Wirtschaft

Technik oder Mensch?

Die Seilbahnen auf dem Weg zur Dienstleistungsbranche

Der Faktor Mensch bei den Seilbahnen

Jedes Jahr lesen wir über die riesigen Investitionen der Bergbahnen – neue, spektakuläre Bahnen prägen das Bild einer innovativen, tonangebenden Branche. Eine Frage stellt sich da unwillkürlich: Führt das auch nachhaltig zu Erfolg, kann sich ein Skigebiet (noch) durch Bahnen abheben? In diesem Beitrag will ich vor allem der Frage nachgehen: Wie wichtig sind auch die Menschen, die Mitarbeiter in dieser Branche? Können sie über den Erfolg maßgeblich entscheiden, wie stark entscheiden sie etwa über die Zufriedenheit und Kundenbindung? Wer begeistert also: Technik oder Mensch?

Strafdienst Parkplatz?

Über die Bedeutung der Zufriedenheit und Qualität habe ich ja bereits früher geschrieben. Welche Rolle spielen dabei die Mitarbeiter? Und auch wenn keiner daran vordergründig denkt: Kontakte gibt es genug. Das beginnt beim Skibus über den Parkplatz (internen Branchengerüchten zufolge gilt dies als Art Straftätigkeit, wofür die schlechtesten Mitarbeiter abgestellt werden – ist ja auch „nur“ der Erstkontakt für die meisten Gäste!); geht dann weiter über das Kassenpersonal und die Liftwarte bis hin zur Gastronomie oder den Verleih. An allen möglichen Kontaktpunkten bietet sich also eine Chance zur Gästebindung und Serviceberatung oder eben zur „Gästeverscheuchung“ oder – wie mancherorts ganz gerne praktiziert – zumindest „professionellen Gästeignorierung“ (man kennt das: Vorsicht, Gast kommt, schnell mal wegschauen!).

Die Mitarbeiter relativ gut … und sehr wichtig!

Gut, das ist zum Glück nicht der Standardfall, wie die Kundenzufriedenheitsurteile belegen, denn die sind bei den Mitarbeitern durchwegs gut (und belegen die höchste Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern am Parkplatz). Das wiederum ist gut so, denn die Beurteilung der Mitarbeiter hat wesentlichen Einfluss auf die Gesamtbegeisterung. Zwar spielen insgesamt als globale Kriterien klarerweise Skigebiet und Pisten die dominante Rolle als Treiber der Gesamtzufriedenheit, doch betrachtet man einzelne Unterkriterien wie die Pistenvielfalt in einem Gebiet, zeigt sich, dass die etwa gleich bedeutsam ist wie die Zufriedenheit mit den Mitarbeitern bei den Bahnen und Liften! Aber hallo! Gehört? Willkommen in der Welt der Dienstleistung! Ein Lächeln, ein „Griaß di“ und vielleicht ein paar Investitionen auch mal aufschieben können? Ja, die Stärke des Einflusses der Zufriedenheit mit den Mitarbeitern auf die Begeisterung vor Ort ist wahrlich nicht zu unterschätzen. Am stärksten ist sie in der Gastronomie (für das Skigebiet als Ganzes!), gefolgt von den Mitarbeiten bei den Bahnen und Liften fast gleich wie bei der Kassa; und dann dahinter, immer noch wichtig, am Parkplatz. Damit das Ganze noch eindrucksvoller wird: Die Mitarbeiter in der Gastronomie am Berg sind ebenso wichtig wie die Atmosphäre und damit am Spitzenplatz innerhalb der Gastronomie. Die Mitarbeiter bei den Bahnen und Liften sind wichtiger als Komfort und am Spitzenplatz innerhalb der Bahnen; und die Mitarbeiter bei der Kassa sind wichtiger als die Wartezeiten und … am Spitzenplatz innerhalb der Kassen. Eigentlich nicht neu: Die Dienstleistungsqualität wird durch Menschen erzeugt … sowohl positiv als auch negativ!

