Was momentan in Vietnam in Sachen Investitionen in touristische Infrastruktur vor sich geht, ist vergleichbar mit der Aufbruchstimmung Mitte des 20. Jahrhunderts im Alpen-raum. Mitten drin ist auch die Halong-Bucht im Norden des Landes, die zu den belieb-testen Touristenattraktionen in Vietnam zählt. Seit der Eröffnung am 25. Juni 2016 kön-nen nun die jährlich rund sieben Millionen Besucher dieses beliebten Ausflugsortes die «Bucht des untertauchenden Drachens» bequem mit einer Pendelbahn überqueren. Die Talstation der neuen Pendelbahn befindet sich im Bai-Chay-Quartier von Ha Long City und führt auf den Gipfel von Ba Deo Hill. Dank Schweizer Know-how ist hier die grösste Pendelbahn der Welt entstanden, die die bisherigen Dimensionen in den Schatten stellt. Auf dem Ba Deo Hill hat der gleiche Investor einen Vergnügungspark realisiert, dessen Hauptattraktion ein Riesenrad ist, das den Touristen einen weiten Blick über die Halong-Bucht ermöglicht. Auftraggeberin ist die Sun Group, welche in den letzten Jahren mas-siv in verschiedenste Tourismusprojekte investiert hat und darauf achtet, dass diese nach internationalen Standards realisiert werden. Die Doppelmayr/Garaventa Gruppe hat in den vergangenen Jahren schon mehrere Seilbahnprojekte im Auftrag der Sun Group ausgeführt. Die Sun Group ist zudem Besitzerin von verschiedenen Hotels und Resorts sowie von mehreren Vergnügungsparks.
Grösser und schneller
Dass man in Vietnam in anderen Dimensionen denkt, war auch für Garaventa eine neue Erfahrung. Beispiel eins: Seilbahnstützen. Auf jeder Seite der Bucht wurde je eine Be-tonstütze erstellt. Bei jener Stütze mit einer Höhe von 123,45 Metern handelt es sich um die kleinere der beiden Stützen. Die zweite Stütze weist eine Höhe von 188,88 Metern auf. Zum einen wurde weltweit noch nie eine so hohe Stütze für eine Pendelbahn ge-baut, zum andern hat diese Höhe auch Symbolcharakter. Denn in Vietnam gilt die Ziffer Acht als Glückszahl. Das Spannfeld zwischen den beiden Stützen beträgt 1206 Meter, die Gesamtlänge der Anlage 2165 Meter. Beispiel zwei: Kabinen. Die von CWA gebau-ten zweistöckigen Kabinen bieten Platz für je 230 Personen. Beispiel drei: Bauzeit. Auch diese ist rekordverdächtig. Vom ersten Kontakt zwischen den Auftraggebern und Garaventa bis zur Eröffnung im Juni 2016 sind gerade mal 19 Monate vergangen, das ganze Bewilligungsverfahren inklusive. Die Anlage erfüllt sämtliche geltenden europäi-schen Richtlinien und Normen (CEN-Normen) für den Bau von Seilbahnen.
Schweizer Know-how
Garaventa lieferte für dieses Mammutprojekt den kompletten elektromechanischen Teil der Bahn. Bis auf die von Doppelmayr gelieferte Steuerung, wurden alle anderen Kom-ponenten in der Schweiz hergestellt. Antrieb, Laufwerke, Gehänge, Seilführungen, Spanngewichte, Stützenköpfe, Kabinen, die von Fatzer hergestellten Seile sowie die für den Seilzug notwendigen Zugmaschinen ergaben ein Gesamtgewicht von über 1000 Tonnen Material, das nach Vietnam verschifft wurde. Eine besondere Herausforderung war der Seilzug: Da die Halong-Bucht für den Gütertransport mit grossen Lastschiffen eine zentrale Rolle spielt, musste der ganze Seilzug 50 Meter über dem Meeresspiegel erfolgen. Zum Einsatz kamen dabei unter anderem eine Seilzugmaschine mit einer Zugkraft von 65 Tonnen und eine Bremsmaschine mit einer Bremskraft von über 60 Tonnen. Der ganze Seilzug wurde von den Garaventa-Spezialisten ausgeführt. Für die übrigen Montagearbeiten war ein Chefmonteur aus der Schweiz vor Ort. Zusammen mit bis zu 15 Monteuren aus der Region sorgte er dafür, dass die grösste Pendelbahn der Welt auf den vereinbarten Zeitpunkt hin an die Betreiberin übergeben werden konnte.