Insgesamt nahmen zirka 89 Teilnehmer an diesem Digital China Talk teil. Durch das Programm führte Business Developer Madeleine Tang, als Referenten fungierten der China-Experte Hermann Winkler (CEO und Gründer der Tiroler Beratungs- und Service-Agentur Snow-How China, Mitbegründer von Snow51) sowie Thomas Faulhaber, Head of Business Development und Gesellschafter der Zeevan GmbH, einer eBusiness-Agentur für den chinesischen Online-Markt.
Von offizieller Seite her heißt es in China, dass die Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking nach Plan laufen. Man gehe aktuell davon aus, dass die Corona-Pandemie bis zum Start überstanden sei und lange Quarantänemaßnahmen für die Sportler und Gäste nicht erforderlich sein werden, heißt es. Obwohl China keine traditionelle Wintersport-Nation ist, möchte die Regierung bis 2022 300 Millionen Chinesen zum Wintersport bringen – wie realistisch ist dieses Ziel? Dazu erklärte Hermann Winkler: „Eines gleich vorweg, die 300 Millionen sind für den Wintersport reklamiert, dazu gehören nicht nur das Skifahren oder Snowboarden, sondern auch Eishockey, Eislauf etc. Betrachten wir das Thema Skifahren isoliert, dann lässt sich die Entwicklung an der Anzahl der Skier Days (= Ersteintritte eines Gastes ins Skigebiet, Anm. d. Red.) messen. Beispielsweise lagen diese vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich, Frankreich oder in den USA bei 50 bis 55 Millionen Skier Days pro Wintersaison. Ich gehe davon aus, dass China weltweit die Skination Nr. 1 werden wird. Dabei werden die Ersteintritte bei 60 Millionen liegen, mit den anderen Wintersportarten kommt man dann auf die von der chinesischen Regierung angestrebte Anzahl von 300 Millionen Wintersportlern.“ In diesem Zusammenhang betonte Winkler, dass die erste Erfahrung der chinesischen Bevölkerung mit dem Skisport positiv sein sollte, „aber unglücklicherweise hat sich gezeigt, dass 99 % der chinesischen Skifahrer eine sehr schlechte Ersterfahrung gemacht haben. Das lag einerseits an völlig überzogenen Erwartungen und andererseits an einer langen Anreise, an ungeeigneten Skilehrern und fehlendem eigenen Können. Wir wollen aber, dass diese Ersterfahrung sehr gut ist. Aus diesem Grund betreiben wir mit unserem Partnerunternehmen Snow51 in Shanghai in mehreren Shopping-Malls Indoor-Teppich-Skianlagen, wo die Chinesen das Skifahren auf synthetischem Untergrund erlernen können. Wenn die Anfänger gut genug sind, dann wechseln sie auf die echten Pisten in den chinesischen Skigebieten.“ Gerade der Mangel an kompetenten Skilehrern ist in China noch immer ein sehr großes Thema. Um dem Abhilfe zu schaffen, wurde im Vorjahr ein innovatives Projekt ins Leben gerufen: „Basierend auf dem österreichischen Ausbildungsplan für Skilehrer, wurde ein Lehrplan entwickelt, der exakt auf die chinesischen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Unser Ziel ist es auch, dass damit diese Skilehrer starke Botschafter für Österreich und somit für den nächsten Skiurlaub in Österreich werden“, informierte Winkler.
Inzwischen gäbe es in China in den Städten eine finanziell starke Mittelschicht, die immer größer werde. Man gehe weg von materiellen Statussymbolen wie einem teuren Auto und hin zu besonderen Reisen und Erlebnissen. So sei für einen Chinesen das Skifahren ein Statussymbol. „Es ist in China ‚das neue Golf‘“, so Winkler.
Individualtouristen auf dem Vormarsch
Der China-Marketingspezialist Thomas Faulhaber erläuterte in diesem Zusammenhang, dass die chinesische Mittelschicht aus wohlhabenden Individualtouristen besteht, die in den Alpen Skiurlaub machen möchten. „Der Individualtourist unterscheidet sich stark vom klassischen, chinesischen Bustouristen, der bislang die europäischen Großstädte gestürmt hat. Wenn man sich auf den chinesischen Individualtouristen einstellt, dann ist er ein dankbarer und unkomplizierter Gast. Wichtig sind dabei vor allem die kulturspezifischen Kleinigkeiten, die man beachten muss. So erwartet sich jeder Chinese auf dem Hotelzimmer einen Wasserkocher und nützt bevorzugt mobile Bezahlmethoden. Dabei spielt das Smartphone eine ganz große Rolle, z. B. Ticketkauf per WeChat-Pay.“ (WeChat war ursprünglich ein Chat-Dienst für Smartphones, der inzwischen über sehr viele weitere Funktionen verfügt und in China nicht mehr wegzudenken ist, Anm. d. Red.)