Ungewöhnliche Seilbahn
Als beste seilbahntechnische Lösung für die gewählte Trasse wurde das System einer Zweiseilumlaufbahn mit intermittierendem Betrieb von Kabinengruppen (Gruppenumlaufbahn) gewählt. Eine Einseilumlaufbahn kam wegen der langen Spannfelder nicht in Frage, und eine Pendelbahn hätte allzu große Kabinen und hohe Stützen benötigt, die im Gelände ohne Zufahrtstraßen nur schwierig zu errichten gewesen wären und die das Landschaftsbild wesentlich mehr als niedrigere Stützen der Gruppenumlaufbahn gestört hätten. Darüber hinaus ist eine Zweiseilbahn weniger windempfindlich als eine Einseilbahn. Die 5.154 m lange Trasse wurde in zwei betrieblich getrennten Teilstrecken überwunden. Die Seilbahn wurde vom traditionsreichen französischen Planungsbüro DCSA von Denis Creissels entworfen, für die Lieferung der Seilbahntechnik war der ehemalige deutsche Hersteller PHB zuständig.
Neben den Wetterbedingungen im Hochgebirge und der Möglichkeit des Materialtransports nur mit Bauseilbahn oder Hubschrauber verkomplizierte auch ein Bombenattentat auf die fertige Talstation im November 1976 den Bau der Seilbahn. So konnte nach der nötigen Reparatur die 1. Teilstrecke erst im Jahr 1977 und die 2. Teilstrecke im März 1978 eröffnet werden.
Auf jeder der beiden Teilstrecken sind insgesamt sechs gleichmäßig verteilte Gruppen von fünf 6er-Kabinen in Betrieb (im Sommer werden auch Gruppen mit vier Kabinen oder mit vier Kabinen und einer Materialplattform eingesetzt). Jede Kabine hat ein Laufwerk mit zwei Kunststoffrollen und ist mit einer Federspeicherklemme fix mit dem Zugseil verbunden. Die Kabinen der Wagengruppen sind durch ein Seil miteinander verbunden, so dass sich eine zweite Zugseilklemme je Laufwerk erübrigt. Die Laufwerke der 2. Teilstrecke sind zusätzlich mit zwei kleinen Kunststoffrollen für eine sichere Laufwerksführung mithilfe von Führungsschienen an den beiden Niederhaltestützen versehen. Der Antrieb der ersten Teilstrecke befindet sich in der Talstation, jene der zweiten Teilstrecke in der Mittelstation. Die Antriebe beider Teilstrecken sind gleich aufgebaut: Von einem im Untergeschoß platzierten Gleichstrommotor wird das Drehmoment über ein Keilriemen-Vorgelege und ein Getriebe auf die Antriebsscheibe übertragen. Als Notantrieb dient ein Dieselmotor, der im Notfall mittels einer Kardanwelle an das Getriebe angekoppelt wird.
Die Tragseile werden auf der ersten Stütze (Stützennummer 0) in der Nähe der Talstationsausfahrt abgelenkt und mit einem Spanngewicht in einem Spannschacht unter der Stütze gespannt. Das Zugseil ist in der Umlenkstation mittels zweier Umlenkscheiben mit 2.800 mm Durchmesser um zweimal 90º umgelenkt und gewichtsgespannt. Die Spanneinrichtungen beider Teilstrecken sind identisch aufgebaut.
Die Stütze Nr. 1 der ersten Teilstrecke wurde im Abstand einer Kabinengruppe vor der Talstation errichtet und als hochliegende Zwischenstation mit Zu- und Abgängen konstruiert. Während die Kabinengruppen durch die Tal- und Bergstation mit 0,3 m/s durchfahren, können Skifahrer, deren Freeride-Trassen an der Stütze Nr. 1 enden, hier zusteigen. Die Zwischenstation auf der Stütze dient auch zur Beförderung der Skifahrer über die Schlucht des Flusses Romanche ins Tal.
Von der Talstation in La Grave zur Stütze Nr. 1 überfährt die Bahn diese Schlucht in einer Höhe von über 100 m. Zur Bergung von Fahrgästen ist für diesen Bereich zwischen der Stütze Nr. 0 bei der Talstation und der Stütze Nr. 1 eine eigene Bergebahn installiert. Der auf der Stütze Nr. 0 geparkte Bergewagen wird auf das Tragseil verschoben und mittels einer zwischen den Stützen Nr. 0 und Nr. 1 gespannten Bergeseilschleife zur nächsten Kabinengruppe gezogen. Die Kabinen werden dann vom Zugseil abgeklemmt und mittels Bergewagen in die Talstation gebracht, ohne dass die Fahrgäste umsteigen müssen. Die Bergeseilschleife wird mittels Verbrennungsmotor auf der Stütze Nr. 1 angetrieben. Auf der übrigen Strecke erfolgt die Bergung durch Abseilen.
Im Gebiet gibt es keine präparierten Pisten und keine Beschneiungsanlagen, durch die Täler La Meije und Valons führen mehrere Freeride-Abfahrten. So wurde La Grave bald neben den Hochgebirgstouristen und Bergsteiger zum Mekka der Freerider, später auch der Downhill-Biker. Schon alleine die etwa halbstündige Auffahrt in den bunten Kabinen entlang der steilen Gipfel der La Meije-Gruppe wurde zum Erlebnis.