Mit ihren 53.000 Einwohnern ist Biel die zehntgrößte Stadt der Schweiz und die zweitgrößte des Kantons Bern. Ihre besonderen Merkmale sind ihre Zweisprachigkeit und ihre Bedeutung als Industriestadt, insbesondere als Metropole der Uhrenindustrie (Rolex, Swatch u. a.). Und es gibt zwei traditionsreiche Standseilbahnen und ein großes, gut ausgestattetes Kongresshaus – Grund genug, die heurige VTK-Tagung in einem „flacheren“ Teil der Schweiz abzuhalten.
Eröffnung
Mit dem Zitat „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“ von Henry Ford eröffnete VTK-Präsident Peter Julen seine Eröffnungsrede und lobte damit den Innovationswillen der maßgebenden Kräfte in der Schweizer Seilbahnbranche. Es habe sich viel getan in den 20 Jahren seiner Vorstandstätigkeit, die nun zu Ende gehe. Es sei der VTK gelungen, einen wichtigen Beitrag zum Zusammenrücken von Seilbahnherstellern, -betreibern und -behörden zu leisten. Er bedankte sich bei seinen Mitarbeitern für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und wünschte der VTK für die Zukunft, dass sie ihre Tatkraft behalten und weiterhin ihren Beitrag zum Fortschritt und Erfolg der Unternehmen leisten möge.
In der am Nachmittag abgehaltenen VTK-Generalversammlung wurde Laurent Vaucher, Direktor des Seilbahnunternehmens Téléthyou, zum neuen Präsidenten der VTK gewählt.
Informationen der Aufsichtsbehörden
Reto Canale, Direktor des IKSS (Interkantonales Konkordat für Seilbahnen und Skilifte), gab zu Beginn einen Überblick über die Anlagen- und Unfallstatistik des Jahres 2010. In die Kompetenz des IKSS fielen im Berichtszeitraum 2.464 Anlagen (224 Seilbahnen, 879 Schlepplifte, 756 Kleinschlepplifte und Förderbänder, 587 Schrägaufzüge sowie 18 Rodelbahnen). Insgesamt waren im Jahr 2010 bei Unfällen auf diesen Anlagen 16 Verletzte und leider auch zwei Todesfälle zu beklagen.
Um die Bedeutung der Sorgfaltspflicht für die Anlagenbetreiber anschaulich darzustellen, zeigte Reto Canale Bilder von Bauteilen, deren Zustand augenscheinlich äußerst mangelhaft war. In betrieblicher Hinsicht ortete der Referent Mängel bei der Erfüllung der Melde- und Mitwirkungspflicht gemäß Art. 24 des Seilbahngesetzes und wies auf das IKSS-Formular „Unfall- und Ereignismeldung“ und auf die Einhaltung der Meldefristen hin.
Beim Betrieb von Schleppliften gibt es drei Bereiche, die immer wieder Probleme bereiten: das Slalomfahren der Benützer, mangelhafte Aufsicht durch das Betriebspersonal und nicht rechtzeitige Betriebseinstellung bei aufkommendem Wind.
Mangelhafte Instandhaltung (Inspektion – Wartung – Instandsetzung) ist ein Dauerbrenner in den jährlichen Referaten der Aufsichtsbehörden. Wieden zeigte Reto Canale Bilder von haarsträubenden Mängeln, z. B. die falsche Montage von Backenzahnklemmen, die einen Seilriss geradezu provozieren. Auch schlecht gespurte Rollenbatterien, mangelnde Freigängigkeit von Spanngewichten und verwahrloste Fundamente sind leider immer wieder anzutreffen.
Eine Reihe offener Fragen ergibt sich bei den Kleinschleppliften (Seilbahngesetz maßgeblich) und Förderbändern (Konkordat maßgeblich): Inverkehrbringen, Versetzen, Umbauten, Übertragung der Betriebsbewilligung und Reaktivierung stillgelegter Anlagen. In Zweifelsfällen beim IKSS nachfragen!
Will man Schlepplifte für die Beförderung von Behinderten, für das Nachtskifahren oder die Beförderung mit Alternativsportgeräten nutzen, ist nach Prüfung der Eignung der Anlage ein Zusatzvermerk in der Betriebsbewilligung erforderlich.
