Die Geschichte
Eine Seilbahn war für die Einwohner des Grödnertales schon vor hundert Jahren kein leerer Begriff. Während des 1. Weltkrieges wurde im Jahr 1915 von der damaligen Endstation Plan Val Gardena der schmalspurigen Grödner Bahn in Richtung Grödnerjoch eine Militärseilbahn gebaut, eine von Dutzenden Seilbahnen, die damals zur Versorgung der Dolomitenfront gebaut worden sind.
Die erste „echte“ Personenseilbahn vonm Wolkenstein/Selva Val Gardena zum Dantercepies wurde im Jahr 1949 von Marcoaurelio Pasti, Großvater des heutigen Geschäftsführers der Seggiovie Dantercepies spa Giovanni Pasti, gebaut. Es war ein Einsessellift der Firma Drago mit einer Förderleistung von 180 P/h, mit seiner Länge von 2.500 m damals der längste Europas. Für die etwa 45-Minuten dauernde Fahrt wurden im Winter den Fahrgästen Decken zum Schutz von der Kälte ausgegeben.
Die erste Verbesserung dieser Umstände brachte im Jahr 1965 der Ersatz durch einen Stehkorblift der Firma Troyer mit Körben für zwei Personen.
Schon zehn Jahre später wurde zwischen Wolkenstein und Dantercepies eine kuppelbare 4er-Kabinenbahn der Firma Agudio eröffnet. Diese für die damaligen Zeiten eine sehr moderne Bahn mit einer Fahrgeschwindigkeit von 4,0 m/s erreichte eine Förderleistung von 1.200 P/h und wurde mit einem Unterflurbahnhof in der Talstation ausgerüstet. Auch das damalige Talstationsgebäude galt als innovativ und funktionell und wurde erst durch den Neubau im Jahr 2013 ersetzt. Da schon früher an der Trasse einige Bodenbewegungen beobachtet worden waren, wurden zwei der Stützenfundamente mit einer Vorrichtung zum Verschieben der Trassenstützen versehen.
Im Jahr 1985 kam es zur nächsten Modernisierung der Bahn. Mit Beibehaltung der bestehenden Stützen hat hier wieder Agudio eine 6er-Kabinenbahn mit den damals in Italien verbreiteten formschönen 6er-Kabinen im Pininfarina Design gebaut.
Der schon fünfte Umbau der Dantercepies-Seilbahn wurde im Jahre 1992 in praktisch unveränderter Trasse mit der seilbahntechnischen Ausrüstung von Leitner und unter Beibehaltung der bestehenden Stationsgebäude umgesetzt. Die orangefarbigen 6er-Kabinen von CWA brachten bis zu 2.200 P/h auf den Berg.
Ab 2013 eine neue 10er-Kabinenbahn geplant
Schon im Jahr 2009 war dem Seilbahnbetreiber klar, dass sich nach 20 Betriebsjahren der meistfrequentierten Seilbahn im Grödner Tal zum Termin der nächsten Großrevision ein Neubau der Bahn rentiert. Die Bahn ist mit ihrer strategischen Position ein wesentlicher Bestandteil des weltberühmten Skikarussells Sella Ronda und an stark frequentierten Tagen kam es trotz der Förderleistung von 2.200 P/h im engen Raum der Talstation zu unerwünschten Wartezeiten. Eine Bahn mit höherer Förderleistung, mehr Fahrkomfort und geringer Geräuschentwicklung musste her.
Zum Beginn der Wintersaison 2013/2014 wurde eine neue 10-er Kabinenbahn mit einer Förderleistung von 3.000 P/h geplant. Für den möglichst bequemen und komfortablen Einstieg wird die Talstation um 5 m verlängert und die Stationsgeschwindigkeit auf nur 0,22 m/s herabgesetzt. Dadurch gewinnen die Gäste mehr Zeit für den Einstieg. Die geräumigen Kabinen mit Panoramafenstern und Sitzbänken mit Komfortpolsterung erhöhen den Fahrkomfort und ermöglichen im Sommer die Beförderung von Mountainbikes und Kinderwagen.
Hohe Anforderungen an die Bahnarchitektur
Die neue Bahn leistet einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität der Destination Gröden. Durch die einzigartige Architektur, realisiert durch das Architekturbüro Rudolf Perathoner aus Wolkenstein, sind beide Stationen harmonisch in die Landschaft integriert. So wird die Anlage auch der direkten Nachbarschaft zum Naturpark Puez-Geisler gerecht. Das Bauvolumen wurde zum Großteil unterirdisch realisiert und die Gebäude wurden dem Gelände angepasst. Die Beachtung der technischen Erfordernisse, das Miteinbeziehen des bestehenden Sendemastes an der Bergstation und die Aussicht auf die atemberaubende Dolomitenlandschaft waren Voraussetzung für den Entwurf.
