Han Joosten, Leiter der Gebietsentwicklung bei BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) erklärt zu den Motiven für die Studie: „Ziel ist es doch, unsere Städte nachhaltig, resilient und sozial gerecht zu entwickeln – gerade im Hinblick auf steigende Einwohnerzahlen, demografische Entwicklung und Klimawandel. Zentraler Baustein dabei ist der Mobilitätswandel. Wir benötigen einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, der zugleich klimaneutral, barrierefrei und sicher ist. Welchen Beitrag urbane Seilbahnen dazu leisten können, das wollten wir genauer unter die Lupe zu nehmen“, so Joosten.
Vermehrt urbane Seilbahnen in Europa
Bereits heute würden Seilbahnen in vielen Städten wichtige Funktionen im städtischen Nahverkehr einnehmen: Im französischen Toulouse befindet sich seit 2022 eine der längsten städtischen Seilbahnen in Betrieb, in London verbindet eine Seilbahn bereits seit 2012 die Stadtteile Greenwich und Docklands. In Bonn sind die Planungen für eine urbane Seilbahn angelaufen.
Handlungsleitfaden des deutschen Verkehrsministeriums
Weil auch in Deutschland urbane Seilbahnen vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, hat das deutsche Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Herbst 2022 einen Handlungsleitfaden für Kommunen und Verkehrsverbünde vorgestellt, um die Integration von Seilbahnen in die urbane Mobilität zu fördern. Durch eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen seien urbane Seilbahnen einem Einsatz als innovative Mobilitätslösung sehr nahe, heißt es in einer Aussendung von BPD.
Positive „Seilbahneffekte“
Auf der Grundlage von Workshops sowie Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Stadt- und Verkehrsplanung, aus Verwaltung und Politik, von Seilbahnherstellern und -betreibern sowie Bürgerinnen und Bürger definiert die Studie eine Vielzahl positiver Auswirkungen und Eigenschaften von urbanen Seilbahnen.
Die wichtigsten „Seilbahneffekte“ sind laut der Studie folgende:
• Urbane Seilbahnen können eine Alternative zur ÖPNV-Erschließung neuer Stadtviertel sein.
• Urbane Seilbahnen sind ein barrierefreies und nichtdiskriminierendes Verkehrsmittel.
• Seilbahnen verursachen wenig Lärm und keinerlei Luftschadstoffe, sie sind deshalb ein emissionsarmes Verkehrsmittel.
• Urbane Seilbahnen verursachen kaum Bodenversiegelung und keine geografische Trennung zwischen Stadtarealen. Sie konkurrieren nicht mit den etablierten Verkehrsmitteln um die begrenzten Verkehrsflächen in der Stadt.
• Seilbahnen können Hindernisse wie topografische Höhenunterschiede, Gewässer, Straßen, Gleisfelder oder Industrieareale problemlos überwinden.
• Der CO2-Fußabdruck einer Seilbahn ist deutlich geringer als der von konventionellen Systemen. Seilbahnen können mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
• Seilbahnen sind im Betrieb und Personaleinsatz kostengünstig und im Vergleich zu anderen Verkehrssystemen schnell zu realisieren.
• Seilbahnkabinen und -stationen stellen einen Begegnungsraum dar, in dem Kommunikation stattfinden kann.
• Knotenpunkt Seilbahnstation: Neben der Verkehrsfunktion können Geschäfte, Gastronomie und soziale Nutzungen in die Station integriert werden.
• Seilbahnstationen können in der Mitte eines Stadtviertels als wichtiger Bezugspunkt dienen und identitätsstiftend sein.
Die Autoren der Studie identifizierten aber auch Herausforderungen bei urbanen Seilbahnen, darunter die starre Punkt-zu-Punkt-Verbindung, die Verschattung durch Kabinen sowie die Integration der Seilbahnstützen in das städtebauliche Umfeld.
BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) ist einer der größten Projekt- und Gebietsentwickler in Europa. Das Unternehmen ist mit über 20 Niederlassungen in den Niederlanden und Deutschland vertreten. Seit Gründung im Jahr 1946 hat BPD, eigenen Angaben zufolge, den Bau von über 380.000 Wohnungen realisiert. Heute leben laut BPD mehr als eine Million Menschen in Wohngebieten, die BPD entwickelt hat.