Die Stadt La Paz ist der Regierungssitz Boliviens und befindet sich auf etwa 3.750 m ü. M. im Tal des Rio Chokeyapu. Auf der Hochebene westlich von La Paz ist die Stadt El Alto auf zirka 4.000 m ü. M. angesiedelt. Dort liegt auch der internationale Flughafen. Täglich pendeln zirka 440.000 Menschen von El Alto zu ihren Arbeitsplätzen nach La Paz. Die bestehende Infrastruktur stand angesichts des rasant ansteigenden Verkehrsaufkommens des Ballungsraums La Paz-El Alto mit 1,8 Mio. Einwohnern vor dem Kollaps: Für die relativ kurze Strecke brauchten Kleinbusse und Gruppentaxis oft mehr als eine Stunde. Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen für die Seilbahn als öffentliches Verkehrsmittel und beauftragten das Unternehmen Doppelmayr mit der Errichtung von drei Seilbahnlinien (Rot, Gelb, Grün) mit einer gesamten Streckenlänge von 10 km. Dabei kamen ausschließlich kuppelbare 10er-Kabinenbahnen zum Einsatz. Ab Mai 2014 wurden die Seilbahnen sukzessive in Betrieb genommen. Mittlerweile befördern sie monatlich 1 Mio. Passagiere pro Linie. Eine Fahrt dauert maximal 10 bis 17 Minuten. Aufgrund des Erfolges wird derzeit das urbane Seilbahnnetz in La Paz bis 2019 um sechs zusätzliche Seilbahnlinien und damit weitere 20 km erweitert. Die bereits umgesetzte „Grüne Linie“ des urbanen Seilbahnnetzes erschließt den Südteil von La Paz und transportiert 3.000 Personen pro Stunde und Richtung. Ihre Bergstation schließt direkt an die Talstation der „Gelben Linie“ an. In diesem Bereich lieferte die Inauen-Schätti AG einen Schrägaufzug als Zubringer vom Bus-Terminal zur Seilbahnstation 17. Neben dem klassischen Seilbahnbau hat sich das Schweizer Familienunternehmen aus Schwanden bereits international als Schrägaufzug-Produzent einen Namen gemacht. Die Zweigstelle in Dallenwil beschäftigt sich ausschließlich mit diesem Segment. Sie wird mit viel Engagement und Enthusiasmus von Thomas Müller geleitet. Er verantwortete auch das Projekt in La Paz. Die ISR bat ihn dazu zum Interview.
ISR: Herr Müller, für welchen Schrägaufzug aus ihrem Produkt-Portfolio entschieden sich die Betreiber des urbanen Seilbahnnetzes in La Paz?
Thomas Müller: Für das Modell „Comfort“, das für Außenanlagen prädestiniert ist und über zahlreiche Ausstattungsmerkmale sowie über einen hydraulischen Neigungsausgleich verfügt. Dieser Schrägaufzug ist für vier bis 30 Personen ausgelegt, in diesem Fall haben 20 Fahrgäste Platz (ausschließlich Stehplätze). In La Paz fungiert der Schrägaufzug als Zubringer vom Bus-Terminal zur Station 17 des urbanen Seilbahnnetzes. Auf einer Streckenlänge von 74 m befördert er mit einer Geschwindigkeit von 2,0 m/s die Passagiere von der Talstation des Schrägaufzugs auf 3.315 m ü. M. hinauf zur Bergstation auf 3.341 m ü. M., die direkt bei der Seilbahnstation angesiedelt ist und retour. Dabei überwindet er einen Höhenunterschied von 26 m. In La Paz ist die Neigungsänderung mit fast 20 Grad Unterschied ziemlich groß, da braucht es einen hydraulischen Neigungsausgleich, der in der Kabine unseres Schrägaufzugs „Comfort“ integriert ist. Aufgrund dieses automatischen Niveauausgleichs ist die Fahrt für den Passagier immer komfortabel, unabhängig von der Streckenführung. Dank Körperschalltrennung fährt auch der „Comfort“ auf leisen Schienen. Die Kabine ist auf Kundenwunsch in Anthrazit gehalten, ansonsten ist die Ausstattung funktionell. Dank des ebenerdigen Einstiegs können mit unserem „Comfort“ z. B. auch körperlich beeinträchtigte Menschen, Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen befördert werden. Die Bedienung des Schrägaufzugs erfolgt wie bei einem herkömmlichen Senkrechtaufzug. Nach einer ausführlichen Einschulung durch unsere Monteure wird der Service jetzt von den lokalen Mitarbeitern des Seilbahnbetreibers durchgeführt.
ISR: Mit welchen Herausforderungen waren Sie als Projektleiter und Ihr Montageteam in La Paz konfrontiert?
Thomas Müller: Zu unserem Leistungsumfang in La Paz zählte auch die Errichtung der Fahrbahnstrecke. Dabei handelt es sich um einen aufgeständerten Stahlbau. Wir haben die Strecke mit dem Unterbau realisiert, das Unternehmen Doppelmayr war für die Betonfundamente und die sechs Stahlstützen zuständig. Die Schnittstelle war hier zwischen der Trägerkonstruktion und der Stütze. Darüber hinaus installierten wir die Evakuierungs- und Wartungstreppe mit dem Handlauf. Vor Ort kooperierten unsere Monteure mit lokalen Arbeitern, was sehr gut geklappt hat. Eine wesentliche Herausforderung war dabei für uns die Höhenlage, denn die Luft ist doch sehr dünn. Das erforderte eine Akklimatisierung vor der Arbeit bzw. wurde einer meiner Mitarbeiter höhenkrank und musste in der Folge nachhause fliegen. Des Weiteren war der Zeitplan sehr eng, aber das ist ja oft der Fall, und am 3. Februar 2015 ging der Schrägaufzug offiziell in Betrieb.
ISR: Wie ist die bisherige Resonanz der Passagiere in La Paz?
Thomas Müller: Sehr positiv. Wir waren zirka vor einem halben Jahr noch einmal in La Paz und zu diesem Zeitpunkt hat der Schrägaufzug bereits mehr als 100.000 Fahrten absolviert. D. h. er ist dort jeden Tag, genauso wie die städtische Seilbahn, 17 Stunden im Einsatz. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung und unseres umfassenden Know-hows auf diesem Gebiet sind unsere Schrägaufzüge für derartige Belastungen bestens geeignet. Sie sind ausgereifte, robuste, witterungsbeständige Produkte, die von uns nach den geltenden Normen und Sicherheitsstandards gebaut werden.