Bahnen

50 Jahre Eibsee-Seilbahn

Vor 50 Jahren war sie ein Muster der seilbahntechnischen Meisterleistung und auch heute noch gehört sie dank ihrer kühnen Trassenführung zu den spektakulärsten Seilbahnen weltweit.

Die Pendelbahn Eibsee – Zugspitze der Bayerischen Zugspitzbahn wurde am 15. Mai 1963 eröffnet und hat seitdem in ihren beiden 44er-Kabinen knapp 10 Mio. Fahrgäste zum Zugspitzgipfel und zurück befördert.

Das direkt an der deutsch-österreichischen Staatsgrenze liegende markante Zugspitzmassiv wurde bereits anfangs des 20. Jahrhunderts zum Ziel der Bergbahnbauer. Der Ersterschließung von der Tiroler Seite im Jahr 1928 mittels der Pendelbahn Ehrwald – Zugspitzkamm, die jedoch 150 Höhenmeter unter dem Gipfel ihre Bergstation gehabt hat, folgte bald der Bau der Bergbahnkette von der bayerischen Seite aus. An die meterspurige Adhäsionsstrecke Garmisch-Partenkirchen – Grainau (Eröffnung 1929) knüpfte die Zahnradbahnstrecke Grainau – Eibsee – Schneefernerhaus mit einem 4,8 km langen Tunnel an (Eröffnung 1930). Von dort wurde im Jahr 1931 zum ersten Mal schließlich auch der 2.962 m hohe Zugspitzgipfel mit einer 732 m langen Pendelbahn erschlossen.

Eine neue Seilbahn muss her
Für den nach dem Zweiten Weltkrieg aufstrebenden Tourismus waren die Förderleistungen der Bayerischen Zugspitzbahn zu knapp, um den Ansturm auf Deutschlands höchsten Berg zu bewältigen. Die Förderleistungsverdoppelung der Tiroler Zugspitzbahn im Jahr 1960 und die Planung der Verbindungsbahn vom Kamm zum österreichischen Teil des Gipfels haben letztendlich zum Bau einer weiteren Bahnverbindung mittels einer zeitgemäßen Bahn auf der bayerischen Seite geführt – einer von Eibsee direkt zum Gipfel führenden Großkabinen-Pendelbahn mit einer äußerst mutigen Trassenführung.

Extreme Trassenführung
Die Eibsee-Seilbahn als Pendelbahn mit zwei Trag- und zwei Zugseilen pro Fahrbahn überwindet auf einer Länge von 4.453 m einen Höhenunterschied von 1.950 m, im unteren Trassenabschnitt mit zwei 65 und 85 m hohen Stützen, denen ein freies Spannfeld von 2.635 m bis zur Gipfelstation folgt. In diesem Spannfeld zwischen der Stütze Nr. 2 und der Bergstation werden fast 1.500 Höhenmeter überwunden. Der von dieser Pendelbahn in einer Teilstrecke bewältigte gesamte Höhenunterschied gilt bis heute als Weltrekord.

Die Trassenführung, die Fundierung beider Stützen und vor allem der Bau der Bergstation im brüchigen Wettersteinkalk stellten die Techniker vor erhebliche Probleme. Deswegen wurden die Tragseilpoller in der Bergstation hinter dem Bergkamm an der gegenüberliegenden Kammseite gebaut, womit die Seilkräfte besser in den Gipfelbereich abgeleitet werden konnten. Wegen der Freigängigkeit und der hierfür erforderlichen Spurweite im oberen Spannfeld wurde die Bergstation in Form zweier um 24 m versetzter Stationsgebäude mit je einem Bahnsteig pro Fahrbahn ausgeführt. Da der Bergkamm schräg zur Bahntrasse verläuft, mussten die beiden Stationsgebäude gegeneinander auch um einige Meter längsversetzt werden, was zwangsmäßig zur entsprechenden Versetzung der beiden Bahnsteige in der Talstation geführt hat.

Innovative Problemlösungen
Völlig neu an der Eibsee-Seilbahn waren die Laufwerke und zwar auf Grund von Anforderungen seitens Besteller und Aufsichtsbehörde. Eine klassische Zugseilverbindung mit Vergusskegeln kam nicht in Frage, weil dann mit Rücksicht auf die temperaturabhängigen Längungen der Seile keine horizontalen Bahnsteige hätten gebaut werden können. Deswegen mussten zwei endlos verspleißte Zugseilschleifen verwendet werden, mit denen die Laufwerke mittels Klemmen verbunden sind und die eine Verstellbarkeit der Kabinen an den Zugseilen ermöglichen. Die Aufsichtsbehörde forderte außerdem bei Riss eines Zugseiles den automatischen Abwurf des gerissenen Seiles, natürlich bei voller Funktion des zweiten Zugseiles. Darüber hinaus sind die Laufwerke auch mit Tragseil-Fangbremsen ausgerüstet, welche jedoch erst bei Versagen beider Zugseile aktiviert werden. Trotz der komplizierten Bauweise haben sich diese Laufwerke an der Eibsee-Seilbahn bewährt und stehen bis heute im Betrieb.

