Niccolò Bertocchi hat mit seinem Unternehmen Neveplast in 25 Jahren das Erlebnis künstliche Pisten stetig verbessert.
Foto: Neveplast

ISR-INTERVIEW

Fühlt sich an wie auf Schnee

Vater Aldo und die Brüder Edoardo und Niccolò Bertocchi gründeten vor einem Vierteljahrhundert Neveplast. Niccolò Bertocchi blickt im Gespräch mit der ISR zurück auf erfolgreiche Jahre und untermauert seine Überzeugung an die Wichtigkeit künstlicher Pisten – und welche Rolle der urbane Raum dabei spielt.

von: Thomas Schweighofer

ISR: Herr Bertocchi, 25 Jahre Neveplast: Was macht Sie nach all diesen Jahren besonders stolz?
Niccolò Bertocchi: Unser Wachstumskurs macht mir Freude und die von Neveplast angebotenen Produkte, die Jahr für Jahr leistungsfähiger werden. Es macht einfach Spaß, auf den künstlichen Pisten von Neveplast Ski zu fahren – das fühlt sich ganz natürlich an, wie auf der schönsten Schneepiste.

ISR: Was hebt Sie von anderen ab oder worin sind Sie Ihrer Meinung nach besser?
Niccolò Bertocchi: Wettbewerb ist wichtig, er ist ein positiver Ansporn, sich noch mehr anzustrengen und vor allem besser zu werden. Wenn ich so zurückblicke, bin ich sehr stolz auf alle unsere Produkte, die wir entwickelt haben, und vor allem unser Tempo bei den Investitionen und der Produktentwicklung in den letzten Jahren. Ich vergleiche mich ungerne mit der Konkurrenz, viel lieber lasse ich mich von der Leidenschaft für den Skisport und Schnee inspirieren. Ich will auf der Fahrt auf einer Neveplast-Piste das gleiche positive Empfinden spüren wie beim Skifahren auf einer Naturschneedecke. Das ist meine Inspiration.

ISR: Die Familie stand am Anfang des Unternehmens, wie wichtig ist sie heute noch für den Erfolg? Wie werden die großen Entscheidungen bei Neveplast getroffen?
Niccolò Bertocchi: Die Familie ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Ein stabiler Background ermöglicht dir, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn man eine Entscheidung treffen muss, sind Ziele zu verfolgen. Genauso wichtig ist aber, sich mit Menschen auseinanderzusetzen, die vielleicht eine ganz andere Sichtweise haben als man selbst. Aus diesem Grund braucht es ein vielseitiges Team, dem man nahe ist und das einem dabei hilft, einer klaren, umfassende Vision zu folgen. 

ISR: Was waren die größten Herausforderungen, die Sie gemeistert haben?
Niccolò Bertocchi: Bis 2016 war ich im Außendienst tätig und habe das gemacht, was ich am liebsten tue: ein Projekt entwerfen, es mit Kunden teilen, zu entwickeln und zu verwirklichen. Leider verstarb 2017 mein Bruder, mit dem wir das Unternehmen bis dahin gemeinsam aufgebaut hatten. Neben dem Verlust eines Bruders, der auch mein bester Freund war, musste ich meine Position im Unternehmen neu definieren und eine Rolle übernehmen, von der ich bis dahin nur wenig wusste. Das fiel mir ehrlich gesagt sehr schwer, aber ich habe gelernt, dass wir gerade in den schwierigsten Momenten Kraft finden und das Beste in uns zum Vorschein kommt.

ISR: Der Klimawandel stellt uns vor große Herausforderungen. Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft des Skifahrens aus und welche Rolle spielen dabei künstliche Pisten?
Niccolò Bertocchi: Die Klimaveränderung ist eine große Unbekannte, vor allem für Standorte in niederen und mittleren Höhenlagen. Das Skifahren in diesen Bereichen spielt insofern eine wichtige Rolle, als die Gäste später dann größere Skigebiete besuchen. Neveplast-Pisten können und werden in Zukunft natürlich eine große Hilfe für diese Skigebiete sein.

