Wirtschaft

Können wir im Sommer vom Winter lernen?

Nachdem ich zuletzt bereits über den Sommer am Berg als Chance geschrieben habe, will ich dieses Mal dem Thema Wertschöpfung durch Sommerbetrieb einige Gedanken widmen.

von: Klaus Grabler

Zuletzt stand ja mein Fokus in Richtung der Frage, wie man mehr Gäste auf den Berg bekommt. Natur(-inszenierung) und Gastronomie spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle. Als wesentliches Potenzial habe ich dabei die (Nächtigungs-)Gäste vor Ort ausgemacht – sie gilt es „nur“ noch zu überzeugen, das Angebot am Berg zu nutzen.

Ziel Mehrfachnutzung

Man stelle sich vor, dass man die Urlaubstage der Gäste von einer Rate von aktuell rund 50 % Tagen am Berg auf rund 60 % „Bergtage“ bekäme. Rund 20 % Steigerung und schlussendlich (abhängig vom Gästemix an Tages- und Übernachtungsgästen) bei den Ersteintritten ein Plus von 10 % bis 20 %. Irgendwie scheint das machbar. Nur wie schaffen wir das? Vielleicht hilft ein Blick auf den Winter – wie kommen wir im Winter auf ganz andere Ausschöpfungsraten? Klar ist wohl die Frage der Begehrlichkeit des Bergangebots/der Marke. Auch wenn viele das Skifahren immer wieder „totreden“, bleibt der Wunsch Ski fahren zu gehen groß. Die abgelaufene Saison weist den absoluten Spitzenwert von Skier-Days pro Betriebstag in Österreich aus – wenn das kein Zeichen für Nachfrage ist! Trotz holprigem Start und Zittern beim Warten auf den Schnee; trotz Stürmen und Schlechtwetter ein gutes Ergebnis. Das liegt einmal sicherlich an dem starken emotionalen Nutzen, den Skifahren den Gästen bietet. Das Bergangebot auch im Sommer derart attraktiv zu machen ist allerdings bislang noch nicht gelungen.

Chancen bei Ticketgestaltung?

Würden die Erfolge aber im Winter gelingen, würden wir nicht attraktive Mehrtageskarten anbieten? Welche einerseits einen Preisvorteil gegenüber Tageskarten bieten, aber dennoch den Gästen genug Wert(schätzung) im Sinne der Kosten abverlangt. Im Sommer steht primär einmal die Einzelfahrt im Vordergrund, dann gibt es meist noch unterschiedliche Kombinationen im Kartenangebot. Das ist schon auch nachfrageseitig bedingt, doch kommunizieren wir damit nicht auch, dass ein Mal reicht? Und natürlich sind die Gäste mit Einzelfahrten nicht die „heavy user“ vor Ort. Eine deutlich höhere Anzahl an Bergtagen ergibt sich bei jenen mit Gästekarten – deren Nutzer liegen deutlich über den anderen, was die Tage am Berg betrifft. Nur sind diese Gästekarten, die mittlerweile für den touristischen Sommererfolg eine wesentliche Rolle spielen, eben leider oft wertschöpfungsschwach. Aus Seilbahnsicht bleibt damit: grundsätzlich wohl richtiger Gedanke, eventuell aber falsche Umsetzung?

Wertschöpfung auch im Sommer hoch

Jedenfalls stellt sich die Frage, wie man höhere Umsätze generiert. Erstmals vorliegende Untersuchungen zur Wertschöpfung der Bergbahnen im Sommer (in Deutschland) weisen dabei auf durchaus hohe Multiplikatoren hin: das heißt, dass (auch) im Sommer die Bergbahnen nur einen kleinen Teil der Wertschöpfung auf sich verbuchen, vieles aber bei anderen landet. Schon bei den Tagesgästen machen die Ausgaben für die Bergbahn nur rund ein Drittel der Tagesausgaben aus: Wie immer profitiert die Gastronomie, der Rest geht für Einkäufe und sonstige Dienstleistungen drauf. Das verschiebt sich bei Nächtigungsgästen natürlich (primär zur Beherbergung) noch weiter in Richtung der anderen Anbieter vor Ort. Natürlich, es stellt sich die Frage, wie sehr das Bergbahnangebot (alleine oder vorherrschend, wie fast im Winter) die Touristenströme anzieht, doch wird man vielerorts jedenfalls auch im Sommer immer mehr zum Magneten.

Vertikale Integration als Chance?

Nun erzielen die Seilbahnen einerseits immer mehr Gäste durch (zu?) günstige Bergbahnangebote über die zunehmenden Gästekarten, andererseits profitieren sie durch diese Menge dann eigentlich unterproportional. Wie auch im Winter stellt sich angesichts der Wertschöpfungsanalysen die Frage nach betriebswirtschaftlich vernünftigen Modellen. Dies kann einerseits über Beteiligungsmodelle in der Attraktivierung des Bergangebots liegen (siehe im Winter Diskussionen zum Beschneiungs-Euro), andererseits läge der Gedanke einer vertikalen Integration der Leistungskette schon auch nahe. Wenn wir schon eine größere Menge an Gästen herbekommen, dann sollten wir doch schauen, dass wir auch einen höheren Anteil des Umsatzes daraus lukrieren: mit Attraktionen vor Ort, Gastronomie oder Einkaufsmöglichkeiten aller Art. Entweder es gelingt den Sommer am Berg so attraktiv zu machen, dass es dem Gast ausreichend Geld wert ist, oder das Geschäft müsste über die Zusatzgeschäfte laufen. Weder noch scheint betriebswirtschaftlich eher schwierig. Und gefordert werden ja landauf, landab längere Öffnungs- und Betriebszeiten der Bahnen und ein vielfältiges Angebot. Ja auch nicht zu Unrecht, da hier der Schlüssel für zufriedene Kunden liegt.

Stammgäste erzeugen

Da schließt sich dann der Kreis, denn die Stammgäste sind diejenigen, die vor Ort die höchste Rate an Bergtagen im Verhältnis zu den Übernachtungen haben. Dies könnte daran liegen, dass jene Gäste, die öfter am Berg sind, zufriedener sind und daher treuer, oder auch daran, dass die Stammgäste einfach zu jenen zählen, die das Angebot vor Ort stärker präferieren – jedenfalls eine gute Symbiose. Spannend ist auch, dass es wohl in den letzten Jahren gelungen ist, vor allem höhere Bildungsschichten vermehrt zu Bergtagen zu bekommen. Das ist nicht zuletzt aus Wertschöpfungssicht interessant und deutet wohl darauf hin, dass die modernen Bergerlebnisse gerade für die gebildeteren Schichten mit vermehrter Sehnsucht nach gesunden Lebensformen eine echte Chance bieten. Und das ist eine gute Nachricht für den Bergsommer.

 

Foto: beigestellt
Mag. Klaus Grabler, Geschäftsführer der MANOVA GmbH
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