Nebst dem Arbeiten in ungewohnten Höhen bis zu 4.785 m ü. M. ist die Bewältigung der gesamten Logistik die wohl größte Herausforderung für die Schweizer Seilbahnbauer. Ende März 2011 stand fest, dass Doppelmayr/Garaventa die aus vier Pendelbahn-Teilstrecken bestehende Anlage mit einer Gesamtlänge von 12.550 m neu bauen wird, die einen Höhenunterschied von 3.188 m überwindet. Rund 130 Mio. Euro lässt sich die venezolanische Regierung den Neubau der vier Teilstrecken kosten, damit sowohl Einheimische als auch Touristen weiterhin den sehr beliebten Ausflugsberg besuchen können. Gebaut werden die neuen Pendelbahnen und Stationen auf der bestehenden Trasse.
Einheitliche Komponenten
Das Arbeiten in ungewohnter Seehöhe fordert die 15 von Doppelmayr/Garaventa vor Ort arbeitenden Seilbahnspezialisten Tag für Tag immer wieder aufs Neue heraus. Unterstützt werden die Doppelmayr/Garaventa - Mitarbeiter von rund 20 Monteuren des Kunden. Seilbahntechnisch wurde darauf geachtet, dass bei allen vier Teilstrecken die gleichen Antriebe, Fahrzeuge und Seile zur Anwendung kommen. Die Tragseile weisen einen Durchmesser von 46 mm auf, der Durchmesser der Zugseile ist auf 35 mm dimensioniert. Die zwei 60er-Kabinen pro Teilstrecke haben 40 Sitzplätze und 20 Stehplätze. Die Fahrten auf den ersten drei Teilstrecken führen jeweils über drei Stützen, die knapp 3 km der obersten Teilstrecke werden stützenfrei überwunden.
Seilbahnmaterial verschifft
Gut eineinhalb Jahre nach der Auftragserteilung sind am Pico Espejo rund 50 % der Arbeiten abgeschlossen. Die alten Teilstrecken eins bis drei sind abgebrochen und die neuen Stützen der ersten Teilstrecke werden gerade aufgestellt. Bis allerdings das ganze Seilbahnmaterial in Merida war und eingesetzt werden konnte, brauchte es einige logistische Meisterleistungen. In Goldau hergestellt, musste sämtliches Material in Containern verpackt werden. Über 3.000 t Seilbahnmaterial und 250 t Werkzeuge traten von der Schweiz aus in rund 160 Containern die Reise nach Venezuela an. Nach dem Transport per Schiff in der Hafenstadt Maracaibo angekommen, musste das Material in das 450 km entfernte Merida transportiert werden. Angesichts der chronisch verstopften Straßen in Venezuela bevorzugten die Logistiker von Doppelmayr/Garaventa Nachtfahrten. Von der Talstation in Barinitas bei Merida erfolgte dann die Feinverteilung des ganzen Baumaterials inklusive Sand und Kies am Berg. Die Rede ist dabei von mehr als 20.000 t Material. Nebst dem Einsatz von Hubschraubern erfolgte die Verteilung des Baumaterials mit der alten Pendelbahn, aber auch mit der vorher instand gesetzten Materialseilbahn. Beim Bau der Bahn im Jahr 1958 wurde parallel zur alten Bahn zusätzlich eine vier Teilstrecken aufweisende Materialseilbahn erstellt. Dies erweist sich jetzt für den Bau der neuen Pendelbahn als Glücksfall. Es ist vorgesehen, dass nach der Eröffnung der neuen Bahnen ab Sommer 2013 die Materialseilbahn weiterhin für den Gütertransport eingesetzt wird.
Erlebniswelten schaffen
Nach dem Neubau der vier Pendelbahn-Teilstrecken auf den Pico Espejo wird der touristische Zustrom zunehmen. Diesem Umstand trägt die Regierung von Venezuela insofern Rechnung, als die Stationen zu Erlebniswelten ausgebaut werden. Die erste Mittelstation, La Montaña auf 2.436 m ü. M., ist als Panoramarestaurant geplant. Die zweite Mittelstation, La Aguade auf 3.452 m ü. M., soll ein Museum erhalten und die dritte Mittelstation, Loma Redonda auf 4.445 m ü. M., ist als Cafeteria konzipiert. Die Bergstation Pico Espejo auf 4.785 m ü. M weist nebst einem Café eine große Aussichtsterrasse auf. Die Gesamteröffnung der weltweit höchsten und längsten Pendelbahn in vier Teilstrecken ist für Ende 2013 geplant.
Pico Espejo
Die Seilbahn auf den 4.785 m hohen Pico Espejo geht auf eine Initiative des Club Andino Venezolano im Jahr 1952 zurück. Gebaut wurde sie in den Jahren 1958 bis 1960 von der französischen Firma Applevage. Bei dem Projekt waren 25 internationale Zulieferer beteiligt, unter anderem auch die Firma Habegger, Thun. Im August 2008 wurde die Anlage von Experten aus Europa inspiziert, worauf der venezolanischen Regierung empfohlen wurde, auf Grund gravierender Verschleißerscheinungen den Bahnbetrieb sofort einzustellen und die veralteten Pendelbahnen durch Neubauten zu ersetzen. Der Betrieb der Bahnanlage war in der Folge über zwei Jahre eingestellt. Am 27. März 2011 wurde nach monatelangen Verhandlungen mit dem Tourismus-Ministerium Venezuelas der definitive Bauvertrag zur Neuerstellung dieses grandiosen Pendelbahnprojektes unterzeichnet.