Seilbahnen und Lifte südlich vom Passo Tonale
Die seilbahntechnische Erschließung der Nordhänge des Gebietes zwischen Passo Tonale und Presena Gletscher von der Passstraße über Passo Tonale (1.882 m ü. M.) auf der Grenze zwischen der Lombardei und dem Trentino begann in den 60er-Jahren. Im Jahr 1964 wurde von Ceretti & Tanfani eine 1.881 m lange 40er-Pendelbahn mit 700 m Höhenunterschied und mit einer Förderleistung von 440 P/h zum Passo Paradiso (2.585 m ü. M.) gebaut. Vier Jahre später folgte eine 2er-Korbseilbahn (Fabrikat Graffer) von Passo Paradiso zum Fuße des Presena Gletschers. Am Gletscher wurden dann ebenfalls von Graffer vier Gletscher-Schlepplifte errichtet, womit Tonale zum beliebten Sommerskigebiet wurde.
Im Jahr 1986 wurde linksseitig von Passo Paradiso Richtung Val Presena die Doppelsesselbahn Alveo Presena – Passo Paradiso (auch von Graffer) gebaut. Nachdem das Gebiet als lawinenanfällig befunden wurde, wurde diese Sesselbahn einige Jahre später wieder geschlossen und abgebaut.
Die Korbseilbahn wurde ab dem Winter 1982/1983 durch eine fixe Doppelsesselbahn von Doppelmayr ersetzt. Die ursprünglichen Anlagen am Gletscher wurden im Jahr 1984 durch zwei parallele Gletscher-Schlepplifte ersetzt.
Skiparadies Passo Tonale
Am Presena Gletscher finden erfahrene Wintersportler rote und schwarze Pisten. Am Gipfel des Presena Gletschers auf 3.016 m Seehöhe beginnt die längste Abfahrt des ganzen Gebietes mit einer Gesamtlänge von 11 km und einem Höhenunterschied von nahezu 1.800 m. Über breite Gletscherpisten geht die Abfahrt bis zum Start der bekannten Piste Paradiso, einer der berühmtesten schwarzen Abfahrten im ganzen Alpenraum. Über die rote Piste „Pegrà“ gelangt man schließlich bis zur Ortschaft Ponte di Legno.
An den sanften Südhängen nördlich der Passstraße breitet sich ein Eldorado für weniger geübte Sportler, Anfänger und Familien mit Kindern aus. Die hiesigen blauen und roten Pisten sind mit elf vorwiegend kuppelbaren Sesselbahnen und drei Schleppliften bedient.
Der Tonale ist seit den 60er-Jahren von einer Durchgangsstation zu einem pulsierenden Wintersportort geworden.
Vier Kabinenbahnen von Leitner ropeways im Gebiet
Die neuzeitliche Modernisierung des Gebietes begann mit dem Ersatz der alten und leistungsschwachen Zubringerbahn, der Pendelbahn Passo Paradiso. Sie wurde im Jahr 2004 durch eine 15er-Zweiseilumlaufbahn mit 1.500 P/h von Leitner ropeways ersetzt. Die im Vergleich mit der Pendelbahn um über 300 m längere Trasse ermöglichte das Versetzen der Talstation bis zu der Passstraße (siehe ISR 4/2005, S. 15).
Einen bequemen Zugang von Ponte di Legno nach Passo Tonale ermöglichen seit 2006 zwei Teilstrecken von 8er-Kabinenbahnen von Leitner ropeways. In der Mittelstation Colonia Vigili dieser insgesamt 5 km langen Bahn fahren die Kabinen durch.
Als vierte Kabinenbahn im Gebiet hat Leitner ropeways zum Anfang der Wintersaison 2015/2016 die 8er-Kabinenbahn Presena eröffnet.
Ersatz von drei alten Liften
Die grundsätzliche Modernisierung des Gebietes vom Passo Paradiso bis zum Gipfel des Presena Gletschers begann im Jahr 2014 mit dem Bau einer 8er-Kabinenbahn. Sie ersetzt im unteren Abschnitt die Doppelsesselbahn, im oberen die beiden Gletscher-Schlepplifte. Die Trasse dieser 2,1 km langen Bahn ist durch eine Mittelstation mit einer Horizontalablenkung von 25°37´ geteilt. An der Bahn gibt es eine einzige Förderseilschleife, die in der Mittelstation auf der Außenseite des Ablenkwinkels mit Rollenbatterien, auf der Innenseite mit Rollenbatterien und einer waagerechten Umlenkscheibe abgelenkt ist. Die Kabinen werden in der Mittelstation ab- und eingekuppelt, sodass man hier in beiden Richtungen aus- und einsteigen kann.
Der Antrieb mit zwei 290 kW starken Motoren befindet sich in der Talstation. Die hydraulische Spanneinrichtung in der Talstation verfügt über einen Zylinder mit 5 m Hub, in der Bergstation kann die fixe Umlenkscheibe um bis zu 4 m versetzt werden. Alle 47 Kabinen sind in der Talstation garagiert. In der Bergstation spielt sich das Aus- und Einsteigen ausschließlich im Bogen des Stationsumlaufes ab. So konnte die Bergstation um 6 m kürzer gebaut werden, um die durch den Bergkamm verlaufende Grenze des „Parco Naturale Adamello Brenta“ nicht zu überschreiten.
Schwierige Bauarbeiten
Da schon die Talstation der neuen Bahn mit einem LKW schwierig zugänglich ist, wurde von Passo Tonale zum Passo Paradiso eine 8-t-Materialseilbahn mit 500-kW-Antrieb von der Firma Parth aus Lana gebaut.
Bis zur Mittelstation der neuen Kabinenbahn gibt es eine bestehende elektrische Leitung zur Versorgung der ehemaligen Gletscherlifte und der alten Berghütte. Neu wurde von der Mittelstation zur Bergstation auf den Seilbahnstützen ein 900-V-Kabel installiert, das auch zur Datenübertragung mittels Glasfaser dient.
Neben der Bergstation wurde ein architektonisch mit der Station abgestimmtes Gebäude gebaut, wo zur Wintersaison 2016/2017 das „Bar Caffé 3000“ eröffnet wurde. Vor dem Winter 2016/2017 wurden die seilbahntechnischen Stationseinrichtungen in der Bergstation völlig abgedeckt, weil diese Station in der Nacht unbesetzt bleibt, am Morgen muss die Bahn auch nach starkem Schneefall betriebsbereit bleiben.
Neben der Mittelstation wurde die neue Berghütte Capana Presena gebaut, die neben acht Gästezimmern vor allem über ein Selbstbedienungs-Restaurant mit örtlichen Spezialitäten verfügt.
Passo Presena – ein neues Ausflugsziel
Mit der Investition von 15 Mio. Euro für die neue Bahn (ohne Restaurantbetriebe) wurde nicht nur der Fahrkomfort wesentlich verbessert, sondern auch für die Nichtskifahrer das neue Ausflugsziel „Panorama 3000 Glacier“ geschaffen. Die Saison am Passo Presena dauert nun dank der neuen Bahn zehn Monate im Jahr (am Gletscher gibt es keinen Sommer-Skibetrieb mehr).
Die Aussicht von der Bergstation Passo Presena auf die Adamello-Presanella-Alpen ist gewaltig. Alle Besucher, ob mit oder ohne Skiausrüstung, gelangen nun mit den Kabinenbahnen Ponte di Legno – Passo Tonale, Passo Tonale – Passo Paradiso und Passo Paradiso – Passo Presena bequem von Ponte di Legno bis zum Gipfel des Presena Gletschers.