Erste Ideen
Ideen zur Erschließung des 1.220 m hohen Schauinslands gab es schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Etwa um 1908 wurde nach dem damaligen Stand der Technik eine Bahn mit gemischtem Adhäsions- und Zahnradbetrieb überlegt, die aber wegen der hohen Baukosten und auch wegen Bedenken in „forstästhetischer“ Hinsicht abgelehnt wurde. Im Jahr 1909 wurde vom Prof. Dr.-Ing. Georg Benoit von der Technischen Hochschule in Karlsruhe die erste Projektskizze einer „Seilschwebebahn“ in Form einer Pendelbahn mit Zwischenstation vorgelegt.
Aber erst nachdem die Stadt Freiburg die Idee der Schauinslandbahn im Jahr 1925 wieder aufgegriffen hatte, wurde neuerlich nach einem geeigneten Bahnsystem gesucht. Da für die Streckenlänge von 3.600 m die gewünschte Förderleistung von 300 P/h&R mit einer klassischen Pendelbahn mit der damals möglichen Höchstgeschwindigkeit von 5,0 m/s und dem Wagenfassungsraum von bis zu 30 Personen auch mit Vierwagen-Betrieb unerreichbar war, legte im Jahr 1927 Prof. Benoit der Behörde den Plan einer „Seilschwebebahn im Umlaufprinzip“ vor. Im Dezember 1928 wurde die Schauinslandbahn-Aktiengesellschaft gegründet.
Erwägungen der Behörde
Das Grundproblem der behördlichen Bewilligung für eine Personenseilbahn nach dem Umlaufprinzip war die Sorge um die Zuverlässigkeit der kuppelbaren Verbindung der Wagen mit den laufenden Zugseilen. Die bisher bekannten Materialseilbahnen mit ihren betrieblich lösbaren Klemmen galten für Personentransport als wenig zuverlässig und mit ihren maximal 2,0 m/s für die 3.600 m lange Bahn – Fahrzeit eine halbe Stunde – auch zu langsam.
Weltweit erste Personen-Umlaufseilbahn
Von Prof. Benoit entworfen und von der Seilbahnbaufirma Ernst Heckel, Saarbrücken, gebaut wurde schließlich eine Großkabinen-Umlaufbahn mit intermittierendem Betrieb und mit einem Trag- und zwei Zugseilen pro Fahrbahn. Ge- und entkuppelt wurden die Wagen mit 22 Personen Fassungsraum im Stillstand, in jedem Wagen fuhr ein Wagenbegleiter mit. Die Bahn verfügte über zehn Personenkabinen, für die Wartung und den Materialtransport gab es einen Spezialwagen. Gleichzeitig konnten bis zu acht Kabinen auf der Strecke fahren, vier in einer Fahrtrichtung, wobei höchstens eine Kabine asymmetrisch, das heißt ohne Gegenwagen fahren durfte. Die restlichen zwei Kabinen wurden in der Zeit bis zur Ankunft der nächsten Kabine in den Stationen entkuppelt von den Zugseilen zum Ein- und Ausstieg der Fahrgäste genutzt. In schwachen Betriebszeiten konnte natürlich mit weniger Kabinen gefahren werden.
Die speziell für diese Bahn entwickelten Kuppelklemmen mit Spiralfedern konnten nur bei Stillstand der Zugseile ge- und entkuppelt werden. Es gab zwei Klemmen pro Wagen, für jedes Zugseil eine. Beim Wagenstillstand in der Kuppelstelle liefen die Zugseile unter den Klemmbacken und wurden erst für den Kuppelvorgang mit einem pneumatisch betätigten Hebel in die offenen Klemmbacken der Kuppelklemmen hochgehoben. Analog verlief auch die Entkupplung. Die Laufwerke hatten acht Laufrollen.
