Recht

Müssen Pistenretter Unfalldaten erheben?

In einem aktuellen, von mir bearbeiteten Fall, ist ein bei einem Schiunfall Geschädigter auf eine neue „kreative“ Idee einer Schadenersatzhaftung gekommen: Er verklagte das Seilbahnunternehmen, da dessen Pistenretter den Namen des zweiten Unfallbeteiligte

Der Sachverhalt war folgender: Der (spätere) Kläger benutzte die Schipisten des Seilbahnunternehmens auf Basis eines abgeschlossenen Vertrages (Liftkarte). Nach seinen Angaben wurde er während einer Abfahrt bei einem Kollisionsunfall von einem zweiter Schifahrer im Bereich der präparierten Pisten verletzt. Der Verletzte behauptete, dieser zweite Schifahrer sie von hinten mit großer Geschwindigkeit gekommen und habe ihn dabei niedergestoßen.

Verletzung durch unbekannten Wintersportler

Nach dem Unfall wurde die Pistenrettung des Seilbahnunternehmens alarmiert und begaben sich zwei Pistenretter zum Unfallort. Da der Kläger schwer verletzt war, begannen sie sofort mit der Erstversorgung. Weder während der Versorgung des Klägers, noch danach wurden die Pistenretter von einem der Anwesenden davon informiert, dass der Unfall angeblich von dem – zu diesem Zeitpunkt noch anwesenden – zweiten Schifahrer verursacht wurde. Die Pistenretter notierten daher keine Daten des angeblichen Unfallverursachers und brachten den Verletzten in weiterer Folge zum Arzt. Der zweite Schifahrer entfernte sich nach der Versorgung des Klägers von der Unfallstelle, ohne dass dessen Identität geklärt wurde.

Der Kläger verklagte nun das Seilbahnunternehmen mit der Begründung, die Pistenretter seien verpflichtet gewesen, die Daten aller Unfallbeteiligten zu notieren. Dies sei – so seine Behauptung - die „übliche Vorgehensweise von Sanitätern der Bergrettung“, tatsächlich hätten die Pistenretter dies allerdings „vergessen“. Das Seilbahnunternehmen müsse ihm gegenüber auf Grund des abgeschlossenen Vertrages die Schutz- und Sorgfaltspflicht einhalten, die Notwendigkeit der Datenaufnahme des Unfallgegners (durch die Pistenretter) würde sich auf Grund dieser Pflicht ergeben. Da die Pistenretter die Daten des Unfallverursachers nicht notiert haben, könne er seinen Schadenersatzanspruch dem (angeblichen) Unfallverursacher gegenüber – mangels Kenntnis seiner Identität – nicht einfordern. Daher - so die Klage weiter – hafte das Seilbahnunternehmen für seine Schäden.

Keine Haftung wegen Nichtaufnahme von Unfalldaten

Das Seilbahnunternehmen – vertreten durch den Verfasser dieses Artikels – erkannte grundsätzlich an, dass die Schutz- und Sorgfaltspflicht auf Grund des Beförderungsvertrages von ihm zu beachten ist. Es argumentierte allerdings gegen die Klage, dass die Aufgabe des Pistenrettungsdienstes darin besteht, die Erstversorgung verletzter Wintersportler durchzuführen und für deren Transport in die Ordination eines Arztes bzw. zur Übernahme durch anderweitige Rettungsdienste (Rotes Kreuz, Rettungshubschrauber etc.) Sorge zu tragen. Weiters damit, dass es nicht Aufgabe des Pistenrettungsdienstes ist, die Namen und Daten der anwesenden Personen zu erfassen oder den Unfallhergang zu ermitteln.

Das Gericht schloss sich bei seiner Entscheidung zur Gänze den Argumenten des Seilbahnunternehmens an: Es sprach aus, dass die vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflicht darin besteht, die Pisten zu sichern und zu präparieren, eine sichere Beförderung mit den Anlagen zu ermöglichen, einen Pistenrettungsdienst zu organisieren, etc. Das Gericht stellte aber ganz klar fest, dass die Aufnahme von Unfalldaten nicht Teil dieser Schutz- und Sorgfaltspflicht des Seilbahnunternehmens ist.

Weder das Unternehmen, noch die Pistenrettung müssen polizeiähnliche Aufgaben oder polizeiliche Befugnisse erfüllen. Würden man von den Pistenrettern verlange, die Daten der an einem Unfall beteiligten Personen aufzunehmen, würde dies eine unzulässige Ausdehnung ihrer Pflicht bedeuten („Über-spannung der Schutz- und Sorgfaltspflichten“). Auf Grundlage dieser Argumente wurde die Klage zur Gänze (kostenpflichtig) abgewiesen.

Pistenrettungsdienst ist keine „Pistenpolizei“

Dieses Verfahren zeigt wieder einmal, dass es nichts gibt, was es nicht gibt! Würden Gerichte einer solchen Argumentation, wie sie hier vom Verletzten vertreten wurde, folgen, so hätte dies eine unvorhersehbare Ausweitung der Haftung der Seilbahnunternehmen zur Folge: Jeder Verletzte könnte bis zum Ablauf der Verjährung (üblicherweise drei Jahre nach dem Unfall) behaupten, er sei von einem anderen Wintersportler verletzt worden, könne diesen aber nicht klagen, da die Pistenretter dessen Daten nicht notiert haben. Wie sollte man eine solche Behauptung dann mehrere Jahre nach dem Ereignis widerlegen?

Als Ergebnis dieses Verfahrens ist festzuhalten, dass Pistenretter keine Polizeiaufgaben erfüllen müssen, sondern – wie ihr Name schon sagt - für die Versorgung von Verletzten zuständig sind.

Christoph Haidlen


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