Gartenausstellungen haben in den deutschen Ländern eine lange Tradition. So kann schon im Jahr 1887 eine Internationale Gartenbau-Ausstellung in Dresden nachgewiesen werden. Weitere Gartenbau-Ausstellungen wurden dann, außer in den Kriegsjahren, immer wieder in verschiedenen deutschen Städten veranstaltet. Die erste Bundesgartenschau fand im Jahr 1951 in Hannover statt. Seitdem wird die BUGA im Zweijahreszyklus in deutschen Städten abgehalten, dabei alle zehn Jahre als Internationale Gartenbauausstellung (IGA).
Zur Verbindung der Ausstellungsareale im Rahmen einer BUGA wurden mehrmals auch Seilbahnen gebaut. Zum ersten Mal war es bei der BUGA 1957 in Köln die Rheinseilbahn, die erste einen Fluss überquerende Seilbahn Deutschlands. Manche dieser Bahnen wurden als temporäre Anlagen gebaut, wie z. B. die 8er-Kabinenbahn mit einer Dreieckstrasse auf der IGA 2003 in Rostock, die dann auf der BUGA 2005 in München wieder aufgebaut wurde. Dagegen sind nach der jeweiligen Gartenschau die 3S-Bahn auf der BUGA 2011 in Koblenz, die 10er-Kabinenbahn auf der IGA 2017 in Berlin und auch die Rheinseilbahn in Köln weiterhin in Betrieb geblieben.
Frühere Gartenausstellungen in Mannheim
Die Gartenausstellungen haben in Mannheim eine lange Tradition. Schon 1907, im Jahr des 300. Stadtjubiläums, gab es in Mannheim eine Garten-, Kunst- und Industrieausstellung. Im Jahr 1975 fand in Mannheim zum ersten Mal die BUGA statt. Die Ausstellung wurde von ihren freizeitorientierten Parks geprägt und wirkte als Motor für die folgende Stadtentwicklung. Zur Verbindung der beiden Ausstellungsareale Luisenpark am südlichen Neckarufer und Herzogenriedpark nördlich des Neckars wurde ein temporäres öffentliches Verkehrsmittel eingesetzt, das in die dritte Dimension ging – der Aerobus. Es war eine vom Schweizer Seilbahningenieur Gerhard Müller entwickelte, auf hängebrückenartig abgespannten Doppeltragseilen verkehrende Schwebebahn mit autonomen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. In Mannheim waren auf der 2,9 km langen Fahrbahn acht Fahrzeuge für je 100 Personen in Betrieb. Auch wenn der Aerobus auf der BUGA 1975 an die 2,2 Mio. Fahrgäste unfallfrei befördert hat, wurden außer zwei Versuchsanlagen keine weiteren Aerobus-Anlagen gebaut.
BUGA 2023 auf zwei Arealen
Auch die BUGA 2023 findet auf zwei Geländebereichen statt, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Im traditionellen Luisenpark, der bereits Teil der BUGA 1975 war, wurde zur BUGA 2023 die Parkmitte neu gestaltet, mehrere Anpassungen wurden vorgenommen und eine neue Großvoliere wurde gebaut.
Das Spinelli-Gelände im Nordosten Mannheims wurde durch ihre 70jährige Militärvergangenheit geprägt. Bis zum Abzug der US-Armee im Jahr 2012 lagerten hier Militärfahrzeuge und Kampfausrüstungen. Das Gelände präsentiert sich nun als Mischung aus bunter Blumenschau, spannendem Experimentierfeld mit Ausstellungsbeiträgen zur Nachhaltigkeit, aber auch mit dem rauen Charakter des früheren Militärgeländes. „Mit Hilfe der BUGA 2023 war es möglich, das ehemalige Militärgelände zum Bestandteil eines 220 Hektar großen Grünzugs zu verwandeln, der dauerhaft als freier Naturraum erhalten wird und nicht zuletzt das Stadtklima verbessert“, so Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
Seilbahn, die verbindet
Für die verkehrstechnische Verbindung der beiden ca. 2 km Luftlinie voneinander entfernten Ausstellungsareale wurde eine Variantenstudie erstellt, die eine Seilbahn eindeutig als beste und zuverlässigste Lösung bewertete.