ISR: Wie umweltfreundlich ist eigentlich die Herstellung solcher Pisten und dann deren Betrieb?
Niccolò Bertocchi: Als Schnee- und Bergliebhaber bin ich – wie das gesamte Unternehmen – sehr auf Umwelt- und Klimaschutz bedacht. Deshalb verwenden wir bei einigen unserer Projekte zu 90 % umweltverträgliche Rohstoffe, und in absehbarer Zeit werden es 100 % sein. Darüber hinaus ermöglicht uns die Produktion in Italien, mit sehr kurzen Lieferketten den Ausstoß von CO2 erheblich zu senken. Außerdem recyclen wir seit vielen Jahren alte Neveplast-Skipisten, um daraus neue Pisten zu produzieren. Wir machen viel, aber im Hinblick auf die unmittelbaren ökologischen Herausforderungen müssen wir noch mehr tun. Ich muss jedoch betonen, dass die Herstellung von Kunststoffen und ihr Recycling sehr wenig Energie verbraucht, obwohl Kunststoffe unter Umweltgesichtspunkten schlecht angesehen sind. 

ISR: Wie viel Potenzial sehen Sie für künstliche Pisten in städtischen Gebieten?
Niccolò Bertocchi: Das Potenzial ist enorm. Ich bin überzeugt, dass die Wintersportindustrie dieses Potenzial erkennen und nutzen wird.

ISR: Welche Punkte erfordern im Verkaufsgespräch die meiste Überzeugungsarbeit? Und wie können Sie Ihre Kunden besonders positiv überraschen?
Niccolò Bertocchi: Was die Überzeugungsarbeit betrifft, so müssen wir den Betreibern von Skigebieten den Nutzen für den gesamten Skisektor von Neveplast-Pisten in der Stadt, auf denen die Menschen das Skifahren erlernen können, verständlich machen. Und der Überraschungseffekt ist natürlich groß, wenn Kunden Neveplast Freeski selbst ausprobieren.

ISR: Ein Hindernis für manche Menschen, Skifahren zu erlernen oder zu üben, ist die Verletzungsgefahr. Wie sicher sind künstliche Pisten?
Niccolò Bertocchi: Um aus Sicht von Neveplast zu sprechen, kann ich festhalten, dass sie sicher sind! Dies ist neben der Qualität des Skifahrens einer der ersten Punkte, der im Gespräch mit unseren Kunden hervorgehoben wird. Wenn ein Skifahrer oder Snowboarder Spaß sucht, findet er den vor allem auf den Neveplast Freeski-Pisten zweifellos.

Foto: Neveplast
Die nächste Generation der Familie Bertocchi steht bereits in den Startlöchern.
Foto: Neveplast
Foto: Neveplast
Die Brüder Niccolò (li.) und Edoardo Bertocchi. Edoardo verstarb im Jahr 2017.
Foto: Neveplast

ISR: Aus dem Blickwinkel eines Kunden gefragt: Sind künstliche Pisten teuer?
Niccolò Bertocchi: Das ist relativ. Aber alles in allem denke ich nicht, dass man sie als teures Tool bezeichnen kann, vor allem wenn man die Qualität des Skifahrens auf einer Neveplast-Piste bedenkt sowie die Lebensdauer und die Tatsache, dass sie das ganze Jahr über mit sehr geringen Betriebskosten betrieben werden kann.

ISR: Und wie viel Pflege erfordern sie?
Niccolò Bertocchi: Der wichtigste Aspekt ist die Sauberkeit. Wenn der Betreiber in der Lage ist, die Piste sauber zu halten und zu verhindern, dass äußere Einflüsse wie Staub und Schlamm die Piste verunreinigen, sind die Wartung und der Betrieb einfach, schnell und wirtschaftlich.

ISR: Was ist der nächste große Trend? Auf welche neuen Anwendungen kann man sich freuen?
Niccolò Bertocchi: Obwohl die Qualität des Skifahrens auf den Neveplast-Pisten ein außergewöhnliches Niveau erreicht hat, entwickeln wir Lösungen, um uns weiter zu verbessern. Wir arbeiten auch an einigen sehr futuristischen Projekten, auf die wir sehr gespannt sind.