Mit seinem Dank für die gute Zusammenarbeit und die freundliche Aufnahme der IKSS-Mitarbeiter bei den Seilbahnunternehmen schloss Reto Canale sein Referat.
Auch Thomas Lang, Chef der Sektion Bautechnik im BAV (Bundesamt für Verkehr), eröffnete sein Referat mit der Anlagen- und Unfallstatistik. Im Jahr 2010 wurden von den 638 eidgenössischen Anlagen (55 Standseilbahnen, 121 Pendelbahnen, 107 Kabinen-Umlaufbahnen, 219 kuppelbare Sesselbahnen, 124 fixe Sesselbahnen, 4 Kombibahnen, 2 3S-Bahnen, 4 Gruppen-Kabinenbahnen, 2 Funitel-Bahnen) 49 Ereignisse, davon 23 Unfälle, gemeldet. Es waren 26 Verletzte zu beklagen, aber erfreulicherweise keine Toten. Damit liegen die Schweizer Seilbahnen 2010 etwa im langjährigen Durchschnitt.
Das Hauptthema von Thomas Lang war die Normenreihe SIA 269 für die Erhaltung von Tragwerken. Er beschrieb zunächst den Inhalt des aus acht Teilnormen bestehenden Normenwerkes, beleuchtete deren Einordnung in bestehende Normen und arbeitete die Neuerungen heraus. Während die Instandhaltung der Tragwerke in der Seilbahnnorm EN 1709 geregelt ist, befasst sich die SIA 269 mit der Überprüfung der Tragwerke, und zwar im Sinne der Zustandserfassung und -beurteilung hinsichtlich Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit sowie daraus abgeleitete Empfehlungen für das weitere Vorgehen (Maßnahmen). Anhand von Beispielen machte er die praktische Bedeutung der Überprüfung gemäß SIA 269 deutlich: Bei Ablauf der Nutzungsdauer der Bauwerke, bei Änderung der Nutzung bzw. Nutzungsanforderungen, nach außergewöhnlichen Ereignissen und bei außergewöhnlichen Feststellungen im Rahmen der Instandhaltung ist das Seilbahnunternehmen verpflichtet, eine Überprüfung durch fachkundige Dritte zu veranlassen. Werden die aus aufgrund der Überprüfung vorgeschriebenen Maßnahmen durchgeführt, kann die Anlage weiter betrieben werden; wenn nicht, ist der Betrieb einzustellen. Die Überprüfung gemäß SIA 269 unterstützt somit die Seilbahnunternehmen bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Sorgfaltspflicht.
Urs Amiet, Sektion Sicherheitsverwaltung im BAV, informierte über die Revision der Seilverordnung. Die wichtigsten Ziele bei dieser Überarbeitung waren die Anpassung an die Systematik des Seilbahngesetzes und der Seilbahnverordnung, die Vereinheitlichung der Vorgaben für Anlagen, die unter der Aufsicht des BAV oder der Kantone stehen sowie nach altem oder neuem Recht gebaut sind, weiters eine Vereinfachung und Reduktion von Fehlerquellen und schließlich die weitere Verbesserung der Sicherheit.
Für die Seilbahnunternehmen ergeben sich folgende wesentliche Änderungen:
- Die Inspektionsfristen für Seile waren bisher relativ starr geregelt. Nun können sie bei Bedarf gemäß den Erfahrungen des Seilbahnunternehmens anlagenspezifisch, betriebsspezifisch und risikobasiert angepasst werden. Dabei sind die Empfehlungen der Seilprüfstellen und beigezogener Experten sowie Rundschreiben und Merkblätter der Behörden zu beachten.
- Die visuelle Seilinspektion war bisher nicht umfassend geregelt. Jetzt erhält sie einen hohen Stellenwert gemäß der Vorgabe des Art. 53 der Seilbahnverordnung: Das Seilbahnunternehmen sorgt dafür, dass Prüfungen termingerecht und fachmännisch durchgeführt werden. Das bedeutet Planung, Umsetzung und Dokumentation der visuellen Seilinspektion sowie eine entsprechende Ausbildung des Personals.