Ein (nicht fiktives) Beispiel

Damit wären wir beim Management angelangt, wie geht man da mit der (noch nicht durchgedrungenen?) Erkenntnis um? Zur Veranschaulichung diene ein nicht fiktives Beispiel: In einem Workshop zur Interpretation der Kundenzufriedenheit stellt man gemeinsam fest, dass die Zufriedenheit mit der Kassa deutlich gesunken ist. Nun beginnt das Nachdenken und Räsonieren, wie das denn sein kann. Waren Kassen geschlossen, neue Ticketsysteme, Preise, natürlich wird die Befragung hinterfragt … bis dann einem die Idee kam, dass ja die Kassenleiterin zwei Monate lang krank und damit abwesend war. Und siehe da: Exakt in diesen zwei Monaten sank die Zufriedenheit an der Kassa und damit die Weiterempfehlung für das Skigebiet dramatisch. Vielleicht ist das ja einer der entscheidenden Wettbewerbsfaktoren, wen man wie auf Gäste zugehen lässt! Auch der Stammgastanteil korreliert mit der Zufriedenheit mit den Mitarbeitern – wenn das kein Erfolgsfaktor ist! Eines wird auch klar: Wie bei fast allen Fragen des Marketings spielen die Zielgruppen eine wesentliche Rolle. Die Mitarbeiter nehmen mit zunehmendem Alter der Gäste eine bedeutsamere Rolle ein. Zielt man also auf ältere Zielgruppen ab (wobei die Zunahme der Wichtigkeit relativ linear verläuft und meist schon ab 30 Jahren stärker zunimmt), sollte man mehr Wert auf seine Mitarbeiter legen. Noch ein praktischer Tipp aus der Analysewelt: Die Schweizer und die Gäste aus den osteuropäischen Ländern sind die mit der höchsten Sensibilität für das Mitarbeiterverhalten!

Und für die Entscheidung?

Damit soll nicht gesagt werden, dass die Mitarbeiter das Top- Entscheidungskriterium für ein Skigebiet sind (das bleibt das Skigebiet, auch im Zeitvergleich), aber sie spielen auch keine untergeordnete Rolle und sind zum Beispiel deutlich wichtiger als der Preis des Liftpasses! Sie rangieren als Kriterium mit 18 % in etwa bei Hütten oder den Anlagen – immerhin jeder sechste Skifahrer auf den Pisten gibt also an, dass die Freundlichkeit der Mitarbeiter mitentscheidend war für seine Skigebiets-Entscheidung! Unter den Stammgästen ist das dann jeder Vierte!

Ausreichend Beschäftigung mit dem Faktor Mensch?


Zieht man dann auch noch den Faktor des Aufwandes in Betracht (Personalaufwand als größter „Brocken“ der Branche), ist es fast etwas verwunderlich, wie viel sich die Branche mit Technik und wie wenig sie sich mit Menschen befasst. Zugegeben, es gibt Initiativen, doch werden die überstrahlt. Wo ist das Skigebiet, das keine Liftwarte, sondern Gästemanager hat? In größeren Skigebieten ziehen Serviceteams ihre Runden – ein guter Ansatz. Doch nutzen alle bereits die Chance des Gästekontakts? Durch Menschen werden Beziehungen aufgebaut – und gute Beziehungen zum Gast helfen Kosten sparen; sei es durch erhöhte Stammgastbindung, durch Weiterempfehlung oder eben dadurch, dass die eine oder andere Infrastrukturschwäche ausgemerzt werden kann. Wenn alle mithelfen, fühlt sich der Gast wohl. When you’re smiling the whole world smiles with you!

Blick über den Tellerrand

Persönlich ist es für mich auch verwunderlich, dass sich die Branche bislang nicht zu einheitlichen Mitarbeiterbefragungen durchringen konnte. Ein dermaßen wichtiger Erfolgsfaktor sollte wohl auch gemessen werden – wie auch die Kosten, die Gästezufriedenheit oder der Erfolg von Werbemaßnahmen. Nationale und internationale Vorbilder gibt es genug. Nicht umsonst werden die Ergebnisse der „Great Place to Work“-Initiativen (um nur ein Beispiel zu nennen) auch werbemäßig von vielen verwendet. Man liegt im Trend, wenn man zeigt, dass es den Mitarbeitern gut geht.Bei MANOVA betreuen wir zum Beispiel auch die von der hogast betreute „best for people“-Initiative der Hotellerie. Diese Zertifizierung hat als Grundlage natürlich eine Mitarbeiterbefragung. Bevor jetzt die Angst entsteht, dass es den Mitarbeitern ohnehin nur um die Löhne geht, seien hier die Ergebnisse aus der Hotellerie kurz skizziert. Der Lohn ist relativ unbedeutend als Treiber für die Loyalität und Zufriedenheit. Klar, er wird meist am schlechtesten beurteilt (wie auch Preis-Leistung von den Kunden), aber determiniert nicht die Begeisterung, mit der die Mitarbeiter ans Werk gehen. Diese wird vielmehr durch die Arbeitsinhalte, die Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Einteilungen etc.) und die Geschäftsführung beeinflusst. Aufgepasst, liegt beim letzten etwa der Grund, dass es noch keine Befragung gibt? Vielleicht springt die sonst so oft Vorreiterrolle spielende Branche auch da noch über den Schatten und befasst sich mit der Mitarbeiterzufriedenheit. Liebend gerne würde ich hier später davon berichten, wie es damit bei den Seilbahnen bestellt ist. Wann, wenn nicht 2011, wenn Wirtschaftsminister Mitterlehner den Staatspreis Tourismus 2011 unter das Motto „Innovative Mitarbeiterführung und -entwicklung" stellt?
Klaus Grabler

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