Was wäre der Winter ohne Schnee? Ob glitzernde Winterlandschaft, polare Eiswüste oder verlockende Skipiste – in vielerlei Gestalt zieht Schnee die Menschen an. Und birgt zugleich Gefahren. Etwa wenn sich eine Lawine löst und alles zerstörend zu Tal donnert. Es ist vielleicht genau dieser Gegensatz von Schönheit und Bedrohung, der einen guten Teil der Faszination des Schnees ausmacht. Schnee bedeutet aber viel mehr als das. Ohne Schnee auch kein Wasserspeicher, keine Unterlage für stiebende Pulverschneeabfahrten, keine Wärmeisolation für Permafrost, kein Schutz für Fauna und Flora, keine kühlende Rückkoppelung zur Atmosphäre. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen und macht deutlich, welch wichtige Rolle die Schneedecke für den Menschen, für das Klima und die Umwelt spielt.
Die Themenvielfalt im neu erschienen Buch des SLF rund um den Schnee ist beeindruckend: Schnee als Material. Die Schneedecke. Schnee als Bedrohung. Schnee als Ressource. Schnee als Lebensraum. Schnee und Klima.
Schnee ist nicht nur Ästhetik oder Gefahr. Schnee ist auch ein Geschäft, Existenzen! Für die meisten Alpenländer steuert der Wintertourismus einen unverzichtbaren Teil ihres Einkommens bei. Schwächelt Frau Holle, helfen vielerorts Schneekanonen nach. Auch die Wasserkraft und somit die Energiewirtschaft profitiert von den großen, im Schnee gespeicherten Wassermassen. Schnee ist eine wichtige Ressource für den Wintersport. Da die Natur ihn nicht immer dann liefert, wenn er gefragt ist, wird oft nachgeholfen. Am 23. November 1978, also vor 35 Jahren, schneiten wir in Savognin mit der damals größten Schneeanlage Europas das erste Mal. Bei uns hieß es „Savognin schneit für Sie“. Etliche Schweizer Wintersportstationen haben dann mit Plakaten geworben „Wir haben genug Naturschnee – wir brauchen keine Schneekanonen“. Verschiedene Winterdestinationen aus Österreich, Italien, Frankreich, Deutschland und Skandinavien besuchten uns im Winter 1978/79 in Savognin und projektierten umgehend eigene Schneeanlagen. Ja, das waren noch Zeiten! Heute setzen die meisten Wintersportorte Beschneiungsanlagen ein und produzieren technischen Schnee.
Heute werden in der Schweiz rund 38 % der Pisten beschneit, in Österreich etwa 70 % und in Südtirol über 90 %. Der technische Schnee gilt heute längst als Qualitätsstandard für gute Pisten von Saisonanfang bis Saisonende. Zudem eignet sich der selbstgemachte Schnee für den Pistenbau besser als der Naturschnee. Technischer Schnee muss kaum verdichtet werden, während Pistenmaschinen den Naturschnee ausgiebig bearbeiten müssen. Meine These: Selbstgemachter Schnee kostet zwar einiges, ist aber der beste (Natur-)Schnee.
In Graubünden lebt jeder/jede Zweite direkt und indirekt vom Tourismus und das zu zwei Drittel vom Winter! In Tirol dürfte dies kaum anders sein. Und was immer wieder klar und deutlich betont werden muss: Nur 0,7 % der Fläche des Kantons Graubünden wird für die Pistenpflege beansprucht. In Tirol sind es nur 0,6 % der Landesfläche. Diese marginale Flächenbeanspruchung hat aber entscheidende existenzielle Bedeutung für die Gebirgsregionen. Das ist umweltschonend und nachhaltig, insbesondere im Vergleich zur existenziellen Bedeutung für die Bevölkerung in den Rand- und Gebirgsregionen. Und dafür braucht es nun wirklich keine Alpenschutzkonvention. Das Verhinderungsgebilde CIPRA ist überflüssig.
Leo Jeker, Kantonsrat und alt Standespräsident, Graubünden