Wirtschaft

Geschäftsmodell Bergbahn oder Wintersport-Destination?

Ein Vergleich zwischen den in Europa und den USA üblichen Geschäftsmodellen für Skigebiete liefert wertvolle Anregungen.

Jüngst erschien im amerikanischen NSSA-Journal ein Beitrag zu den aktuellsten Kennzahlen der US-amerikanischen Skigebiete[1] – angesichts der schrumpfenden Renditen der österreichischen Seilbahnbranche eine willkommene Vergleichsmöglichkeit zum Thema Wirtschaftlichkeit. Genau das wird wohl in der nächsten Zeit eines der wichtigsten Themen der Branche werden. Schaut man sich die ungünstig laufende Saison an (die vom Wetter her das Geschäft nicht gerade begünstigt), wird die Situation wohl nicht entspannter. Der folgende Artikel bietet keine wirklichen Befunde im Sinne einer exakten Studie (da die Aussagen ausschließlich auf den veröffentlichten Daten beruhen und in Publikationen manchmal die exakten Definitionen von Kennzahlen etwas unklar sind), sondern einfach Hypothesen über die Geschäftsmodelle in den Skimärkten im Vergleich. Lassen Sie sich zum Denken anregen und nehmen Sie den Artikel als Input für (neue) Überlegungen.

Ein ungleicher Vergleich mit den USA
Der Vergleich mit dem Markt USA hinkt. Natürlich, aber doch nicht so stark eigentlich. Also zumindest bewegt sich der Markt hinsichtlich der Skier-Days auf ähnlichem Niveau. Beide Märkte wiesen in den letzten Jahren rund 55 Mio. Skier-Days auf. Während aber der US-amerikanische Markt zulegte und zulegt, verzeichnen wir in Österreich in den allerletzten Jahren Rückgänge. Auch wenn das Wetter (so wie im laufenden Winter) einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung liefert, gibt das zumindest zu denken. Natürlich ist Skifahren in den USA weit weniger verbreitet und hat daher natürlich mehr Chancen auf Wachstum. Doch vielleicht sind auch gezielte Marktbearbeitungen erfolgreich? Ich verfolge sehr gerne und genau die Darstellungen des amerikanischen Verbandes, der seit ein paar Jahren sehr genau die Raten von Anfängern („trial“) und Wiederholern („conversion“) beobachtet, um daraus seine Programme zu evaluieren und zu verbessern. Immerhin berichten die USA aktuell über 60 Mio. Skier-Days, während wir uns auf die 50 Mio. zubewegen.

Skifahren ist doch zu teuer, oder?
Bevor jetzt sofort wieder die Preise (der Seilbahnen) als Argument für Rückgänge dienen, sei der Blick auf die USA gerichtet. Auch wenn Skifahren dort nicht die Breitenbeteiligung hat, so weiß doch jeder in der Branche, dass die Preise über den österreichischen liegen. Der durchschnittliche (Brutto-)Liftumsatz pro Skier-Day liegt in den USA mit ca. 28 Euro rund 15% über dem österreichischen Durchschnittsertrag von rund 24 Euro. In beiden Ländern liegt damit der Prozentsatz vom höchsten Preis (Tageskarte; Wochenende) – die Preisdurchsetzungsrate - in erstaunlich gleicher Höhe, nämlich bei rund 56% (siehe Grafik). Geht man davon aus, dass in den USA das Yield Management weiter verbreitet ist, während in Österreich ausgeklügeltes Revenue Management bzw. die Preisdifferenzierung eher wenig im Einsatz ist, erstaunt dies einigermaßen. Der Vergleich lässt jedenfalls einmal die Vermutung zu, dass eine stärkere Beschäftigung mit der Preisthematik auch keine höheren Erträge bringt. Die Ursache im Preis zu suchen, scheint also zu kurz zu greifen, belegen doch auch alle Studien, dass dies nicht so entscheidend ist wie ein gutes Angebot; das können übrigens wohl auch viele kleinere oder veraltete Skigebiete bestätigen.