ISR: Was sind Ihre Ziele für die Zukunft, wo soll Neveplast am Ende des Jahrzehnts stehen?
Niccolò Bertocchi: Das Ziel und die Aufgabe von Neveplast lautet, mehr Plätze in Städten zu schaffen, an denen man Skifahren, Snowboarden und den nordischen Skisport erlernen kann. Das würde uns ermöglichen, das Einzugsgebiet der Skigebiete erheblich zu erweitern und den Markt insgesamt zu vergrößern. Die Pisten von Neveplast sind ein hervorragendes Instrument, um die Welt des Schnees in den großen städtischen Zentren zu promoten. Dann werden noch mehr Menschen die Schönheit der Berge suchen.

ISR: Danke für das Gespräch.


Foto: Congress Messe Innsbruck

Die erste „Inter-Alpine Natural Hazards Conference - INAC“ ist zeitgleich zur Fachmesse Interalpin vom 5. bis 7. Mai 2025 im Congress Innsbruck und…

Weiterlesen
Foto: WINTERSTEIGER

Das vollautomatische Fahrradwasch-System „Velobrush“ des österreichischen Maschinenbau-Unternehmens Wintersteiger Sports wartet bei der…

Weiterlesen
Foto: Niederösterreich Werbung/ Robert Herbst

Die landeseigenen ecoplus Alpin GmbH ist in Niederösterreich für die Errichtung, den Betrieb und die Professionalisierung von ausgewählten Bergbahnen…

Weiterlesen
Foto: LEITNER

"ConnX", das neue intermodale Mobilitätssystem von Leitner, steht nach grünem Licht bei allen Tests vor seiner Markteinführung im Jahr 2025.

Weiterlesen
Foto: C. Mantona

Der 12. Weltkongress der OITAF (Internationale Organisation für das Seilbahnwesen) fand vom 17. bis 21. Juni 2024 in Vancouver/Kanada statt und war…

Weiterlesen

Das große Comeback: Der "ISR Architektur Award" zeichnet wieder herausragende Architektur der Seilbahnbranche aus. Die Preisträger in drei Kategorien…

Weiterlesen
Foto: Kässbohrer

Die wirtschaftliche Lage macht es auch für Skigebiete schwerer. In manchen Fällen kann aus Kostengründen die Investitionsentscheidung für einen neuen…

Weiterlesen
Foto: www.stefankuerzi.com

Die Gurtenbahn, die seit 1899 Wabern mit dem Berner Hausberg Gurten verbindet, wurde von Garaventa umfassend modernisiert.

Weiterlesen
Foto: Doppelmayr-Gruppe

Die Doppelmayr-Seilbahn auf der Bundesgartenschau 2023 (BUGA23) in Mannheim (D) war ein Best-Practice-Beispiel für nachhaltige Mobilität. Das…

Weiterlesen
Foto: HTI Unternehmensgruppe

Die Südtiroler Unternehmensgruppe HTI baut ihre Tätigkeiten in Nordamerika mit der Eröffnung eines neuen Produktionszentrums in Utah deutlich aus.…

Weiterlesen
Foto: Saastal Bergbahnen AG/Nicolas Bodenmüller

Mit der Standseilbahn "Metro Alpin" und der Kabinenbahn Hannig wurden im Juni zwei Modernisierungsprojekte in Saas-Fee (CH) abgeschlossen.

Weiterlesen
Rendering: Doppelmayr-Gruppe

Moderne 8er-Kabinenbahn für eine der bekanntesten und historisch bedeutendsten Tourismusdestinationen Malaysias.

Weiterlesen
Foto: Beste Österreichische Sommer-Bergbahnen

Die Bergbahnen Dachstein Salzkammergut luden mehr als 90 Kollegen in die Region "Kulturhauptstadt Europas 2024", um über Chancen und Herausforderungen…

Weiterlesen
Foto: Kässbohrer

Kässbohrer Italia S.r.l., italienischen Tochtergesellschaft der Kässbohrer Geländefahrzeug AG, hat mit dem Südtiroler Andreas Gozzi seit dem 15. Juni…

Weiterlesen
Foto: Seilbahnen Schweiz

Auf dem Mont-Fort bei Siviez in Nendaz feierten 38 neue "Seilbahnmechatroniker:innen EFZ" und drei "Seilbahner EBA" den Abschluss ihrer Ausbildung. 

Weiterlesen