Ersatz einer Kleinkabinen-Pendelbahn
Aschbach als Teil der Gemeinde Algund ist ein kleines Bergdorf auf 1.360 m ü. M. mit etwa 50 ständigen Einwohnern. Mit seinen zwei Gastbetrieben ist es ein beliebtes Ausflugsziel mit Panoramawanderungen durch Wiesen und Wälder. Die Verbindung mit dem Etschtal ist abgesehen von einer engen Straße schon seit dem Jahr 1970 auch durch eine „echte“ Seilbahn gewährleistet. Diese in die Jahre gekommene Pendelbahn mit ihren 10er-Kabinen und einer Förderleistung von 60 P/h konnte den steigenden Bedürfnissen an Förderleistung, an Fahrkomfort und wegen der windanffälligen Trasse mit langen Spannfeldern auch an die Verfügbarkeit nicht mehr entsprechen.
Bereits im Jahr 2007 wurde vom Besitzer der Bahn, der Gemeinde Algund, ein Ersatz der alten Pendelbahn angestrebt, jedoch erst im Jahr 2012, als die Planungs- und Finanzierungsfragen geklärt werden konnten, wurde eine europaweite Ausschreibung für den Bahnbau eingeleitet. Dem knappen Kosten-Konzept konnte schließlich nur Doppelmayr Italia nachkommen, nicht zuletzt auch dank der unmittelbaren Nähe des Firmenstandortes in Lana. Das Team um Albert Gufler, Doppelmayr Italia, übernahm als Generalunternehmer den Abbau der alten Seilbahn wie auch die seilbahn- und bautechnische Umsetzung der neuen Anlage.
Die Bahn hat neben ihrem Zweck als Tourismusbahn zur Erschließung eines erstklassigen Wandergebietes auch die wichtige Rolle als Nahverkehrsmittel. So werden neben den einheimischen Pendlern mit der Bahn auch diverse Güter und Lebensmittel (täglicher Milchtransport) befördert. Die Funktion der Seilbahn als Nahverkehrsmittel hat der Gemeinde Algund zu einer hohen finanziellen Förderung des Bahnbaues durch die Autonome Provinz Bozen verholfen.
Seilbahnbau mit Tradition
Doppelmayr Italia als Nachfolger der Seilbahnbaufirma Hölzl, deren Wurzeln direkt bis zum Seilbahnpionier Luis Zuegg reichten, hat bereits seit der Fusion mit der Doppelmayr-Gruppe im Jahr 2002 allein im Raum Meran acht touristische Pendelbahnen (PB) gebaut bzw. umgebaut: die 30er-PB Latsch – St. Martin im Kofel (Baujahr 2002), die 25er-PB Schenna – Taser (Baujahr 2004), die 25er-PB Unterstell – Sonnenberg in Naturns (Baujahr 2004), die 20er-PB Bozen – Kohlern (Umbau 2006), die 25er-PB Vigiljochbahn in Lana (Umbau 2008, siehe ISR Nr. 6/2012, S. 10–12), die 25er-PB Texel in Partschins (Baujahr 2009, siehe ISR Nr. 5/2009, S. 64–65), die 120er-PB Ifinger-Seilbahn in Hafling/Meran 2000 (Baujahr 2010, siehe ISR Nr. 1/2011, S. 10) und die Seilbahn Saring – Aschbach.
Optimierte Seilbahntechnik
Die Talstation liegt direkt an der Eisenbahnstation Rabland der im Jahr 2005 wiedereröffneten Strecke Meran – Mals (Vinschger Bahn). Das bestehende Gebäude der Talstation wurde der neuen Seilbahntechnik angepasst – die alte Bahn hatte den Antrieb in der Bergstation, der Maschinenraum der neuen Bahn befindet sich dagegen im Tal. Wegen der umliegenden Wohnsiedlung wurde der Maschinenraum schallgedämpft. Auf der fast 2,5 km langen Trasse befindet sich nur eine Stütze, wobei das obere Spannfeld über 1,5 km misst. Um bessere Windstabilität und einen kürzeren Spannweg der Zugseil-Spanneinrichtung zu erreichen, wurde für diese zweispurige Pendelbahn die Doppeltragseiltechnik angewendet. Alle vier Tragseile sind mittels Poller fix verankert, das Zugseil ist in der Bergstation mittels Spanngewicht gespannt und an den Laufwerken mittels Seiltrommel befestigt.
Neben dem Zugseil ist in der Bergstation auch ein in der Bahnachse geführtes Signalseil mit roten und weissen Kugeln zur Markierung als Luftverkehrshindernis gespannt. Dies war entsprechend der Vorschriftenlage nötig wegen des größten Bodenabstands der Bahn von 170 m. Zwei Kugeln sind mit Leuchtdioden versehen, wodurch die Bahntrasse auch in der Nacht markiert ist. Am Signalseil ist ein Glasfaserkabel befestigt, das neben der Bahnsteuerung auch den Internet-Anschluss für den ganzen Ortsteil Aschbach leistet.
Zur Bergung entlang der Seile ist die Bahn mit einer Bergebahn ausgerüstet. Als Zugseil für den auf den Tragseilen fahrenden Bergewagen ist über den Tragseilen eine in der Talstation hydrostatisch angetriebene Seilschleife angebracht.
Beide 35er-Kabinen wurden vom Kabinenhersteller Carvatech geliefert. Diese Kabinengröße wurde bewußt gewählt, weil 35 Personen in einer Kabine die obere zulässige Grenze für den unbegleiteten Betrieb in Italien darstellt. Die grafische Gestaltung der Kabinen in Form eines Eulen-Motivs haben Design-Studenten der Universität Bozen unter Einbindung einer Einwohner-Umfrageaktion entworfen.
Die Bahn ist vollautomatisiert und an allen relevanten Stellen videoüberwacht. So kann der Betrieb mit unbegleiteten Wagen und mit der Fahrgeschwindigkeit von 7,0 m/s auch von nur einer Person aufrechterhalten werden. Dies war wichtig, um die Personalkosten für den täglichen Betrieb von 7:00 bis 19:00 Uhr in annehmbaren Grenzen zu halten. Die Bahn ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 10,0 m/s ausgelegt (7,0 m/s über die Stütze), die Förderleistung beträgt in diesem Betriebsfall 340 P/h.
„Wir waren mit der raschen Bauabwicklung sehr zufrieden – Ende 2012 war noch unsere alte Bahn in Betrieb und am 19. Juli 2013 konnten schon die ersten Fahrgäste mit der neuen Bahn fahren. Die Kompletteinhausung beider Stationen ermöglicht uns, die meisten Wartungsarbeiten außerhalb der Betriebszeiten zu erledigen. Dank der Befestigung der Zugseile an den Laufwerken mittels Seiltrommel konnten wir z. B. die Seilkürzung am Abend nach Betriebsschluss machen und früh am Morgen war die Bahn wieder in Betrieb. Auch mit der Windstabilität und der damit verbundenen Verfügbarkeit der neuen Bahn sind wir sehr zufrieden – die alte Bahn war windbedingt bis zu 30 Tage im Jahr außer Betrieb, mit der neuen Bahn hatten wir im ersten Betriebsjahr keinen einzigen Tag Betriebsunterbrechung zu verzeichnen“, teilte Josef Haller, für die Seilbahn zuständiger Referent der Gemeinde Algund, der ISR mit.