Zusätzliche Einnahmequellen oder Aufwand verteilen?
Große Sprünge lassen sich wohl preislich kaum machen und damit ist man als Seilbahner relativ bald am Gipfel angelangt. Vielleicht lohnt es sich daher, auch über andere Geschäftsmodelle nachzudenken, vertikale und horizontale Integration anderer Leistungen zum Beispiel. In beiden Ländern sind jedenfalls die Ausgaben eines Skifahrers an einem Skitag abseits der Seilbahnen der größere Teil (siehe dazu auch die Abbildung). Während aber in den USA die Ausgaben eines Skier-Days fast zu 50% auf die Seilbahn entfallen, sind das in Österreich nicht einmal 25%. Ohne Daten dazu zu haben, muss wohl der Tagesgastanteil in den Staaten deutlich höher sein. Jedenfalls aber bleibt die Aussage: Es gibt bei den Skifahrern neben der Seilbahn einiges an Umsatz und wahrscheinlich gibt es auch einiges zu verdienen. Die Amerikaner mit dem weit stärker integrierten Geschäftsmodell berichten von rund 24,4% „operating profit margin“, das entspricht rund 14 Euro pro Skier-Day, die als Gewinn vor Zinsen und Steuern pro Skitag übrig bleiben – allerdings nicht nur bei der Seilbahn (keine Daten ausgewiesen)! In Österreich liegen nur Daten für die Seilbahnen vor, und auch wenn nicht ganz sicher exakte Gleichheit der Definitionen gegeben ist: Hier liegen wir bei einem Betriebsergebnis von rund 2 bis 3 Euro pro Skier-Day – im Durchschnitt auf die gesamte Branche gerechnet damit also etwa beim halben Prozentsatz der Staaten. Dies könnte einerseits am Seilbahnbetrieb selber liegen und andererseits zum Beispiel an den in Österreich sehr hohen Abschreibungsraten. In dem Fall ist die Investitionspolitik der letzten Jahre nun wirklich kritisch zu hinterfragen. Oder aber, die integrierten Branchen weisen einen höheren „profit margin“ auf. Verfolgt man diesen Ansatz, müssten die Seilbahnen hierzulande stärker auch die Aufwandsseite hinterfragen, ob alles alleine getragen werden kann, was auch im Interesse der anderen liegt; oder man setzt tatsächlich stärker auf Integration.

Nachdenken, bevor es zu spät ist: Denn die Spannen werden immer geringer.
Einigkeit herrscht jedenfalls in der Entwicklung in beiden Ländern: Die Margen schrumpfen, die Aufwände steigen rascher als die Erlöse. An mindestens einer der beiden Seiten muss geschraubt werden, um die öffentliche Hand nicht noch mehr beanspruchen zu müssen (auch wenn, wie bereits früher dargestellt, die Wertschöpfung der Bergbahnen enorm ist und damit auch ein volkswirtschaftlich berechtigtes öffentliches Interesse). Ich bin davon überzeugt, dass es höchste Zeit ist, sich mit Zukunftsszenarien auseinanderzusetzen und die Geschäftsmodelle zu hinterfragen sind. Wenn auch bislang vielleicht ohne allzu viel echtes Management das Auskommen zu finden war, es sieht nicht so aus, als bräuchte es das auch in den nächsten zehn Jahren nicht.

Der Blick über die Grenzen geht weiter.
Ich persönlich freue mich schon, da ich Ende Mai bei der ostkanadischen Seilbahntagung über die Lage in Österreich referieren und dort den Austausch mit den Skigebietsbetreibern suchen werde. Internationale Erfahrungen und Benchmarks können nur als weitere Denkanstöße dienen – genau so wie sie im Lande als wertvolle Hilfe dienen sollten, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Gerade angesichts der Entwicklungen rate ich den Seilbahnern: Nutzen Sie das wirklich gute Benchmarking-Angebot, um Aufwände und Erlöse zu vergleichen und kritische Rückschlüsse zu ziehen. Aufschlussreich wäre natürlich auch der Vergleich der Kundenzufriedenheit in den Ländern, da doch sehr unterschiedliche Modelle eingesetzt werden: Womit können Kundenwünsche besser zufrieden gestellt werden? Auch hier gilt: Klar sind es unterschiedliche Märkte, doch Denkanstöße bringen etwaige Benchmarks immer.
Klaus Grabler


[1] NSAA Journal 20(1), February/March 2012, 11-12

 

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