Die Menschen vor Ort profitieren zweifelsohne davon; sie könnten nun alles auf die Karte „Tourismus“ setzen. Doch das Risikomanagement erfordert gerade in unsicheren Zeiten, dass nicht nur auf eine einzige ökonomische Strategie gebaut wird. Die Alpen sind großartig und vielfältig; sie bieten das Potenzial für vielerlei Entwicklungen.
Das Kapital für ein solch vielfältiges Wirtschaften ist vorhanden: Es sind die AlpenbewohnerInnen selbst. Die Menschen und insbesondere die Jugendlichen gehören zu den wichtigsten „Ressourcen“ der alpinen Gesellschaft. Mit ihrem Wissen und ihrer Kreativität erproben sie gemeinsam neue Wege. Jede Region, jedes Tal, jeder Ort ist auf Innovationen angewiesen. Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA fordert und fördert solche Entwicklungen. Denn die Erfahrung zeigt: Regionen in den Alpen sind dann längerfristig erfolgreich, wenn sie ihre Bemühungen nicht auf den Tourismus allein setzen, sondern mit Kreativität und Selbstbewusstsein weitere Standbeine entwickeln. Dafür ist es wichtig, Andersdenkenden – wie etwa Jugendlichen, Querdenkern, Fremden – Raum für die Entwicklung eigener Sichtweisen zu bieten. Kombiniert mit den Erfahrungen der Älteren oder Ortsansässigen, die ihre Region und Tradition kennen, gelingt die Gestaltung einer enkeltauglichen und naturverträglichen Zukunft in den Alpen.
Wenn eine Gemeinde oder Region „Biotope“ für eine neue und nachhaltige Entwicklung schafft, bleibt sie attraktiv für kreative, unternehmensfreudige junge Menschen und Familien oder zieht diese erst an. Zum „Biotop“ gehören offene, demokratische Prozesse, Aus- und Weiterbildung für Jung und Alt, Raum für Kreativität und ökonomische Alternativen.
Die CIPRA und ihre rund 100 Mitgliedsorganisationen gehören zu den „Andersdenkenden“. Sie machen aufmerksam auf die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, mit denen die Alpen konfrontiert sind. Gleichzeitig unterstützt die CIPRA mit ihrer Sensibilisierungs- und Entwicklungsarbeit Orte und Menschen in den Alpen, die sich für neue Wege öffnen. Insbesondere arbeitet die CIPRA mit Gemeinden und Städten zusammen, die sich aufgemacht haben in eine nachhaltige Zukunft. Nicht zuletzt möchten wir vor allem auch jungen Menschen eine Stimme geben und uns dafür einsetzen, dass sie in die Alpen- und Lokalpolitik eingebunden werden.
Niemand kann die Zukunft lesen, und es gibt keine pauschalen Lösungen – gerade in den vielfältigen Alpen nicht. Den Weg in eine nachhaltige Zukunft zu finden, in welcher der Mensch seinen ihm zustehenden Platz einnimmt, ist ein steter „Trial & Error“-Prozess mit vielen Weggabelungen. Wer heute Nährboden bietet für vielerlei Ansätze, lässt Ideen gedeihen, die uns morgen den Weg weisen.
Claire Simon
Geschäftsführerin CIPRA International