Erste Probefahrten der Carvatech-Fahrzeuge (je 25 Personen) auf der 2. Teilstrecke der LSSG
C.Mantona

Steurer Seilbahnen

Neue „Lebensader“ für Stalden-Staldenried-Gspon

Im Kanton Wallis wird bis Ende dieses Jahres die bisherige Luftseilbahn Stalden-Staldenried-Gspon durch zwei zweispurige Pendelbahnen komplett erneuert. Die erste Teilstrecke dient vorwiegend dem öffentlichen Nahverkehr, und die zweite Teilstrecke wird primär touristisch genutzt, erschließt sie doch den autofreien Ferienort Gspon. Dieses Projekt zählt zu den größten Aufträgen des österreichischen Mutterunternehmens von Steurer Seilbahnen.

von: Claudia Mantona

Die 560-Seelen-Gemeinde Staldenried im Kanton Wallis in der Schweiz ist seit 5. August 1951 von Stalden aus in zwei Teilstrecken durch eine zweispurige Pendelbahn erreichbar. Die Ortschaft ist (bis auf Gspon) zwar auch durch eine Straße erschlossen, aber die Aufstiegsanlage verbindet das Dorf unmittelbar mit dem Bahnhof der Matterhorn Gotthard Bahn und ist als öffentliches Nahverkehrsmittel unverzichtbar. Die drei größten Siedlungseinheiten in der Gemeinde Staldenried haben wichtige gesellschaftliche Funktionen übernommen: Das kirchliche Zentrum mit der Kirche, der Schule und den Vereinen heißt Zur Kirche, das wirtschaftliche Zentrum mit dem Lebensmittelladen und der Bank heißt Zur Tanne und der touristische Mittelpunkt ist der Ortsteil Gspon. Aus diesem Grund führt die erste Teilstrecke von der Talstation Stalden über den Zwischenausstieg Zur Kirche zur Mittelstation Zur Tanne, und von dort erschließt die zweite Teilstrecke den autofreien, beliebten Ferienort Gspon. Bislang hat die Luftseilbahn Stalden-Staldenried-Gspon (kurz LSSG) in ihren Fahrzeugen für zehn Personen ohne Wagen-begleiter durchschnittlich pro Tag 497 Personen befördert. Seit 1977 wird die Aufstiegsanlage vom Kanton Wallis verwaltet, die LSSG gehört jedoch rechtlich gesehen immer noch der Gemeinde Staldenried. In den mehr als 60 Jahren ihres Bestehens wurde die LSSG mehrmals modernisiert, doch nun wären umfassende Sanierungsmaßnahmen in einer Höhe von bis zu 7 Mio. CHF (= ca. 6,2 Mio. Euro) erforderlich gewesen. Nach einer Machbarkeitsstudie, in der unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von Aufstiegshilfen, wie z. B. Umlaufbahnsystem, Pendelbahnsystem mit nur einer Teilstrecke, Ersatz der Seilbahn durch eine Straße, geprüft wurden, entschieden sich die Verantwortlichen letztendlich aus technischen Gründen, aus Unterhalts- und Kostengründen und wegen der örtlichen Gegebenheiten erneut für eine zweispurige Pendelbahn mit zwei Teilstrecken. Im Zuge einer europaweiten öffentlichen Ausschreibung zur Kompletterneuerung der LSSG erhielt Steurer Seilbahnen, die Schweizer Niederlassung des Vorarlberger Unternehmens Ludwig Steurer Maschinen und Seilbahnbau GmbH & Co KG, den Zuschlag. Abgesehen von Referenzprojekten wie z. B. der Urdenbahn in Arosa-Lenzerheide oder dem Tschuggen Express des Tschuggen Grand Hotels in Arosa überzeugten ein sehr detailliert ausgearbeitetes Konzept sowie das ideale Preis-Leistungs-Verhältnis die Verantwort­lichen. In der durchgeführten kommunalen Volksabstimmung am Sonntag, dem 22. Jänner 2017, stimmte eine Mehrheit von rund 90 % der Gemeindebürger von Staldenried dem Projekt zu, und der Startschuss für die Umsetzung des Neubaus der LSSG war endgültig gefallen. Die neue LSSG geht übrigens mit 1. Jänner 2019 wieder vom Kanton Wallis in die Zuständigkeit der Gemeinde Staldenried über.


