Ein ganz besonderes Fahrgefühl hat man, wenn man in der bis zum Boden verglasten Umflaufbahnkabine C 10 vom Tal bis hinauf zum Gipfel der Hochwurzen schwebt: „Unsere neue Gipfelbahn Hochwurzen ist seit 8. Dezember 2013 offiziell in Betrieb, und wir haben bislang generell ein sehr gutes Feedback erhalten. Vor allem die Panoramaverglasung und das großzügige Platzangebot in den 10er-Kabinen kommen besonders gut an“, betonte Direktor Georg Bliem, Geschäftsführer der Planai-Hochwurzen-Bahnen, anlässlich eines ISR-Lokalaugenscheins Ende Jänner 2014.
Designspezialist
Das oberösterreichische Unternehmen Carvatech hat in der Schladminger 4-Berge-Skischaukel (Planai, Hochwurzen, Hauser Kaibling, Reiteralm) schon zahlreiche Anlagen mit seinen Kabinen ausgestattet, beispielsweise 2013 die Dachstein-Südwandbahn mit zwei aufsehenerregenden, rundum verglasten Pendelbahnkabinen. Eine davon ist auf dem Dach mit einem verglasten Balkon ausgestattet, auf dem zehn Personen „Open air“ auf den südlichen Teil des Dachstein-Massivs fahren können. Dazu Direktor Bliem: „Diese Open-Air-Kabine ist mit der Zeit zu einem der begehrtesten Fotomotive geworden. Sie ist vom Design her ein Wahnsinn, einfach toll.“ Und der technische Leiter Prokurist Karl Höflehner ergänzte: „Damals wie heute haben wir mit der Firma Carvatech eine wirklich sehr gute und kreative Zusammenarbeit gehabt, und wir fühlen uns bei dem Unternehmen aus Oberösterreich bestens aufgehoben. Dabei spielen außerdem die räumliche Nähe und ein gewisser Patriotismus eine Rolle. Auch bei unserer neuen Gipfelbahn Hochwurzen hat Carvatech wieder einmal seine Innovationskraft und seine Professionalität unter Beweis gestellt.“
Kabinen für Mehrzweckbahn
Die Hochwurzen ist ein beliebter Ausflugsberg im Skigebiet, und die neue Kabinenbahn befördert die Fahrgäste von der Talstation (1.134 m ü. M.) in Rohrmoos auf die Hochwurzen (1.850 m ü. M.), wobei die zum größten Teil unterirdische Bergstation auf einer Seehöhe von 1.841m angesiedelt ist. Abgesehen von einem optimalen Pistenangebot, Nachtskilauf und zahlreichen Wanderwegen, punktet der Berg auch noch mit einer 7 km langen Naturrodelbahn. Deshalb ist die neue Gipfelbahn nicht als klassische Sportbahn, sondern als Mehrzweckbahn ausgeführt. Dazu Prokurist Höflehner: „Außer Skifahrer und Snowboarder befördern wir mit der Bahn z. B. auch ältere Menschen, Rollstuhlfahrer, Familien mit Kinderwagen und Rodeln sowie Mountain-Gokarts für unsere beliebte Naturrodelbahn, die sowohl im Winter als auch im Sommer genützt wird. Auch die gilt es bergwärts zu befördern. Aus diesem Grund sind die Kabinen besonders geräumig und robust ausgeführt, und wir haben deshalb bewusst auf Ledersitze und eine Sitzheizung verzichtet und uns für eine herkömmliche Tapezierung entschieden. Der Abstand zwischen den beiden Sitzbänken ist sehr groß, und die Rodeln haben darin optimal Platz. Skier und Snowboards werden außen in den Skiköchern mitgeführt. In den Stationen ergibt es sich, dass es bei den Skiköchern eine Einschubmöglichkeit gibt, die 45° zur Kabine angesiedelt ist. Wenn die Passagiere in die Kabine einsteigen wollen, ist das genau der ideale Einschubwinkel für die Skier und Snowboards. Das wird von den Gästen als Komfortsteigerung empfunden und dementsprechend gelobt.“
Die Seilbahnanlage hat im Winter Tag- und Nachtbetrieb und in den Sommermonaten herkömmlichen Sommerbetrieb. Dementsprechend viele Betriebsstunden wies die 15er-Gruppenumlaufbahn (GUB) „Gipfelbahn Rohrmoos“ (Baujahr 1990) auf. Als Zubringerbahn auf die Hochwurzen konnte die 15er-GUB in puncto Förderleistung (1.000 P/h) und Komfort nicht mehr überzeugen. Prokurist Höflehner: „Außerdem wollten wir die Verweildauer der Wintersportler am Skiberg Hochwurzen verlängern. Aus diesen Gründen entschieden wir uns für den Ersatz der Anlage durch ein anderes Bahnsystem, nämlich einer 10er-EUB.“ Die neue Aufstiegshilfe verfügt über eine maximale Förderleistung von 2.539 P/h und bringt die Passagiere innerhalb von 6,2 min auf den Gipfel.
