Die Zugspitze ist mit 2.962 m der höchste Berg der Bundesrepublik Deutschland und hat schon immer die Menschen fasziniert. So erzählt eine Sage vom Zugspitzgeist in Gestalt eines adlerähnlichen Vogels, der alle fürwitzigen Leut’ verscheucht, die das „Springkraut“ von der höchsten Stelle des Berges holen wollen. Im Süden des sagenumwobenen Berges befindet sich auf der österreichischen Seite das Tiroler Dorf Ehrwald zu Füßen der Zugspitze, im Norden liegt Garmisch-Partenkirchen im Freistaat Bayern.
Die Initiative der Eroberung der Zugspitze durch den Menschen ging 1820 mit der Erstbesteigung durch Josef Naus von Bayern aus. Seit der Jahrhundertwende wurde die bahntechnische Erschließung des Zugspitzgipfels sowohl von österreichischer als auch von bayerischer Seite geplant.1) Diesen „Wettlauf“ gewann Österreich, was vor allem der Schaffenskraft von Rechtsanwalt Dr. Hermann Stern aus Reutte und einigen Mitstreitern zu verdanken ist. Stern sah in einer Seilbahn auf die Zugspitze die Möglichkeit, die Wirtschaft und den Tourismus im Bezirk Reutte zu fördern. Die technische Ausarbeitung des Projekts übernahm der Bauunternehmer Ing. Ferdinand Kleiner. Mit dem Geheimen Kommerzialrat Ing. Richard Opitz, einem Großunternehmer aus Berlin, hatte man auch einen Investor gefunden.
Die Kosten wurden damals mit 1,5 Mio. Schilling (ca. 110.000 Euro) veranschlagt. Nach unzähligen Begehungen durch Ing. Kleiner war endlich die ideale Streckenführung der Seilbahn gefunden: Sie sollte von Obermoos bei Ehrwald (ca. 1.200 m ü. M.) neben den Ehrwalder Köpfen und an der Wiener-Neustädter-Hütte vorbei bis unterhalb des Westgipfels der Zugspitze führen.
Am Westhang des Wettersteinkammes auf 2.805 m ü. M. fand man das ideale Gelände für die Errichtung einer Bergstation. Aufgrund der sehr anspruchsvollen Topographie benötigte man für den Seilbahnbau versierte und erfahrene Experten. Aus diesem Grund entschied man sich für das seit 50 Jahren im Bau von Drahtseilbahnen führende Unternehmen Adolf Bleichert & Co und erteilte der Firma im November 1924 den Auftrag zur Errichtung der Seilbahn auf die Zugspitze.
1924 – 1926: Bau der ersten Seilbahn Tirols
Mit dem Baustart der Aufstiegsanlage 1924 in diesem schwierigen, steilen, zerklüfteten Gelände waren die Verantwortlichen vor viele Herausforderungen gestellt. Eine davon war die Aufstellung der Stützen. Um die Baustoffe zu den schwer zugänglichen Standorten der Stützen und der Bergstation transportieren zu können, wurde direkt neben der eigentlichen Trasse eine Materialseilbahn errichtet. Als technisches System für die neue Seilbahn auf die Zugspitze kam das „System Bleichert-Zuegg“ zum Einsatz. Insbesondere die Herstellung, Anlieferung und der Seilzug des Tragseils zählen zu den logistischen Meisterleistungen beim Bau der ersten Seilbahn Tirols. Das Tragseil mit einem Durchmesser von 48 mm bestand aus 133 Einzeldrähten, das Gewicht des Tragseils lag bei ca. 35 t. Der Antrieb (Siemens-Schuckert) der Seilbahn erfolgte durch Gleichstrommotoren. Aufgrund der extremen Wetterbedingungen wurde er als Novum in der Talstation untergebracht.
1926: Die Österreichische Zugspitzbahn
Am 5. Juli 1926 wurde die Österreichische Zugspitzbahn als erste der auf die Zugspitze führenden Bahnen in Ehrwald feierlich eröffnet. Sie war für diese Zeit eine technische Meisterleistung. Die Pendelbahn war mit zwei Fahrzeugen für 20 Personen ausgestattet und beförderte die Passagiere von der Talstation Ehrwald-Obermoos in einer Fahrzeit von 18 Minuten hinauf zur Bergstation unterhalb des Zugspitzkamms auf 2.805 m ü. M. Damit war der Gipfel (2.962 m ü. M.) von österreichischer Seite aus nur zu Fuß durch eine abenteuerliche Gratwanderung von der Kammstation aus erreichbar. Seit 1929 behalf man sich von deutscher Seite aus mit einem 700 m langen Tunnel, der von der Kammstation auf das Zugspitzplatt verlief. An die Bergstation wurde das „Kammhotel“ angebaut.
Die erste Seilbahn Tirols auf die Zugspitze war von Beginn an eine Attraktion. Im ersten vollen Betriebsjahr 1927 zählte man 128.960 Besucher. Dieser Rekord sollte erst wieder 1953 (164.713 Gäste) übertroffen werden. Denn bald zogen dunkle Wolken auf, und man geriet in eine finanzielle Schieflage. Nicht zuletzt auch durch die Gesamtbaukosten der Österreichischen Zugspitzbahn, die sich auf 7 Mio. Schilling (ca. 510.000 Euro) beliefen.