In den Endstationen wurden die Wagen per Hand auf zwei parallelen Hängeschienen um 180° in die Gegenrichtung geschoben, bei schwachem Betrieb oder Stillstand der Bahn wurden hier die Wagen auch garagiert. So ähnelten die Stationen mehr einer Straßenbahn-Umkehrschleife als einer Seilbahnstation.
Da in den 30er Jahren weder die Herstellung eines 50-mm-Tragseiles mit einer Länge von 3.600 m, noch der Transport eines derartigen Seiles auf den Berg möglich war, wurde in Trassenmitte eine Mittelstation gebaut, wo die Tragseile getrennt wurden. Die Wagen fuhren durch die Mittelstation auf Fahrschienen, die Tragseile wurden hier mittels Spannseilen zu den Spanngewichten umgelenkt. Man konnte hier auch zu- oder aussteigen.
Trotz der aus Sicherheitsgründen vorgeschriebenen zwei Zugseile wurde jedes Laufwerk noch mit zwei auf das Tragseil wirkenden Keilbackenbremsen versehen, die aber nur vom Wagenbegleiter betätigt werden konnten. Klassische Tragseil-Fangbremsen konnte man unter anderem wegen der nötigen Kurvengängigkeit der Laufwerke nicht einsetzen.
Entlang der Trasse gibt es sieben Stützen (die höchste misst 37,5 m), ein Kuppengerüst vor der Bergstation und die Stahlkonstruktion der Mittelstation mit Tragseil-Spanngewichten. Die größte Spannweite zwischen den Stützen Nr. 6 und 7 beträgt 734 m.
Der 110 kW starke Antrieb befand sich in der Bergstation, in der Talstation waren die beiden Zugseile gespannt. Die Felten & Guilleaume Carlswerk AG in Köln-Mülheim lieferte die ursprünglichen Seile, die Siemens-Schuckertwerke Berlin lieferten und montierten die erste elektrische Ausrüstung.
Eröffnung 1930 und die ersten Betriebsjahre
Nach der etwa einjährigen Bauzeit wurde die Schauinslandbahn am 17. Juli 1930 eröffnet. Sie erfreute sich von Anfang an großer Beliebtheit und wurde von den zuerst skeptischen Freiburgern gut angenommen. Für den beginnenden Tourismus in Freiburg gilt die Bahn als erstklassige Attraktion, kommt aber auch am Berg ansässigen Einwohnern als Nahverkehrsmittel zugute. Erstaunlicherweise stiegen die Fahrgastzahlen erst während des Krieges auf jährlich 240.000, obwohl in den Jahren 1944 und 1945 wegen der permanenten Fliegerbedrohung nur nachts gefahren werden konnte. Gerade in dieser Zeit kam der Schauinslandbahn eine wichtige Aufgabe zu. Sie musste unter anderem die auf dem Berg eingerichteten Lazarette versorgen.
Zwillingsanlagen in Venezuela
Die Herstellerfirma Ernst Heckel hat nach dem Muster der Schauinslandbahn in den Jahren 1955 und 1956 in Venezuela insgesamt vier Teilstrecken von kuppelbaren Großkabinen-Umlaufbahnen in Caracas von Maripérez über den Berggipfel Avila bis zur Meeresküste am El Cojo in einer Gesamtlänge von 11 km gebaut. Diese Bahnen standen bis Ende der 70er Jahre in Betrieb und erst im Jahr 2000 wurde anstelle der ersten Teilstrecke Maripérez – Monte Avila eine 8er-Kabinenbahn von Doppelmayr errichtet. Nach der Übernahme dieser Bahn durch den Staat im Jahr 2007 wurde sie als Teleférico Warairarepano nach dem früheren einheimischen Namen der Bergkette neu benannt.