Die 10er-Kabinenbahn verbindet den Spinellipark mit dem Luisenpark und überquert die urbane Infrastruktur Mannheims, darunter die Bundeswasserstraße Neckar, eine Zugstrecke der Deutschen Bahn, zwei Straßenbahnlinien, mehrere Straßen, einen Sportplatz und eine Gartenkolonie. Den Fahrgästen bietet sie während der Fahrt einen ganz neuen Blick auf die Stadt. Die Besucher der BUGA 2023 können mit der Seilbahn fahren, so oft sie wollen. Da sich in der Nähe der Seilbahn der City-Airport Mannheim befindet, wurden die Köpfe der hohen Seilbahnstützen als Luftfahrthindernis rot und weiß markiert. Der Fluss Neckar ist eine Orientierungslinie für die Rettungshubschrauber, und deswegen wurde das Seilfeld über den Neckar mit roten Luftwarnkugeln und Hindernisfeuern zur Tag- und Nachtmarkierung gekennzeichnet.
Verantwortlich für den Bau, Betrieb und nach der Gartenschau auch Abbau der Seilbahn ist Doppelmayr/Garaventa. Die Anlage ist eine kuppelbare 10er-Kabinenbahn der Generation D-Line. Sie ist mit insgesamt 64 Kabinen vom Typ OMEGA V 10 ausgestattet. Je 23 Kabinen parken im Stationsumlauf der beiden Stationen, die restlichen 18 Kabinen finden Platz in einer Garage neben der Spinellipark-Station. Die Seilbahn ist barrierefrei ausgeführt. In knapp sieben Minuten transportiert sie bis zu 2.800 Personen pro Stunde und Richtung. In der Spinelli-Station befindet sich der Antrieb (Doppelmayr Direct Drive), in der Umlenkstation Luisenpark wird das Förderseil durch zwei Spannzylinder mit 7 m Spannweg gespannt.
Ausgenommen die beiden Niederhaltestützen bei den Stationsausfahrten sind alle Trassenstützen mit der Seillageüberwachung RPD Nexo versehen. Die Bahn ist auch mit dem System der integrierten Räumung ausgestattet. Dennoch führte die Mannheimer Feuerwehr eine Bergeübung mit Abseilen aus den Kabinen durch, um gerüstet zu sein, falls bei einer etwaigen technischen Störung an der Bahn jemand medizinische Nothilfe benötigt.
Stationen als Naturraum
Die Dächer beider Stationen sind begrünt und fügen sich so mit zahlreichen Vorteilen perfekt in das grüne Landschaftsbild der Ausstellung ein: Die Bepflanzung hat einen Cooling-Effekt, bindet Feinstaub, absorbiert Umgebungslärm und stellt neue Biodiversitätsflächen bereit. Zudem nehmen die begrünten Dächer eine wichtige Rolle bei der Regenrückhaltung ein. Sie entlasten nicht nur die Entwässerungseinrichtungen, sondern sorgen auch für bessere klimatische Verhältnisse. Ein Teil der Seitenwand der Stationsüberdachung wurde als Medienfassade gestaltet.
Weiterverwendung der Bahn
Die Wiederverwendung der Seilbahnanlage stellt einen Nachhaltigkeitsaspekt dar. Einige Komponenten, zum Beispiel Stationsbauteile oder Kabinen, waren 2022 bereits bei der niederländischen Blumenausstellung Floriade in Almere im Einsatz. Auch nach der BUGA 23 soll die Anlage an einem neuen Standort weiterverwendet werden. Dazu werden bereits Gespräche mit möglichen Gebieten geführt.
Die Seilbahn wird als Event-Location und als Raum für Kunst und Kultur genutzt. Denn sie ist nicht nur ein Transportmittel, sondern ein integraler Baustein des BUGA-Erlebnisses.