1937 waren die Besitzer der Österreichischen Zugspitzbahn gezwungen, ihre Aktien an die Bayerische Zugspitzbahn AG zu verkaufen. Das war das Jahr vor der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich. Nach Zerstörungen im zweiten Weltkrieg (Angriff der Tal- und Bergstation durch amerikanische Jagdbomber) konnte bereits am 1. Juni 1945 wieder der Bahnbetrieb aufgenommen werden. Nach dem Krieg und Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages (1955) kam die Seilbahn als „deutsches Eigentum“ in österreichische Verwaltung und war ab 1958 mit der Gründung der Tiroler Zugspitzbahn AG mit Sitz in Ehrwald mehrheitlich im Besitz des Landes Tirol (51 %). 1960 wurde im „Gamskar“ eine Mittelstation eröffnet („Stütze IV“), die eine Skiabfahrt nach Ehrwald ermöglichte. Ende September 1962 wurde das Kammhotel durch einen Brand zerstört.
1964: Eröffnung der Zugspitzgipfelbahn
Nach großzügigen Sanierungsmaßnahmen der bestehenden Bahn wurde der Zugspitzgipfel durch eine weitere Seilschwebebahn erschlossen. Sie führte von der Kammstation hinauf zum Gipfel und wurde am 15. Mai 1964 offiziell in Betrieb genommen. Abgesehen von der Bergstation beherbergte das neue Gebäude auch ein Hotel mit Panoramarestaurant, das im September 1965 eröffnet wurde. Durch die Verbindung von der Kamm- zur Gipfelstation ist das Jahr 1964 ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Zugspitzbahn.
Durch das Land Tirol wurde die Bahn 1988 unter der Bedingung, diese neu zu bauen, privatisiert. Unter den verschiedenen Angeboten wurde der Kauf mit der Zillertaler Gletscherbahn GmbH & Co. KG unter der Führung von Kommerzialrat Franz Dengg und seinem Sohn Horst 1988 abgeschlossen. Mit großem Elan ging die Familie Dengg noch im Herbst 1988 an die Realisierung der neuen Zugspitzbahn. Im Juni 1989 begann man mit den Bauarbeiten für die neue Seilbahn auf die Zugspitze. Dabei vertraute man auf die Kompetenz von Waagner-Biro.
Als Bauzeit war ein Jahr veranschlagt. Aber aufgrund der schwierigen Gründung von Stützenfundamenten und auch wegen Mängel bei den Seilzuggeräten verzögerte sich die Fertigstellung um 13 Monate.
1991: Die neue Tiroler Zugspitzbahn
Die neue Tiroler Zugspitzbahn gilt als Wunderwerk der Seilbahntechnik. Sie wurde als Pendelbahn mit zwei Großraumkabinen (je 100 + 1 Personen) konzipiert und fährt nicht auf der alten Seilbahntrasse. Während man bislang zwischen Ehrwald und der Bergstation zweimal umsteigen musste (bei der „Mittelstation“ im Gamskar, Stütze IV, sowie am Zugspitzkamm), führte die Bahn jetzt direkt auf den Gipfel der Zugspitze. Die Gesamtstrecke zwischen Talstation (1.225 m ü. M.) und Gipfelhaus (2.950 m ü. M.) beläuft sich auf 3,6 km.
Dabei wird ein Höhenunterschied von 1.725 m überwunden. Das Tragseil ist über nur drei Stützen gespannt. Die Förderleistung beträgt bei einer Kabinengröße von 100 + 1 Personen und einer Fahrzeit von zehn Minuten 730 Personen pro Stunde und Richtung. Die schnellste Fahrzeit von 7,2 Minuten macht zirka ein Drittel der Fahrzeit der alten Zugspitzbahn aus.
Das Doppeltragseilsystem sorgt für hohe Stabilität gegenüber Seitenwind. Die Pendelbahn-Fahrzeuge „schweben“ bergwärts, und durch die großzügige Verglasung erhält der Passagier während der Fahrt einen faszinierenden Panoramablick. Das schlug sich auch ab der Inbetriebnahme am 10. Juli 1991 positiv auf die Frequenzen nieder. Generell verlief die Entwicklung der Tiroler Zugspitzbahn sehr positiv, bis zum Jahr 2003.
2003: Modernisierung nach Brand
Am 6. Februar 2003 brannte die Talstation der neuen Tiroler Zugspitzbahn wegen eines Heizungsdefekts ab. Außerdem wurden bei dem Brand auch das Trag- und Zugseil zerstört. Sofort nach den Aufräumungsarbeiten begann man mit dem Wiederaufbau der Pendelbahn durch die Doppelmayr/Garaventa-Gruppe. Die Talstation wurde neu errichtet, teilweise wurden an den Stützen Veränderungen durchgeführt, und auch in der Bergstation wurden Kleinigkeiten verändert. Nach nur sechs Monaten Bauzeit konnte die Tiroler Zugspitzbahn am 14. August 2003 wieder ihren Betrieb aufnehmen. Dabei wurde die Fahrzeit auf 7,2 Minuten verkürzt, die Beförderungsleistung von 730 Personen pro Stunden und Richtung aber beibehalten.
1) Weiterführende Literatur: Zillertaler Gletscherbahn GmbH & Co.KG (Hrsg.), 2006: Wunder der Technik. Tiroler Zugspitzbahn. Die Geschichte der ersten Seilbahn Tirols. Landeck: Zillertaler Gletscherbahn GmbH & Co.KG.