- Die Ablegekriterien waren bisher uneinheitlich durch BAV, IKSS und die Europäische Normen geregelt. Nun wurden die Grenzwerte der Europäischen Normen als Standard festgelegt, jedoch nicht starr vorgeschrieben. Ein Fachmann kann beigezogen werden, der die Situation beurteilen und das weitere Vorgehen festlegen kann. Also auch hier der Übergang von starren Regeln zum risikoorientierten Prozessdenken.
- Hinsichtlich der Aufzeichnungen gab es bisher keine umfassende Regelung, es mussten jedoch alle Seilarbeiten der Behörde gemeldet werden. Jetzt ist nur noch der Seilersatz zu melden, die gesamte Lebensgeschichte des Seiles jedoch im Unternehmen in gesammelter Form, zeitlich geordnet und jederzeit verfügbar zu dokumentieren.
Urs Amiet ist überzeugt davon, dass sich für alle Beteiligten durch die Revision der Seilverordnung wesentliche Vereinfachungen und Verbesserungen ergeben und als Folge der erhöhten Transparenz eine Reduktion der Fehlerwahrscheinlichkeit und damit eine Erhöhung der Sicherheit zu erwarten ist.
Nationalrat Dominique Buman, Präsident der SBS (Seilbahnen Schweiz), gab in seinen „Visionen über die Energie in der Zukunft, Aspekte aus Umwelt und Politik“ ein flammendes Bekenntnis zum aktiven Umweltschutz ab. Die nachhaltige Bewahrung unserer Lebensgrundlagen müsse bei sämtlichen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Tätigkeiten einen hohen Stellenwert einnehmen, wobei die Energiefrage ganz entscheidend sei. Die SBS sei sich der Bedeutung dieser Frage sehr bewusst und habe sie zu einem Schwerpunkt der Verbandstätigkeit gemacht. Das Energiemanagement der Bergbahnen habe einerseits einen effizienten Energieeinsatz zum Ziel, andererseits die Nutzung erneuerbarer Energien, für die die Schweizer Seilbahnen aufgrund ihrer Lage in den Bergen ein großes Potenzial hätten, insbesondere Sonnenenergie, Wind- und Wasserkraft. Diese Energien werde die Branche vermehrt nutzen.
Um die konkreten Energie-Einsparungsmöglichkeiten ging es im Referat „Energieeffizienz bei Bergbahnbetrieben“ von Mark Iten, Energieberater der BKW FMB Energie AG (Bernische Kraftwerke AG, Forces Motrices Bernoises SA). Der Referent ging gesondert auf die Effizienzpotenziale bei den Seilbahnanlagen, bei der technischen Beschneiung und bei den Gastronomiebetrieben ein.
Bei den Seilbahnanlagen nannte er die Fahrgeschwindigkeit, die Antriebsdimensionierung, die Antriebsart (Drehstrom- oder Gleichstromantrieb) und die Antriebssteuerung als mögliche Ansatzpunkte für Energieeinsparung und führte dies anhand von Leistungsdiagrammen und Wirkungsgradangaben näher aus.
Bei der technischen Beschneiung nannte er als Kriterien für Effizienzsteigerung eine Druckreduktion der Wasserversorgung, Frequenzregelung der Pumpen, eher Lanzen als Propellermaschinen, höhere Schneedichte (geringerer Energiebedarf) und Optimierung von Druckluftkompressoren.
Das vielfältigste Einsparungspotenzial ist im Bereich der Gastronomie gegeben. Der Referent ging gesondert auf die Situation in Küchen, bei der gewerblichen Kälte, Heizung und Warmwasser, Beleuchtung, Pumpen und Ventilatoren sowie bei Elektrogeräten ein.
Um den Energiebedarf eines Unternehmens zu optimieren, bedarf es fachkundiger Hilfe. Dafür hat die BKW FMB Energie AG eine modulare Energieberatung eingerichtet, die den Weg von der Bedarfsanalyse bis hin zur nachhaltigen Lösung der Energiefrage eines Unternehmens weist.
JN