Davon konnte sich die ISR bei einem Lokalaugenschein Mitte März 2017 überzeugen. Die Bergbahn Lech-Oberlech führt vom Ortszentrum Lech in den exklusiven Ortsteil Oberlech und schließt an das bestehende Tunnelsystem an, das die dortigen Hotels unterirdisch verbindet und Oberlech im Winter (Dezember bis April) autofrei hält. Deshalb muss diese Seilbahnanlage zahlreiche Transportaufgaben (Personen, Waren, Güter) erfüllen, dazu gehören auch zirka 8.500 Gepäckcontainer, die durchschnittlich in einer Wintersaison hin- und retour zu befördern sind. Hinzu kommt der tägliche 18-Stunden-Betrieb (7 Uhr morgen bis 1 Uhr nachts). Durch diese langen Fahrzeiten weist die Pendelbahn im Winter ca. 1.200 Betriebsstunden und im Sommer noch einmal 600 Betriebsstunden auf.
Das ist für eine Pendelbahn eine sehr hohe Anzahl und dokumentiert die Bedeutung der Bergbahn Lech-Oberlech als Transport- und Nahverkehrsmittel. Im Vorjahr hatte die zweispurige Pendelbahn ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. Außerdem wären für 2018 die Tragseilwechsel fällig gewesen und spätestens 2019 hätte man um die Konzessionsverlängerung ansuchen müssen. Aus diesen Gründen entschied sich die Bergbahn Lech-Oberlech GmbH für den Neubau der zweispurigen Pendelbahn auf die Wintersaison 2016/17.
Betriebsleiter Walter Langenfelder: „Wir wählten für dieses Seilbahnprojekt die Firma Steurer Seilbahnen, weil das Gesamtpaket eindeutig das Beste war. Projektleiter Johannes Bereuter und sein Team sind kontinuierlich auf unsere vielen Wünsche eingegangen, und wir waren ständig in Kontakt. Die Zusammenarbeit war wirklich sehr gut. Auch mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Die neue zweispurige Pendelbahn ist ein Qualitätssprung.“ Die neue zweispurige Pendelbahn wurde auf derselben Trasse wie bisher errichtet, auch die Standorte der Talstation (1.442 m ü. M.) und der Bergstation (1.657 m ü. M.) blieben unverändert. Während die Fahrzeuge der Vorgängerbahn mit Kabinen für je 30 Personen aus dem Hause Carvatech (damals noch Swoboda) ausgestattet waren, fassen die neuen Carvatech-Kabinen 80 Personen. Dadurch hat sich die Förderleistung mehr als verdoppelt: „Während wir zuvor 480 Personen pro Stunde und Richtung transportieren konnten, sind es jetzt 1.215 Personen pro Stunde und Richtung (Fahrgeschwindigkeit: Vollbetrieb 7 m/s, Randbetrieb: 5 m/s). Damit sind auch die Wartezeiten in der Talstation Geschichte. Aufgrund der Kapazitätssteigerung haben wir uns gegenüber der Vorgängerbahn zirka 35% an Fahrspiel eingespart “, betont Betriebsleiter Langenfelder.
Wenig Platz und Zeit
Da sich sowohl die Tal-, als auch die Bergstation inmitten dicht bebautem Gebiet befinden, waren die Bauarbeiten eine logistische und zeitliche Herausforderung. Projektleiter Johannes Bereuter von Steurer Seilbahnen erklärt: „Wir hatten einen sportlichen Zeitplan: Betriebseinstellung der Vorgängerbahn war am 25. April 2016, und der erste öffentliche Fahrbetrieb war am 8. Dezember 2016.
D. h. in etwa 7,5 Monaten wurde das gesamte Seilbahnprojekt realisiert. Aufgrund eines Wassereintritts in der Baugrube kam es zu zeitlichen Verzögerungen, die das Montagefenster für die gesamte Seilbahntechnik extrem knapp machte.“ Nicht zuletzt wegen der strikten Bauzeitenverordnung der Gemeinde musste der Montagezeitraum aber exakt eingehalten werden.
Auf leisen Sohlen
Aufgrund des Standorts mitten im Dorf wurden mehrere technische Maßnahmen zur Geräuschreduktion gesetzt. Projektleiter Bereuter informiert: „Der Antrieb (Nennleistung: 680 kW, maximale Anfahrleistung: 773 kW) befindet sich im Untergeschoß der Talstation auf einer Bodenplatte, die bauphysikalisch vom Gebäude entkoppelt ist. Außerdem wurden die Zugseilrollen entsprechend ausgeführt und gelagert, um Vibrationen zu reduzieren.“ Das kompaktierte Zugseil (Fatzer) sorgt für einen möglichst ruhigen Lauf der Pendelbahn.
Zugseilüberprüfung nur mehr einmal jährlich
Projektleiter Bereuter erklärt: „Die derzeitigen Vorschriften sehen bei Pendelbahnen ohne Tragseilbremsen unter anderem vor, dass alle 200 Betriebsstunden die Zugseilklemmen (und damit die Fahrzeuge) versetzt werden müssen. Aufgrund der sehr langen Betriebszeiten mit vielen Nachtfahrten wäre das Nachsetzen der Fahrzeuge für den Seilbahnbetrieb problematisch gewesen. Die Bergbahn Lech-Oberlech benötigte hierfür eine praktikable Lösung. Deshalb haben wir, gemeinsam mit dem Seilhersteller, besondere Maßnahmen (z. B. neuartige Zugseilklemme) ergriffen, damit eine sichere und genehmigungsfähige Normabweichung mit einem Versetzintervall von zirka 1.200 Betriebsstunden erreicht werden konnte. Dadurch reduziert sich die Zugseilüberprüfung auf einmal jährlich.“
Startrampen sparen Strom
Effizienz in allen Richtungen wird bei der neuen Bergbahn Lech-Oberlech groß geschrieben. Bei dieser Anlage müssen die Fahrzeuge beim Anfahren sowohl in der Talstation, als auch in der Bergstation hohe Steigungen überwinden. Aus diesem Grund wurden von Steurer „Startrampen“ montiert, die den Abfahrwinkel reduzieren. „Das führt zu niedrigerer Anfahrleistung und einer Energie-Einsparung von 5%“, so Bereuter.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die neue zweispurige Pendelbahn Lech-Oberlech viele technische Spezialitäten aufweist, die den Seilbahnbetrieb erleichtern und dabei helfen, Zeit und Kosten einzusparen.