmigungsverfahren für die kuppelbare 4er-Sesselbahn Daunjoch betraut. Er stand damit vor der Aufgabe, erstmals die „Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über das Wiederaufstellen einer Seilbahn (Verordnung Wiederaufstellen – VWaSeilb 2009)“ bei einer kuppelbaren Bahn anzuwenden – keine leichte Aufgabe!

Die VWaSeilb 2009 regelt das Wiederaufstellen von Seilbahnen, deren Baugenehmigung vor dem 3. Mai 2004 (Inkrafttreten des Seilbahngesetzes 2003) erteilt worden ist und beinhaltet die Demontage, den Transport und die Montage an einem neuen Standort, wobei der überwiegende Teil einer – und nur einer – bestehenden Seilbahn mit Ausnahme der Infrastruktur weiter verwendet wird.

Eine Reihe von allgemeinen Voraussetzungen muss erfüllt sein, um ein Wiederaufstellen zu ermöglichen:

  • Vorliegen einer Dokumentation über die bisherige Bestandszeit (Instandhaltung, Betriebskontrollen, außergewöhnliche Vorkommnisse),
  • Durchführung oder Beaufsichtigung der Wiederaufstellung durch eine Seilbahnfachfirma,
  • Untersuchung und Bewertung des Zustandes aller weiter verwendeten Bauteile hinsichtlich Weiterverwendbarkeit und Funktionstüchtigkeit,
  • Zerstörungsfreie Prüfungen von Bauteilen vor der Weiterverwendung analog zu den seinerzeit vorgeschriebenen Prüfungen an den neuen Bauteilen (z. B. Klemmen),
  • Einhaltung der Anforderungen gemäß Abschnitt 8 der ÖNORM EN 12927-7:2004 bei der Wiederverwendung von Seilen (z. B. magnetinduktive Untersuchung vor dem Ausbau des Seiles).

Das Behördenverfahren für die Wiederaufstellung gliedert sich wie bei Neuanlagen in Konzession, Baugenehmigung und Betriebsbewilligung.

Die Konzession für eine wieder aufzustellende Seilbahn wird in der Regel für 20 Jahre verliehen.

Für die Baugenehmigung ist ein Bauentwurf analog zu jenem für Neuanlagen erforderlich, der jedoch zusätzlich folgende Angaben enthalten muss:

  • Nachweise über die Erfüllung der oben angeführten allgemeinen Voraussetzungen,
  • Angabe der Nutzungsgrenzen/Leistungsdaten der weiter verwendeten auteile oder Baugruppen (Auslastung der Bauteile),
  • Angaben über erneuerte oder zugebaute Bauteile oder Baugruppen.

Für die Nachweise betreffend die weiter verwendeten Bauteile und Baugruppen (ausgenommen die Linienführung, die Systemdaten, die Hochbauten der Stationen einschließlich aller Fundamente) können jene Regelwerke und Nachweisverfahren herangezogen werden, die vor dem Inkrafttreten des Seilbahngesetzes 2003 angewandt worden sind.

Das Betriebsbewilligungsverfahren für wieder aufzustellende Seilbahnen wird analog zu jenem für Neuanlagen durchgeführt, wobei die Erfüllung der im Bauentwurf speziell für die Wiederaufstellung enthaltenen Auflagen entsprechend zu dokumentieren ist. Die Betriebsvorschrift sowie die Bedienungs- und Wartungsanleitungen sind zu aktualisieren.

Ein eigener Abschnitt der VWaSeilb 2009 ist der Sicherheitsanalyse und dem Sicherheitsbericht für wieder aufgestellte Seilbahnen gewidmet. Grundsätzlich sind die Sicherheitsanalysen und der Sicherheitsbericht unter Beachtung des Standes der Technik gemäß der Richtlinie R4/06 des BMVIT für Zu- und Umbauten zu erstellen. Maßgebend sind also jene Regelwerke und Nachweisverfahren, die unmittelbar vor Inkrafttreten des Seilbahngesetzes 2003 angewandt worden sind. Weiters wird bei Nennfahrgeschwindigkeiten von mehr als 2,5 m/s2 ein Gutachten über die Auflagesicherheit des Förderseiles gefordert sowie die Angabe, ob die weiter verwendeten Bauteile bei widmungsgemäßer Verwendung geeignet sind, den vorgesehenen Belastungen zu entsprechen.

Baugenehmigung für 4er-Sesselbahn Daunjoch erteilt
Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass für die Wiederaufstellung einer Seilbahn die Leistungen einer ganzen Reihe von Beteiligten benötigt werden:

  • das Seilbahnunternehmen für Aufzeichnungen über die bisherige Anlage,
  • akkreditierte Stellen und die Seilbahnfachfirma für Prüfungen an den Bauteilen,
  • die Montagefirma/Fachfirma für die Wiederaufstellung,
  • die Ersteller von Sicherheitsanalysen und Sicherheitsbericht sowie
  • Ziviltechniker für diverse Prüfberichte.

Im Fall der kuppelbaren 4er-Sesselbahn Daunjoch konnte durch die optimale Vorarbeit seitens des Betriebsleiters Elmar Kindl, der Seilbahnfirma Doppelmayr und des Sicherheitsberichterstellers Dipl.-Ing. Hubert Schupfer sowie die konstruktive Verfahrensabwicklung seitens des BMVIT unter dem Verhandlungsleiter Min.-Rat Dr. Wolfgang Moyzisch und der beteiligten Sachverständigen die seilbahnrechtliche Baugenehmigungsverhandlung ohne nennenswerte Probleme abgewickelt werden.

JN

Umsichtige und sorgsame Demontage der Altanlage. Foto:Stubaier Gletscherbahn/E. Kindl

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