Betrieb in den 50er bis 80er Jahren
In den Nachkriegszeiten kamen immer mehr Tagesausflügler und Erholungssuchende zur Schauinslandbahn, die Bahn wurde zur „Sommerfrische“ ebenso wie im Winter durch den zunehmenden Skitourismus genutzt. Im Jahr 1957 wurde die Schauinslandbahn-Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt und bis 1969 übernahm die Stadt Freiburg alle fremden Anteile. Schließlich wurde im Jahr 1982 auf Wunsch der Stadt die Gesellschaft in die Freiburger Verkehrs AG integriert, die heute neben der Seilbahn vier Straßenbahnlinien und 21 Omnibuslinien betreibt.
Zwischen 1962 und 1965 wurde der Antrieb und die Steuerung stufenweise während mehrerer Revisionspausen von der Firma AEG modernisiert, wobei der alte Antriebsmotor durch einen 130-kW-Gleichstrommotor ersetzt wurde.
In den 80er Jahren war schon klar, dass der Zahn der Zeit an der Anlage nagte und auch die Förderleistung an starken Betriebstagen an ihre Grenzen stieß. Die Sicherheitseinrichtungen entsprachen nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und speziell die Kabinen hatten starke Rostschäden, so dass die Aufsichtsbehörde im Jahr 1986 die Verlängerung der Betriebsgenehmigung ablehnte. So kam die Entscheidung, die Anlage nach 57 Betriebsjahren umzubauen.
Der Umbau 1987 – 1988
Die schwierige Aufgabe, diese inzwischen denkmalgeschützte Seilbahn auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, die Förderleistung mäßig zu erhöhen und dabei das äußere Erscheinungsbild nicht zu verändern und möglichst viele vorhandenen Komponenten beizubehalten, war für den Auftragnehmer, die Firma PWH Anlagen und Systeme GmbH als Nachfolgerfirma von Ernst Heckel eine Herausforderung. Das Bahnsystem einer kuppelbaren Zweiseil-Umlaufbahn mit einem Trag- und zwei Zugseilen pro Fahrbahn sollte beibehalten werden.
Weiterverwendet wurden auch die Tragseile, die Zugseil-Spannvorrichtung, Seilscheibenlagerungen, Stützen, das Streckenspannwerk (ehemalige Mittelstation), Stahlkonstruktionen in den Stationen und natürlich auch die vom Freiburger Architekten Robert Mühlbach entworfenen Stationsgebäude. Die Bahn erhielt 37 neue, kleinere Kabinen mit sieben Sitz- und vier Stehplätzen, hergestellt von der Firma Gangloff nach dem Muster der alten Kabinen. Trotz kleinerer Abmessungen finden Rollstuhlfahrer oder Biker in den Kabinen genug Platz. Die neuen Laufwerke sind mit vier Kunststoffrollen und mit vier Kuppelklemmen mit Tellerfedern ausgestattet. Neu werden die nunmehr schaffnerlosen Kabinen ohne Anhalten des Antriebes ge- und entkuppelt. Im gesamten Stationsumlauf sorgen Reifenantriebe für die automatische Beförderung der Wagen. In der ehemaligen Mittelstation halten die neuen Wagen nicht mehr an, die teilweise angepasste Konstruktion der Station dient weiterhin als Gewichtsspanneinrichtung für alle vier Tragseile.
Nach einer 14-monatigen Umbauzeit wurde die neue Schauinslandbahn am 6. Dezember 1988 wiedereröffnet.
Die Fahrgastzahlen übertrafen nach dem Umbau die Erwartungen, bis im Jahr 1996 die Rekordzahl von 265.000 Fahrgästen erreicht wurde. Danach erlitten die Besucherzahlen einen Einbruch, so dass die Freiburger Verkehrs AG ein neues Marketingkonzept „Bergwelt Schauinsland“ zur Vermarktung von naturnahen Freizeiterlebnissen rund um die Seilbahn auf den Weg gebracht hat. Die Fahrgastzahlen stiegen erneut auf ca. 240.000 pro Jahr.
Die Modernisierung 2012 – 2013
Vom November 2012 bis Mai 2013, 25 Jahre nach dem Umbau, wurde die mittlerweile über 80-jährige Seilbahn umfangreich modernisiert.