Enger Zeitrahmen für Neubau
Die Baugenehmigung wurde am 25. Juli 2013 und die Betriebsbewilligung am 5. Dezember 2013 erteilt, der öffentliche Betrieb startete am 8. Dezember. Das ergibt eine Bauzeit von zirka 4,5 Monaten. Die Trassenführung ist dieselbe geblieben. Die Fundamente der Einfahrtsbinder (Tal und Berg) und der Stützen 1a, 1b, 11a, 11b und 11c wurden neu hergestellt. Die weiteren neun Stützen (Nr. 2 bis 10) wurden auf den bestehenden Fundamenten errichtet. Bei der Stützenmontage kam auch der Schwerlast-Hubschrauber Kamov KA 32 A12 von der Heliswiss International AG zum Einsatz. Eine spezielle Herausforderung dabei war die Montage der Stütze 11a bei der Bergstation, da diese in einem Winkel von 45°angebracht wurde. Die bestehende Mittelstation der 15er-GUB und der Schlepplift links der Bahnachse wurden abgetragen. Dadurch wurde einiges an Pistenfläche gewonnen.
Direktantrieb spart Energie
Für die technische Planung der Seilbahn-Anlage war das Ingenieurbüro Melzer & Hopfner aus Bregenz verantwortlich. Das technische Konzept sah einen Brückenantrieb am Berg vor. „Wir haben uns für den Direktantrieb von Leitner ropeways mit einer Motornennleistung von 833 kW entschieden. Er überzeugt durch seine hohe Laufruhe und den geringeren Wartungsaufwand. Außerdem ist er sehr leise. Darüber hinaus werden dadurch pro Jahr 6 bis 8 % Energie eingespart“, informierte Prokurist Höflehner. Im Tal wird hydraulisch abgespannt. In der Talstation ist auch der Schleifenbahnhof mit Schrägförderer untergebracht. Dafür wurde ein Teil des Bestandskellers weiterverwendet.
Das Betriebskonzept
In der Wintersaison ist ein kontinuierlicher Betrieb mit maximaler Förderleistung vorgesehen, im Sommer stoppen die Kabinen jeweils im Ein- und Ausstiegsbereich für zirka 20 Sekunden. Damit ist ein komfortables Einsteigen für Familien mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrern usw. möglich. „Außerdem ist mit diesem Betriebskonzept das Beladen der Kabinen mit den Mountain-Gokarts für unsere Sommerschlittenbahn wesentlich angenehmer“, so Prokurist Höflehner. Allerdings wird die Förderleistung in diesem Modus auf zirka 1.100 P/h reduziert.
Die Stationsgebäude
Bei der Tal- und der Bergstation wurden Teile des Altbestandes in die Planung mit einbezogen. Um das Landschaftsbild zu wahren, wurde die unterirdische Bergstation beibehalten und ausgebaut, mit einem unmittelbaren Zugang (Rolltreppe) zu den Ski- und Wanderausgangspunkten sowie zur Hochwurzenhütte. Eine Glas-Einhausung und eine Aussichtsplattform runden das Gesamtkonzept ab. Das multifunktionale Talstationsgebäude bildet mit dem benachbarten Sportgeschäft und Gastronomiebetrieb nahezu eine Einheit. Kassa- und Parkplatzbereich befinden sich zum größten Teil auf einer Ebene, der Parkplatz wurde außerdem erweitert.
Ein echter Zugewinn
Seit 8. Dezember Ist die neue Gipfelbahn Hochwurzen offiziell in Betrieb. Direktor Bliem: „Sowohl die Kabinen als auch die Bahn an sich kommen bei den Fahrgästen sehr gut an. Die Seilbahn-Anlage bindet die Gäste, wir haben bereits jetzt viele Wiederholungsfahrer registriert und eine Nutzungssteigerung von 20 % erzielt. Mittlerweile verbringen die Gäste wirklich einen ganzen Tag auf der Hochwurzen. Mit der Bahn ist die Hochwurzen wieder zu einem vollwertigen Skiberg geworden.“ Und Prokurist Höflehner ergänzte: „Wir sind überaus zufrieden, Fahrbetriebsmittel und Bahn überzeugen durch ihren hohen Fahrkomfort. Unsere neue Gipfelbahn Hochwurzen ‚läuft wie ein Glöckerl‘!“.
Claudia Mantona
TECHNISCHE DATEN
10er-EUB „Gipfelbahn Hochwurzen“
Seehöhe Talstation 1.134 m
Seehöhe Bergstation 1.841 m
Schräge Länge 2.167 m
Höhenunterschied 707 m
Mittlere Neigung 34,51 %
Spurweite 6,10 m
Förderseildurchmesser 54 mm
Antrieb Berg
Motornennleistung 833 kW
Abspannung hydraulisch, Tal
Fahrzeuganzahl 59
Fahrzeugfassungsraum 10 Pers.
Fahrgeschwindigkeit 6,0 m/s
Fahrzeit 6,2 min
Förderleistung 2.539 P/h
Baukosten 10,5 Mio. Euro
Beteiligte Firmen:
Seilbahntechnik: Leitner ropeways
Elektrotechnik: Leitner ropeways
Kabinen: Carvatech
Förderseil: Fatzer
Techn. Planung: Ingenieurbüro Melzer & Hopfner
Architektur: Arch. Dipl.-Ing. Sepp Hohensinn