Am Firmenstandort der BMF-Gruppe in Flums angekommen, fällt sofort das neue Empfangs- und Verwaltungsgebäude ins Auge. In diesem sind die verschiedenen Abteilungen wie Administration, Geschäfts- und Projektleitung sowie Technik und Entwicklung konzentriert untergebracht. Es dominiert das Konzept der offenen, transparenten Raumgestaltung mit viel Glas, Metall und Holz. Im Fokus stehen Transparenz und kurze Arbeitswege. Für Geschäftsabschlüsse wurde sogar in diesem neuen Gebäude eine zünftige Almhütte integriert. Der Einzug erfolgte Anfang 2015. Auch die Besprechungsräume bestechen durch ihre schlichte Eleganz und ihre komfortable Ausstattung. In einem davon fand vor kurzem das ISR-Interview mit CEO Martin Benkler und Dr. Adrian Beer, Verkaufs- und Marketingleiter, statt.
ISR: Die BMF-Gruppe ist seit mehr als 50 Jahren in den Bereichen Seilbahnbau, Vergnügungsparkanlagen, Maschinenbau sowie in der Metall- und Blechverarbeitung tätig.,Wwelchen Stellenwert nimmt der Seilbahnbau in Ihrem Unternehmen ein?
Martin Benkler: Der Seilbahnbau macht etwa 50% aus, und auf diesem Level möchten wir auch bleiben. Von den insgesamt 380 Mitarbeitern in der gesamten Unternehmensgruppe arbeiten, je nach Auftragslage, zirka 300 bis 350 in der Seilbahnproduktion. Wir sind ja auch generell im Maschinenbau tätig. Die Belegschaft soll aber in weiterer Folge eindeutig ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang ist uns seit vielen Jahren die Lehrlingsausbildung ein zentrales Anliegen. Aktuell bilden wir 34 Lehrlinge aus, künftig werden es bis zu 40 sein.
ISR: Inwiefern hat Ihr Unternehmen vom Erwerb der Gangloff Cabins AG profitiert?Martin Benkler: Jetzt können wir als Gesamtanbieter auftreten und dank unserer gebündelten Kompetenzen alles aus einer Hand anbieten. Somit wurde auch die Entwicklung unserer neuen Panorama-Kabinen designed by Porsche Design Studio für Umlaufbahnen möglich, die wir erstmals auf der Interalpin 2015 in Innsbruck einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt haben. Unsere „Schweizer Hochzeit“ mit der Gangloff Cabins AG wurde in der internationalen Seilbahnbranche sehr positiv aufgenommen, denn damit hat der Endkunde mehr Alternativen.
ISR: Welche Trends zeichnen sich in der Seilbahnbranche derzeit verstärkt ab?
Adrian Beer: Der Fahrgast möchte mit der Seilbahn nicht nur von A nach B befördert werden, sondern er will so komfortabel wie möglich transportiert werden und ein echtes Fahrerlebnis haben. Ein sehr hoher Platzkomfort, eine Panorama-Verglasung, elegante und bequeme Sitze wie unsere Porsche-Sessel designed by Porsche Design Studio aus Zell am See (seit 2012 auf dem Markt, Anm. d. Red.), eine gefederte Aufhängung der Kabine und das ganze Infotainment sind immer mehr gefragt. Dazu gehören z. B. visuelle Informationen via Bildschirm, Musik, WLAN, Ladestationen für Handies, Heizung, Klimaanlage oder spezielle Beleuchtungskonzepte. Wir können ein modulares System anbieten, das sämtlichen Anforderungen gerecht wird. Wie beim Automobil kann ich alles so konfigurieren, wie ich es haben will. Diese Philosophie kommt auch in der neuen Panorama-Kabine designed by Porsche Design Studio, zum Tragen. Sie ist derzeit für acht oder zehn Personen ausgelegt und kommt erstmals auf die kommende Wintersaison bei der neuen Kabinenbahn „Churwalden – Heidbüel“ zum Einsatz. Die neue Anlage wird im Auftrag der Lenzerheide Bergbahnen AG errichtet und ersetzt eine bestehende Sesselbahn. Abgesehen von der Innenausstattung wird das Außendesign der Kabine immer wichtiger. Die Kabine wird immer mehr als Aushängeschild der jeweiligen Region wahrgenommen. Beim Kabinendesign ist Individualität Trumpf, Stangenware ist schon noch gefragt, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie früher. Die Designfrage spielt aber auch bei der Anlage an sich eine immer größere Rolle, das gilt vor allem für die Stationen. Dieser Anspruch kommt uns entgegen, denn Innovationen sind eine unserer Stärken.