Geprägt sind die Stationen von Beton, Holz und Glas. Beton mit einer speziellen Körnung aus Dolomitgestein und seiner rauen Oberfläche wirkt sehr naturnah, die reichliche Verwendung von Holz sorgt für eine warme und wohnliche Atmosphäre und die starke Präsenz von Glas mit großen Panoramafenstern beschert viel Licht und eine perfekte Aussicht auf das UNESCO Weltnaturerbe Dolomiten. Auch die ungewöhnliche Form des Daches der Bergstation, die sich wie ein Segel öffnet und ein spektakuläres Dolomitenpanorama freigibt, unterstreicht den einzigartigen Eindruck der Bahn. Die innovative Architektur erlaubt es zudem, dass trotz der hohen Funktionalität der Grundstücksbedarf sehr gering gehalten wird.
Wie wichtig das Design für die neue Bahn ist, das unterstrich auch Geschäftsführer der Bergbahngesellschaft Giovanni Pasti: „Entscheidend für den Zuschlag für Leitner war, dass sie zu den hohen architektonischen Anforderungen die optimalen Lösungen bieten konnten.“ Die Eröffnung der neuen Dantercepies-Bahn war für den 7. Dezember 2013 geplant.
Blitzschnelle Planänderungen nach dem Erdrutsch
Am 8. April 2013, einen Tag nach Saisonabschluss, begannen an der neuen Seilbahn intensive Baurbeiten. Die neue Trasse sollte um 15 m nach Süden verlegt, parallel zur alten Trasse verlaufen.
In der Nacht vom 1. auf den 2. Mai 2013 rutschen Erdmassen – geschätzte 1.000.000 m³ – von den Hängen des kleinen Cir zu Tale und kreuzen über rund 300 m die Seilbahntrasse. Glücklicherweise war zu diesem Zeitpunkt die alte Seilbahn schon außer Betrieb und auch das Förderseil war bereits abgelegt.
Am 3. Mai 2013, kurz nach dem Erdrutsch, zog die Behörde ihre Genehmigung zur Weiterführung der Arbeiten zurück, da die vorgesehene Trasse nicht mehr als sicher galt. Am 9. Mai wurde eine Alternative ausgearbeitet: Durch eine neue Mittelstation entsteht im Grundriss der Trasse ein Knick, womit die Querung des Erdrutschgebietes vermieden wird. Die Lösung erforderte bedeutende Änderungen an den Stationen und den Bau einer völlig neuen Seilbahn.
„Das Land Südtirol hat auf diese außergewöhnliche Situation mit außergewöhnlichen Maßnahmen reagiert, innerhalb weniger Wochen insgesamt 13 Verwaltungsverfahren abgewickelt und so die Möglichkeit geschaffen, dass der Betrieb im kommenden Winter wieder aufgenommen werden kann“, erklärte Landesrat Elmar Pichler, Koordinator der Sondermaßnahmen in der Landesregierung.
Am 24. Mai genehmigte der Gemeinderat die Bauleitplanänderung mit der neuen Trasse, am 1. Juli folgte die Umweltverträglichkeitsprüfung und am 15. Juli wurde die neue Baugenehmigung erteilt. Noch am selben Tag wurden die Arbeiten zum Bau der Mittelstation und der neuen Trasse aufgenommen. Es war auch erforderlich, im bereits im Herbst 2012 errichteten Teil der neuen Bergstation den für die ursprüngliche Trassenrichtung gebauten Betonpfeiler teilweise abzubauen und dem neuen Trassenwinkel anzupassen.
Rechtzeitige Bahneröffnung
Die neue Mittelstation mit durchgehendem Betrieb der Kabinen teilt die neue Trasse in zwei unterschiedlich lange Teilstrecken (2.160 und 507 m). In der Mittelstation befinden sich auch beide Antriebe, in der Tal- und in der Bergstation sind beide Förderseilschleifen hydraulisch gespannt. Wie bei den Vorgängerbahnen sind auch bei der neuen Bahn alle 98 Kabinen beider Teilstrecken in der Talstation unterirdisch garagiert.
Trotz der wirklich turbulenten Entstehungsgeschichte ist es dank der Flexibilität und des Engagement der Bahngesellschaft, desm Planer, der Behörde und nicht zuletzt auch des Herstellers der seilbahntechnischen Ausrüstungen – der Firma Leitner ropeways – gelungen, am 15. Dezember 2013 diese wichtige Seilbahn des Skikarussells Sella Ronda zu eröffnen. Die untere Teilstrecke heißt nun Danter und die obere Cepies.
Die geräumigen 10er-Kabinen der neuen Bahn befördern im Winter bis zu 3.000 P/h und im Sommer bieten sie den Bikern, die auf der Sella Ronda unterwegs sind, viel Platz in den Kabinen. An winterlichen Spitzentagen wurden an der Seilbahn bis zu 18.000 Beförderungen registriert.