Der Antrieb und die Steuerung wurde im Jahr 2003 umgebaut. Der Antrieb verfügt über zwei Antriebsmotoren mit je 480 kW Leistung und zwei Antriebsscheiben (für jede Zugseilschleife eine), die mittels eines Ausgleichsgetriebes verbunden sind. Somit werden allfällig auftretende Seilspannkraftunterschiede beider Zugseilschleifen ausgeglichen. Den neuen Antrieb den Bedingungen der bestehenden Seilbahn anzupassen war eine Herausforderung für die Firma Hölzl bzw. Doppelmayr Italien.

Erfolgreicher Bauabschluss und missglückte Generalprobe
Die Bauarbeiten begannen nach der Erteilung der Konzession im Jahr 1961 durch die Hoch- und Tiefbaufirma Alfred Kunz & Co. aus München. Den seilbahntechnischen Teil lieferte die Saarbrücker Firma Ernst Heckel, die bereits an der Aiguille-du-Midi-Bahn in Chamonix im Jahr 1955 Erfahrungen mit dem Bau von Personenseilbahnen mit extremer Trassenführung gewonnen hat. Während der Bauphase der Eibsee-Seilbahn fusionierte Heckel mit weiteren deutschen Seilbahnbaufirmen zur Pohlig-Heckel-Bleichert AG.

Nach etwa zweijähriger Bauzeit war die feierliche Eröffnung der Seilbahn für den 1. Dezember 1962 geplant. Bei der ersten offiziellen Bergfahrt mit Ehrengästen kam es zu einem Zwischenfall: Ein Reporter stieß aus Versehen gegen einen Steuerschrank, in der Folge fielen alle Bremsen am Antrieb und sogar die Fangbremsen an den Tragseilen ein. Durch die plötzliche Bremsung kam es zu einem Zugseilüberschlag und erst nach zweieinhalb Stunden langsamer Fahrt kehrten sämtliche Passagiere wieder heil ins Tal zurück.

Nur wenige Tage nach diesem Ereignis warf ein heftiger Sturm die Tragseile aus den Stützenschuhen. Ursache war die übermäßige Vereisung der außer Betrieb stehenden Bahn. Die Stützenschuhe wurden zunächst mit zusätzlichen Hülsen versehen, die heutzutage durch Tragseilklemmen ersetzt sind.

Nach einer umfassenden technischen Überprüfung konnte die Eibsee-Seilbahn schließlich am 15. Mai 1963 ihren Betrieb aufnehmen und hat bis heute fast 10 Mio. Fahrgäste unfallfrei auf Deutschlands höchsten Berg befördert.

Pläne für die Zukunft
Die Förderleistung dieser einzigartigen Seilbahn von 300 P/h stößt mittlerweile an Tagen mit Hochbetrieb an ihre Grenzen und führt zu einem Platzkartensystem und zu unerwünschten Wartezeiten. Die Planungen eines Seilbahnneubaus sind deswegen bereits im Laufen; es werden technische und ökonomische Umsetzungsmöglichkeiten dieses Großprojektes geklärt.

Roman Gric

TECHNISCHE DATEN
Pendelbahn Eibsee – Zugspitze (Eibsee-Seilbahn)
mit zwei Trag- und zwei Zugseilen pro Fahrbahn

Seehöhe Talstation 1.005 m
Seehöhe Bergstation 2.955 m
Fahrbahnlänge 4.453 m
Höhenunterschied 1.950 m
Größte Bahnneigung 104 % (46,5°)
Stützenanzahl 2 (65 und 85 m hoch)
Tragseildurchmesser 46 mm
Zugseildurchmesser 29 mm
Antrieb Tal
Trag- und Zugseil-Spanneinrichtung Tal
Fahrzeuganzahl 2
Kabinenfassungsraum 44 + 1 Personen
Motorleistung 2 x 480 kW
Max. Fahrgeschwindigkeit 10,0 m/s (durchgehend)
Fahrzeit 9 min
Förderleistung 300 P/h
In Betrieb seit 15. 5. 1963

Beteiligte Firmen
Seilbahntechnik Heckel bzw. Pohlig-Heckel-Bleichert
Hoch- und Tiefbau Alfred Kunz & Co.
Kabinen Zarges
Tragseile (seit 1963 im Betrieb) Felten & Guilleaume
Zugseile (aktuell) Teufelberger

 

Von der Bergstation aus blickt man auf das überwältigende Panorama der Dolomiten. Foto: R. Gric

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