Kürzlich fand in Innsbruck eine vom ÖWAV mit den Partnern Lebensministerium, Wirtschaftskammer Österreichund Land Tirol durchgeführte Veranstaltung zum Thema „Alpenkonvention und Tourismus“ statt. Das Tagungsmotto, von vornherein Spannung und kontroverse Diskussionen mit viel Zündstoff versprechend, lockte – neben den zahlreich erschienenen einschlägigen Beamten – auch viele Vertreter der Seilbahnwirtschaft an.
Immerhin hatte der österreichische Fachverband der Seilbahnen Ing. August Kröll, Geschäftsführer der Kleinwalsertaler Bergbahn AG in Riezlern/Vorarlberg und der Fellhornbahn GmbH im bayerischen Oberstdorf, mit dem Referat „Brauchen wir die Alpenkonvention?“ ins „Feuer“ geschickt. Kröll verpackte manche Kritik zwischen die Zeilen, sprach aber offen aus, was er in der Praxis von der Alpenkonvention hält – nämlich sehr wenig. Er hat damit den anwesenden Seilbahnern aus dem Herzen gesprochen.
Zusätzliches Regelwerk
Die Alpenkonvention ist ein am 18. Dezember 2002 nach der Ratifizierung in Liechtenstein, Deutschland und Österreich – das allein sagt schon vieles – in Kraft getretener Völkerrechtsvertrag, der unmittelbar in den neun Mitgliedsländern anzuwenden ist. Sie stellt eine verbindliche Rechtsmaterie der obersten Kategorie dar und hat mit ihren diversen Protokollen – vor allem mit dem Bodenschutzprotokoll, dem Tourismusprotokoll, Naturschutz und Landschaftspflege und dem Verkehrsprotokoll – den Seilbahnunternehmen das Investieren für den Gast wesentlich erschwert.
Als ob es nicht schon genug Regelwerke wie Naturschutzgesetze, UVP, Natura 2000 etc. gäbe, die ohnedies zu einem stark überregulierten „Vorschriftendschungel“ geführt haben, brachte die Alpenkonvention ein weiteres paralleles „Verhinderungsinstrument“ mit einem umfangreichen Betätigungsfeld – letzteres nicht nur für die Behörden, sondern auch für viele Planer in privaten Umweltbüros.
„Labil-Begriff“
Schon wenige Tage nach dem Inkrafttreten der Alpenkonvention wurde damit z. B. das Projekt eines sinnvollen und seit Jahren geplanten Zusammenschlusses zweier Skigebiete im Großraum Innsbruck zu Fall gebracht, mit einem „Labil-Begriff“, der sich im deutschen Text wesentlich gravierender auswirkt als beispielsweise im italienischen oder französischen Text der Konvention. Die österreichischen Naturschutzbehörden haben sich wieder einmal als übereifrige „Muster-Vollzieher“ erwiesen, denn interessanterweise hört man weder aus Italien noch aus Frankreich etwas.
Und die Schweiz ist zwar Mitglied, hat aber die Protokolle noch gar nicht unterschrieben; sie hat ja schon immer etwas gegen unnötige „Fremdbestimmung und Zwangsbeglückung“. Die unterschiedliche Handhabung und (Nicht-)Anwendung der Alpenkonvention verzerrt in gewisser Hinsicht letztlich auch die Rahmenbedingungen der Infrastruktur im Seilbahnbereich; schließlich werden die Kosten der Genehmigungsphase durch dieseZusatzbürokratie und verschiedene, oft nicht nachvollziehbare Vorschreibungen erheblich in die Höhe getrieben.
Dr. Helmut Lamprecht