ISR: Wie zufrieden sind Sie mit dem derzeitigen Geschäftsverlauf?
Martin Benkler: Wir sind wirklich zufrieden. Wir bauen auch dieses Jahr wieder einige Innovationen, darunter ist z. B. die Nahverkehrsbahn in der französischen Stadt Brest, die zu den wichtigsten Militärhäfen in Frankreich zählt. In den vergangenen Jahren hat die Stadt ein weitläufiges bebautes Gebiet auf dem Plateau des Capucins übernommen, das aber durch den Fluss Penfeld von der eigentlichen Stadt getrennt ist. Aus diesem Grund wird dort von uns bis 2016 ein spezielles Pendelbahn-Konzept realisiert, das für diese fehlende Verkehrsanbindung sorgt. Dabei handelt es sich um zwei Seilsysteme, und die Pendelbahn-Kabinen (je 60 Pers.) fahren nicht nebeneinander, sondern übereinander. Das spart sehr viel Platz, auch in den Stationen. Damit realisieren wir in Frankreich unser erstes Seilbahnprojekt für den öffentlichen Verkehr. Die Pendelbahn wird vollautomatisch betrieben und ist in das Verkehrsnetz der Verkehrsbetriebe SEM du Tram miteingebunden. Darüber hinaus errichten wir in Frankreich im Skigebiet Les Arcs eine Pendelbahn (je 15 Pers.) und in Chamonix einen Schrägaufzug. Auch in der Schweiz bauen wir mehrere Anlagen, wie z. B. zwei neue Sesselbahnen am Corvatsch, eine Sesselbahn in der Lenzerheide, eine Sesselbahn am Pizol oder eine Sesselbahn für Oberalp Calmut. Abgesehen davon arbeiten wir an einigen sehr aufsehenerregenden Projekten, aber mehr dazu möchten wir noch nicht verraten.
ISR: Wie sehr spielt in Ihrer Unternehmensstrategie der urbane Verkehr eine Rolle?
Martin Benkler: Der urbane Verkehr ist für uns ein wichtiger Absatzmarkt, der sicherlich noch an Stärke gewinnen wird. Abgesehen von Brest realisieren wir ja bereits einige Projekte auf diesem Gebiet: eine städtische Gruppenumlaufbahn in Litauen (2015), die einen Vergnügungspark in der Stadt mit der Skihalle Snow Arena, die sich auf der anderen Seite des Flusses befindet, verbindet. Dann bauen wir in der mexikanischen Stadt Puebla eine Pendelbahn (2015), die in das öffentliche Verkehrsnetz miteingebunden wird. Man hat jetzt die Seilbahn als variables Verkehrsmittel im urbanen Raum erkannt.
Adrian Beer: Die Technik ist ja dieselbe, aber dennoch fehlt es noch in vielen Ländern an den erforderlichen gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen. Das sind Prozesse, die sukzessive umgesetzt werden müssen. Dazu kommen Themen wie Service und Unterhalt, die geklärt werden müssen. Denn im öffentlichen Verkehr hat man wesentlich mehr Betriebsfahrten.
ISR: Welche Neuheiten haben Sie noch in der Pipeline?
Adrian Beer: Für kurze Anlagen, also Kompaktseilbahnen, haben wir ein raffiniertes Konzept entwickelt, dass bezüglich der Anschaffungskosten für den Betreiber sehr interessant ist. Damit können auch kleinere Skigebiete in Modernisierungs-Maßnahmen investieren. Dieses von uns entwickelte Umlaufbahn-System wird erstmals nächstes Jahr in der Schweiz umgesetzt. Darüber hinaus sind wir auch in den Bereichen „Sicherheitsfeatures“ und „Überwachungssysteme“ dabei, neue Komponenten zu entwickeln.
ISR: Welchen Marktanteil im Seilbahnbusiness möchten Sie auf nationaler bzw. internationaler Ebene erreichen?
Martin Benkler: Unser Ziel sind mindestens 10 % des Weltmarktanteils im Seilbahngeschäft zu erreichen, und da sind wir jetzt kurz davor. Wir wollen nicht zu schnell wachsen, sondern lieber Schritt für Schritt. Wir stehen auf sehr solidem Fuß, und das soll so bleiben.
ISR: Danke für das Gespräch!