Die beiden Themenbereiche Architektur und Gastronomie am Berg waren schon im vergangenen Jahr Gegenstand lebhafter Diskussionen. Auch diesmal spitzt sich die zentrale Frage auf den Punkt zu: Wohin geht die Reise?
Als erster Vortragender sprach Dipl.-Ing. Klaus Mathoy, Gewinner des ISR Architektur Awards der ISR für das Hoadlhaus in der Axamer Lizum, zum Thema „Besondere Anforderungen an die Architektur von Bergrestaurants“.
Mathoy, Planer des preisgekrönten Restaurants Masner in Serfaus, sieht folgende Gründe für den Besuch eines Bergrestaurants: Schutz vor Kälte, Wind oder Schneefall, bei Schönwetter das Bad in der Sonne und – oft unterschätzt – die schöne Aussicht. Essen und Trinken gehören natürlich dazu, aber nicht an erster Stelle. Diese Prämissen sind bei der Planung durch entsprechend dimensionierte Mehrzweckräume zu berücksichtigen, wo bei Schönwetter die Fenster großflächig geöffnet werden können. Das konnte beim Hoadlhaus umgesetzt werden.
Mathoy sieht die Terrasse als wichtigstes Element des Skirestaurants, wo der Free-Flow mit dem Innenrestaurant sorgfältig geplant werden muss, mit kurzen und kreuzungsfreien Wege, damit Speisen nicht auskühlen und das Gehen mit Skischuhen erträglich bleibt.
Es gibt einige von rustikalen Almhüttenrestaurants, bei denen der Innenraum wegen kleiner Fenster bei Schönwetter nicht genutzt wird, weil die Verbindung zur Natur fehlt. Zu berücksichtigen ist die Windproblematik, gut gelöst beim Möseralm-Restaurant in Fiss, wo die Terrasse in den Hang eingebettet ist.
Als besonders innovative Projekte erwähnte Architekt Mathoy das Restaurant mit Schneestrand, wo wie an der Ostsee Strandkörbe vor der Witterung schützen. Beim „Fenster im Berg“ wird bei Schönwetter die Verglasung komplett im Boden versenkt und damit jeder der 1.300 Plätze voll besonnt. Mathoy zum Abschluss: “Wenn man bei der Planung die Eigenheiten von Bergrestaurants nicht beachtet, leidet darunter nicht nur der Gast, sondern auch der Umsatz des Restaurantbetreibers.
Univ.-Doz. Dr. Wittfrieda Mitterer führte als positives Beispiel für eine gelungene architektonische Lösung die Skilounge Serfaus an. Die Anordnung der Räume ergibt optimale Funktionalität, Solarkollektoren ergeben Sonnenschutz und gleichzeitig Energie. Die Verbundenheit mit der Natur zeigt sich durch begrünte Dachflächen und Verwendung von Materialien aus der Umgebung wie Holz, Naturstein und für die Innenräume Schafwollteppiche. Mitterer stellt bei der Planung ethisches Gespür, Zeitlosigkeit und Weitblick in den Vordergrund und spricht sich gegen die sogenannten Touristenhochburgen als Ableger der Stadtkultur aus. Authentizität soll weiter im Vordergrund stehen.
Besonders aufschlussreich waren die Ausführungen von Direktor Manfred Unterkirchner, verantwortlich für die Berggastronomie am Stubaier Gletscher, mit den Restaurants „Gamsgarten“ auf 2.600 m, „Eisgrat“ auf 2.900 m und der „Jochdohle“ auf 3.150 m Seehöhe, Österreichs höchstgelegenem Bergrestaurant. In den vergangenen 30 Jahren ist die Förderleistung/ der Seilbahnen am Stubaier Gletscher von 9.300 auf 35.520 P/h ausgebaut worden. Entsprechend musste das gastronomische Angebot erweitert werden. Das Restaurant „Eisgrat“ wird derzeit mit einem Investitionsvolumen ca. 10 Mio. Euro umgebaut. Ab Herbst 2010 wird den Gästen ein modernes Free-Flow-Marktrestaurant mit Verkauf auf der Terrasse, ein Gletscher-Wirtshaus mit hochwertigem Angebot und ein moderner Sportshop zur Verfügung stehen. Von den Gesamtinvestitionen in Anlagevermögen von 132 Mio. Euro entfallen 21 Mio. auf die Gastronomie. Unterkirchner erkennt im Vergleich eine bessere Umsatzentwicklung bei Bedienungsrestaurants, z. B. „Zur goldenen Gams“ wo hochwertige Sitzplätze mehr Wertschöpfung generieren.
Was erwartet der neue Gast laut Manfred Unterkirchner im Bergrestaurant?
• Konsum kombiniert mit Erholung,
• Ambiente und entspannte Atmosphäre,
• hohe Qualität der Speisen und Getränke,
• Zubereitung direkt vor dem Gast,
• Bedienung durch qualifiziertes Personal,
• hochwertige Terrassensitzplätze,
• einfache Zahlungsabwicklung (Bankomat),
• Licht und Sonne.
Dr. Helmut Lamprecht, Autor des Buches „Architektur und Seilbahnen“, moderierte anschließend die Diskussion, an der neben den Vortragenden auch Nationalrat Franz Hörl, GF des Skiliftzentrums Gerlos, und Alois Edenhauser, ETB Edinger Tourismusberatung, teilnahmen.
Statements aus der Diskussion:
Klaus Mathoy: „Vor 30 Jahren war ein modernes Bergrestaurant undenkbar, so ist es auf Grund der Größe und der Lage heute nicht mehr möglich, ein modernes SB-Restaurant im „Almhüttenstil“ umzusetzen. Auch mit den Materialien Glas und Stahl in Verbindung z. B. mit Zirbenholz kann eine warme Atmosphäre im Restaurant geschaffen werden.“
Alois Edenhauser: „Der Gast will den alpinen Stil, mit Wärme, Holz und kleinen Fenstern, das aber nur in kleinen und mittleren Einheiten umsetzbar ist. In großen Restaurants ist das nicht mehr möglich, aber mit der Größe wird die Bewirtschaftung einfacher.“
Franz Hörl: „Der Gast wünscht den bäuerlichen Stil und Gemütlichkeit. Wir brauchen uns im Alpenraum mit unseren Bergrestaurants nicht zu verstecken, wir müssen offen mit den Baumaterialien umgehen und wollen wegkommen vom gezwungenen alpinen Stil. Das Bergrestaurant hat eine wichtige Funktion im Skigebiet.“
Wittfrieda Mitterer:“ Architektur soll etwas Zeitloses schaffen, funktional und im Einklang mit der Natur.“
Manfred Unterkirchner: „Wir versuchen die Ressourcen der Bergwelt zu nutzen. Der Trend geht zur höherwertigen Gastronomie.“
Bericht: J.Schramm, Foto: ISR