Sportlicher Zeitplan

Nach dem letzten Betriebstag der bisherigen LSSG am Sonntag, dem 11. März 2018 begann Steurer Seilbahnen am Montag darauf sofort mit der Demontage der Anlage. Dabei sorgte vor allem auf der zweiten Teilstrecke der sehr schneereiche Winter anfangs für Verzögerungen, die dann wieder aufgeholt werden konnten. Ab April 2018 wurden die alten Stützenfundamente ausgegraben und die neuen Fundamente betoniert. Die Standorte auf der zweiten Teilstrecke waren teilweise nur sehr schwer erreichbar, und da kamen Schreitbagger sowie größere Bagger zum Einsatz. Hier war das anschließend fast durchgehend schöne Wetter sehr hilfreich, weil das für einen trockenen Untergrund sorgte. Gspon ist autofrei, es führt nur eine schmale Forststraße hinauf, die beim Bau von kleineren LKW ausnahmsweise befahren werden durfte. Mitte Juli 2018 begann man mit der Stützenmontage. Parallel dazu wurden die großen Stationsbauten errichtet, und der Einbau der elektromechanischen Ausrüstung in den Stationen erfolgte ab Anfang August 2018. Dipl-Ing. (FH) Stefan Terzer, Projektleiter Steurer Seilbahnen, betonte: „Neben dem sehr engen Zeitplan, waren die besonders beengten Platzverhältnisse im Bereich der Talstation Stalden sowie der Mittelstation Zur Tanne eine logistische Herausforderung. Nur durch die optimale Zusammenarbeit aller auf der Baustelle beteiligten Unternehmen konnte so ein Großprojekt in diesem Zeitrahmen entsprechend erfolgreich bewältigt werden.“ Vom 17. September bis 12. Oktober 2018 erfolgte der Seilzug für der Teilstrecke 2, und vom 15. Oktober bis 6. November 2018 jener für die Teilstrecke 1. Zum Zeitpunkt des ISR-Lokalaugenscheins am 14. November 2018 wurden bereits auf der zweiten Teilstrecke mit den beiden Pendelbahn-Fahrzeugen für je 25 Personen die ersten Probefahrten durchgeführt und die zwei Wagen auf der ersten Teilstrecke auf die Tragseile aufgesetzt. Anfang Dezember 2018 soll die zweite Teilstrecke der neuen LSSG in den öffentlichen Betrieb gehen und Ende Dezember 2018 die erste Teilstrecke. Dazu Staldenrieds Gemeindepräsident Jürgen Brigger: „Steurer Seilbahnen hat bis jetzt wirklich sehr gute Arbeit geleistet. Es war ein sportlicher Zeitplan, und ohne dieses Unternehmen wäre alles wahrscheinlich nicht so gut über die Bühne gegangen.“


Antriebe im dritten Obergeschoß

Die Stationsstandorte der beiden neuen, zweispurigen Pendelbahnen sind dieselben geblieben, auch die Trassenführung ist nahezu unverändert. Die Stationsbauten sind modern-funktionell ausgeführt und es dominieren die Materialien Beton, Holz und Glas. Ein wesentliches Kriterium war die behindertengerechte Gestaltung, um auch körperlich beeinträchtigten Menschen wie Rollstuhlfahrern einen komfortablen Zu- und Abgang zu ermöglichen. In der Talstation Stalden (800 m ü. M.) erforderten die sehr beengten Platzverhältnisse einen Schiebebahnsteig.
Auf allen Dächern der drei Stationsgebäude wird eine Photovoltaik-Anlage installiert. Der erzeugte Strom dient dem Eigenverbrauch oder wird in das allgemeine Stromnetz der Gemeinde Staldenried eingespeist. In der Mittelstation Zur Tanne (1.159 m ü. M) sind die Antriebseinheiten mit den Umlenkscheiben für beide Teilstrecken im 3. Obergeschoß untergebracht. Projektleiter Terzer informierte: „Das war erforderlich, um ausreichend Platz für den Publikumsverkehr zu haben.“ Darüber hinaus fahren die Pendelbahn-Fahrzeuge der zweiten Teilstrecke mit Unterlast (2-t-Lastparelle), was zur Folge hat, dass sich der Ein- und Ausstiegsbereich im ersten Obergeschoß befindet. Das autofreie Gspon (Bergstation: 1.895 m ü. M.) ist beim gesamten Personen-, Güter- und Materialtransport auf die Seilbahn angewiesen. Das gilt auch für die Abfallentsorgung. D. h. jedes der beiden Pendelbahn-Fahrzeuge ist mit zwei Kettenzügen ausgerüstet, an die unterhalb des Kabinenbodens die genannte 2-t-Lastparelle angehängt werden kann. In der Bergstation befindet sich eine Recycling-Station, und diese Abfallbehälter werden in der Folge auf der Lastparelle zur Mittelstation Zur Tanne transportiert. Von dort wird der Abfall von einem LKW abgeholt.“ Der Zwischenausstieg Zur Kirche im Bereich der Stütze 2 ist jetzt als Betonstütze ausgeführt. Der Zu- und Abgangsbereich wurde behindertengerecht gestaltet. Außerdem wurde im Stützenschaft ein Aufzug eingebaut.


Integriertes Bergesystem

Bei beiden Teilstrecken der LSSG kommt ein integriertes Bergesystem zum Einsatz. Dazu Terzer:
„Mit technischen und betrieblichen Maßnahmen wird sichergestellt, dass wir in jedem Fall die Fahrzeuge in die Station rückführen können, ohne eine eigene Bergebahn oder einen Bergewagen zu benötigen. Dafür sorgt unter anderem ein Bergeantrieb, der zusätzlich zum Haupt- und Notantrieb montiert wurde.“
Die beiden neuen Pendelbahnen sind so konzipiert, dass beide Aufstiegsanlagen in der Kommandozentrale der Mittelstation Zur Tanne von nur einem Maschinisten betrieben werden können. Dafür sorgt eine ausgeklügelte Steuerungstechnik mit Videoüberwachung. Da die Bahn des Öfteren starken Nord- und Südwinden ausgesetzt ist, entschied man sich für doppelte Tragseile (anstelle von einfachen wie zuvor). Die Tragseile sind in den Stationen fix abgespannt.
Das Zugseil hat jeweils das Spanngewicht in der Gegenstation, das ist einmal für die erste Teilstrecke
im Tal (Spanngewicht: 4 t) und für die zweite Teilstrecke am Berg (Spanngewicht: 16 t).

 

Bergdorf-Fußball-EM
Mit den beiden neuen Pendelbahnen ist die Gemeinde Staldenried bereits jetzt bestens für den Besucheransturm im Hinblick auf die nächste Bergdorf-Fußball-EM, die 2020 zum zweiten Mal in Gspon abgehalten wird, vorbereitet.

C.Mantona
Die neue Bergstation Gspon auf 1.895 m ü. M.
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STEURER SEILBAHNEN
Die Stützenmontage erfolgte teilweise mit Helikopter.
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