Seit einigen Jahren lässt sich in den alpinen Kernregionen der Schweiz, Deutschlands, Österreichs und Italiens die Tatsache nicht verleugnen, dass immer weniger einheimische Kinder und Jugendliche den Schneesport – vor allem Skifahren und Snowboarden – erlernen und dann letztlich auch ausüben.
Die Gründe hierfür sind vielfältig wie z. B.:
- seit Jahren starke Einbrüche bei den Wintersportwochen der Schulen durch die Konkurrenz von Sommersport-, Projekt- und Sprachwochen;
- die „Verbürokratisierung“ der Schulveranstaltungen im Allgemeinen sowie Fragen der Bereitschaft und der Haftung seitens der Lehrpersonen im Speziellen;
- die im Vergleich zu früher niedrigeren Geburtenraten bei gleichzeitig starker Zunahme in den urbanen Ballungsräumen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, deren Eltern mit dem Schneesport wenig „am Hut“ haben;
- Dazu gesellt sich nicht zuletzt der häufig unterschätzte Faktor von anderen Möglichkeiten bei der Gestaltung von Freizeit etc.
Insbesondere die Freizeitangebote im virtuellen Bereich tragen zur „Bewegungsfaulheit“ bei; sie fördern auch keineswegs die Wintersport-Aktivitäten. Immerhin haben – bei deutlich steigender Tendenz – bereits vier von fünf Kindern Zugang zu Spielkonsolen, Mobiltelefonen mit Internetverbindung u. ä. Die allgemein weit verbreitete und „veröffentlichte“ Meinung, Skifahren sei teuer, die jedoch dank unzähliger Aktionen der Seilbahnunternehmen nicht zutreffend ist, passt dazu ins Bild.
Ausgehend von Tirol vor mehr als 15 Jahren widmen sich inzwischen nahezu alle Fachgruppen der österreichischen Bundesländer und der österreichische Fachverband der Seilbahnen mit ihren diversen Partnern, aber auch die Seilbahnverbände der Schweiz und Deutschlands diesem Thema. Sie haben sich der Brisanz und Problematik angenommen und führen mit ihren Mitgliedern, den örtlichen Seilbahnunternehmungen, inzwischen zahlreiche zielgerichtete Aktivitäten durch. Die ISR hat darüber bereits mehrfach berichtet.
Seit seiner letztjährigen Mitgliederversammlung im Juni 2013 und einem dort präsentierten Grundlagen-Referat zieht jetzt der Verband der Seilbahnunternehmer Südtirols nach. Für den "Schnee von Übermorgen" forciert er ebenfalls entsprechende Schritte für den Schneesport-Nachwuchs, damit einheimische Kinder und Jugendliche wieder vermehrt auf die Pisten gelockt werden können.
Gemeinsam mit der Landesberufskammer der Skilehrer in Südtirol wurde im Herbst 2013 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, der auch der Direktor von Dolomiti Superski angehört. Ihr wurde die Aufgabe übertragen, so Präsident Siegfried Pichler vom Verband der Seilbahnunternehmer Südtirols, „gezielte Initiativen und Aktionen umzusetzen, damit Kinder und Jugendliche motiviert werden, den Schneesport auszuüben“.
Nach mehreren, intensiv geführten Diskussionen wurde für den Winter 2013/14 der 1. Südtiroler Kinderskitag "Kids Snow Day" für alle Grundschulkinder in Südtirol beschlossen und organisiert. Dank Einrichtung einer eigenen Homepage www.kidssnowday.com und Einbindung der Südtiroler Schulbehörde, welche die Ausschreibung an die Schulen weiterleitete, wurde es ermöglicht, die Anmeldungen der Grundschüler elektronisch vorzunehmen.
Am Samstag 14. Dezember 2013 konnte der Kids Snow Day, ein kostenloser Tag im Schnee, von den bereits geöffneten Südtiroler Skigebieten in Zusammenarbeit mit den jeweiligen örtlichen Skischulen mit großem Erfolg durchgeführt werden. Über 2500 (!) Kinder im Grundschulalter nutzten die Gelegenheit, kostenlos Ski oder Snowboard zu fahren. Und nicht nur die Seilbahnen waren kostenlos zu benützen. Auch die Skischulen unterstützten – dank Präsident Claudio Zorzi mit seinem Team von der Landesberufskammer der Skilehrer in Südtirol – tatkräftig die neue Initiative. Sie trafen die entsprechenden Vorbereitungen vor Ort, führten am Aktionstag kostenlose Skikurse durch und sorgten mit Spiel und Spaß für Unterhaltung. Zudem wurde die gesamte Ausrüstung, soweit notwendig, von den Skiverleihern kostenlos zur Verfügung gestellt.
Überraschung für alle: Selbst in den Hochburgen des Schneesports, wie z. B. im Grödental, war an diesem Tag oft die Hälfte der teilnehmenden Kinder erstmals in ihrem Leben auf Skiern oder auf einem Snowboard; ein überzeugender „Beweis“ für die Notwendigkeit dieser Initiative.
Stellvertretend für alle Südtiroler Skigebiete wurde der 1. Südtiroler Kinderskitag am 14. Dezember 2013 in Obereggen den politischen Entscheidungsträgern, der Öffentlichkeit und den Medien vorgestellt. Auf einer Open-Air-Bühne gab es mit Moderatorin und Skilehrerin Silvia Fontanive zahlreiche Infos für die Kinder, Begleitpersonen und Ehrengäste zum Thema Wintersport sowie Spaß und Unterhaltung mit einem Clown-Paar.
Ein Highlight waren die Kinder des Chores „Snow Kids“, die ihr dreisprachiges Lied „Auf der Piste froh und fit“, mit mehreren Strophen in Deutsch, Ladinisch sowie Italienisch höchst engagiert und unter großem Beifall präsentierten.
„Das Feuer ist gezündet, nun gilt es, die allseits positive Stimmung über den Erfolg des 1. Kids Snow Day zu nützen“, waren sich Präsident Siegfried Pichler vom Verband der Seilbahnunternehmer Südtirols, Präsident Claudio Zori von der Landesberufskammer der Skilehrer in Südtirol und Dr. Helmut Lamprecht, Projektleiter der gemeinsamen Arbeitsgruppe, einig.
Es soll nicht nur eine 2. Auflage des Kids Snow Day geben, sondern er soll an einem Tag während der Schulwoche statt an einem Samstag durchgeführt werden. Zudem seien weitere Aktionen zeitgerecht für das gemeinsame Ziel vorzubereiten, vermehrt Kinder und Jugendliche zum Schneesport und Schnee-Spaß zu bringen,. Das heißt aber auch, die zuständige Südtiroler Landespolitik und die Schulbehörden hierfür zu gewinnen, was für beide Verbände bzw. die Arbeitsgruppe wohl dem „Bohren harter Bretter“ gleichkommen dürfte.
Helmut Lamprecht