Die Tragseile Nr. 3 und 4 auf der Talfahrtseite wurden durch zwei Integra-Data-Seile (Fabrikat Fatzer) mit Lichtwellenleitern ersetzt, die der Datenübertragung der neuen Bahnsteuerung dienen. Neu sind auch die beiden je 7.300 m langen Zugseile; die bestehenden Tragseile Nr. 1 (Baujahr 1996) und 2 (Baujahr 1973) wurden vorschriftsgemäß verschoben. Der 220 kW starke Gleichstrom-Antriebsmotor aus dem Jahr 1987 wurde durch einen frequenzgesteuerten 280-kW-Drehstrom-Asynchronmotor ersetzt. Umgebaut wurden auch beide Sicherheitsbremsen und die hydraulisch geregelte Betriebsbremse. Die Bremshydraulik wurde zur Erhöhung der Verfügbarkeit doppelt ausgeführt.
Die neue Bahnsteuerung ermöglicht es, den Aufenthalt der Kabine im Stillstand zum Aussteigen bis auf eineinhalb Minuten zu verlängern. Die Kabinentür wird im Ausstiegsbereich im Stillstand geöffnet und im Einstiegsbereich nach einer akustischen Meldung auch geschlossen. Eine Leuchtanzeige informiert über die Anzahl der restlichen freien Plätze in der Kabine, eine andere über die Zeit bis zur Kabinenabfahrt. Je nach Bedarf können beliebig viele Wagen ohne Betriebsunterbrechung in den Umlauf eingefügt oder dem Umlauf entnommen werden. Der Betrieb der Bahn ist mit einem Fernsteuerkoffer von einer beliebigen Kabine aus möglich.
Für die Seilbahntechnik zeichnete Garaventa und für die Elektrotechnik Frey AG Stans verantwortlich.
Für die Zukunft bestens ausgerüstet
Diese Drei-Millionen-Euro-Modernisierung bietet den Fahrgästen einen spürbar höheren Fahrkomfort durch längere Ein- und Ausstiegszeiten bei stehenden Kabinen und eine durchgehende Barrierefreiheit.
In den Sommermonaten erwärmen sich trotz Klapp- und Schiebefenstern die Kabinen auf bis zu 35° C. Um diese Situation zu verbessern, wurde im Jahr 2015 beschlossen, die Kabinen zusätzlich mit einem neuen Lüftungssystem auszustatten. Dafür entwickelte das Technik-Team der Schauinslandbahn ein solarbetriebenes Lüftungssystem mit je zwei Photovoltaik-Modulen und zwei Lüftern pro Kabine, die nun nach einem Probebetrieb an einer Kabine in alle 37 Kabinen montiert wurden. Erste Kundenrückmeldungen zeigen, dass die Fahrgäste die neuen Solarlüfter mit Begeisterung wahrgenommen haben.
Den heutigen Gästen bietet die Schauinslandbahn viel mehr als nur eine Seilbahnfahrt. An der Seilbahn werden regelmäßig Technikführungen, kulinarische Seilbahnfahrten mit direkt in der Kabine servierten leckeren Köstlichkeiten oder Rolling-Abfahrten auf Hightech-Rollern über präparierte und ausgewiesene Waldwege zur Talstation veranstaltet. Zehn Gehminuten von der Bergstation entfernt, wo früher Silber, Blei und Zink gewonnen wurde, lockt heute ein Museums-Bergwerk zum Besuch. Der 31 m hohe Schauinsland-Aussichtsturm in Holzfachwerkbauweise gewährt eine grandiose Aussicht.
Im Winter gibt es am Schauinsland ein Skigebiet mit acht Schleppliften, vier bis zu 16 km langen Langlaufloipen und sechs Winterwanderwege.
Fotos: r. gric, archiv freiburger verkehrs ag