ISR: Wenn Sie auf das Jahr 2014 zurückblicken, was war beruflich das schönste Erlebnis?
Dipl.-Ing. Stephan Salzmann: Es war schön, dass einige Langzeitprojekte heuer endlich realisiert werden konnten. Dazu gehören beispielsweise die Grünbergseilbahn (s. ISR 4/14, S. 28 f). Hier haben wir seit 2009 gemeinsam mit dem Seilbahnunternehmen mit den Unterliegern verhandelt, zahlreiche Präsentationen durchgeführt und versucht, mit ihnen eine Einigung zu erzielen. Dass das Projekt dann letztendlich doch noch etwas geworden ist und außerdem aktuell wirtschaftlich so erfolgreic h wurde, das freut mich sehr. Seit Mitte Juni 2014 hat die Grünbergseilbahn bereits mehr als 90.000 Fahrgäste befördert und damit bei weitem das anvisierte Ziel um fast 100% übertroffen. In diesem Jahr ging auch die erste Saison des G-Link Wagrain (s. ISR 2/14, S. 30f) mit mehr als 900.000 Fahrten und einem damit verbundenen Zuwachs an Frequenzen in Wagrain und St. Johann zu Ende. Dass wir bei diesen Erfolgsstories maßgeblich dabei sein durften, ist sehr erfreulich. Weitere Langzeitprojekte, die derzeit auf die Wintersaison 2014/15 umgesetzt werden, sind die neue Donnerkogelbahn (8er-Kabinenbahn) in Annaberg (Dachstein West) und die Waldkopfbahn (6er-Sesselbahn) im bayerischen Skigebiet Sudelfeld. Bei beiden Projekten sind in den Talstationen größere Kubaturen für Gästeservice und Bahnbetrieb vorgesehen. Alle diese Projekte zeigen uns, dass sich letztendlich Ausdauer und gegenseitige Unterstützung auszahlen. Wir realisieren gemeinsam mit den Seilbahnunternehmen eine Vision.
ISR: Und was war in diesem Jahr die schwierigste berufliche Situation, die es zu meistern galt?
Dipl.-Ing. Stephan Salzmann: In den vergangenen fünf Jahren haben Projektverschiebungen aus diversen Gründen (fehlende Zustimmung von Grundbesitzern, Finanzierung, Naturschutz etc.) tendenziell zugenommen. Der Umgang damit ist eigentlich unsere größte und schwierigste Aufgabe. Projekte, die sich dermaßen in die Länge ziehen, sind in kaufmännischer Hinsicht schwierig abzuwickeln. Darüber hinaus wird die Zeit für die Umsetzung von Seilbahnprojekten immer knapper. Ein Beispiel für ein sehr kurzfristiges Projekt ist der Umbau des Panoramajet Zwieselalm in Gosau. Dort wird auf die kommende Wintersaison unter anderem eine neue Mittelstation errichtet, Baubeginn war Ende September. Auffallend oft sind es Grundbesitzer, die bei Seilbahnprojekten für Aufschübe sorgen. Da frage ich mich schon, wohin das führen soll, wenn die Seilbahnbetriebe so in die Geiselhaft der Grundbesitzer genommen werden. Viele scheinen vergessen zu haben, dass die Seilbahnen in etlichen Fällen für eine touristische Erschließung der Täler und Ortschaften gesorgt haben. Sie bleiben und sind der Wirtschaftsmotor der Regionen.
ISR: Mit welchen Marktveränderungen sehen Sie sich im In- und Ausland zunehmend konfrontiert?
Dipl.-Ing. Stephan Salzmann: Früher spürten wir generell eine gewisse Skepsis gegenüber Planungsbüros und zwar in dem Sinne, dass man glaubte, gewisse Dienstleistungen nicht zu benötigen. Da hat es eine Trendwende gegeben. Jetzt weiß man, dass eine effiziente Planungsdienstleistung dabei hilft, das für das jeweilige Projekt bestmögliche Resultat zu erzielen. Darüber hinaus bietet sie einem auch die Möglichkeit, Kosten einzusparen.
ISR: Welches Projekt war für Sie 2014 die größte Herausforderung?
Dipl.-Ing. Stephan Salzmann: Die neue Kreuzjoch-Panoramabahn im Skigebiet Silvretta-Montafon ist sicher eine große Herausforderung. Diese 8er-Kabinenbahn wird auf die kommende Wintersaison in einem sehr ausgesetzten, hochalpinen Gelände gebaut. Auch hier war es nicht einfach, den jetzigen Standort der Bergstation (2.375 m ü. M.) bei den Grundbesitzern durchzusetzen. Die neue Panoramabahn auf den Kreuzjochsattel ersetzt zwei Sesselbahnen, wird Richtung Seebliga verlängert und schafft die Verbindung vom Hochjoch in Richtung Grasjoch. Die Fahrtzeit von Kapell hinauf auf rund 2.400 m ü. M. wird sich drastisch reduzieren. 2011 hat man die Verbindung vom Hochjoch und der Silvretta Nova über das Grasjoch auf das Kreuzjoch geschaffen, aber der Wintersportler ist nur sehr schwer vom Hochjoch retour gekommen und ist dann oftmals per Bus zurückgefahren. Jetzt, mit der neuen Panoramabahn wird auch der technische Zusammenschluss umgesetzt, und man kommt viel schneller retour als zuvor.
ISR: Sie haben in Ihrem Beruf oft mit Behörden zu tun, was gilt es dabei zu beachten, um Seilbahnprojekte erfolgreich durchzubringen?
Dipl.-Ing. Stephan Salzmann: Man muss für die Beurteilung der Unterlagen durch die Behörden einfach eine gewisse Zeit einplanen. Das gilt vor allen Dingen auch für den Naturschutz, der in den meisten Projekten eine Besichtigung ohne Schneelage erfordert. Außerdem ist der Naturschutz Voraussetzung für eine seilbahnrechtliche Genehmigung, eine Bauverhandlung gibt es erst nach Erteilung der Naturschutzbewilligung.
Im Seilbahnrecht kommt erschwerend hinzu, dass es ab heuer neue Einspruchsmöglichkeiten über das Verwaltungsgericht gibt. Damit hat jede Partei die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht formlos und kostengünstig Einspruch einzulegen, und das hat zusätzlich eine aufschiebende Wirkung.
Es gilt aber auf jeden Fall, dass die Qualität der Unterlagen wichtig ist. Es sollten wirklich nur ausgereifte Projekte einreicht werden.
ISR: Welche Projekte stehen bei Ihnen 2015 schon in den Startlöchern?
In der Schweiz soll am Pizol (Kanton St. Gallen) ein bestehender Schlepplift durch eine neue kuppelbare 6er-Sesselbahn mit Wetterschutzhauben (BMF Bartholet) ersetzt werden. Im bayerischen Sudelfeld wollen wir die nächste Investitionsstufe mit einer EUB auf den Sudelfeldkopf umsetzen. In Österreich wird die seilbahntechnische Verbindung zwischen Fieberbrunn und Saalbach-Hinterglemm und damit das vermutlich größte Skigebiet Österreichs geschaffen. In Hochfügen steht der Austausch des 2000ers an. Und in Mellau soll die Zubringerbahn komplett neu errichtet werden, um nur einige zu nennen.
ISR: Danke für das Gespräch!
Claudia Mantona