Recht

Sorgfaltspflichten beim Sommerbetrieb von Seilbahnen

Wie allgemein bekannt, ist ein Seilbahnunternehmen im Winter für den Zustand der von ihm bereitgestellten Anlagen und Pisten verantwortlich. Diese müssen nach dem Maßstab der „Zumutbarkeit“ gesichert, geräumt etc. werden.

Von den Seilbahnunternehmen ist auf Grundlage des abgeschlossenen (Beförderungs-)Vertrags die „Pistensicherungspflicht“ einzuhalten.

Aber auch mit dem Sommerbetrieb, der in den letzten Jahren vom Fachverband verstärkt beworben wird, sind zahlreiche Pflichten verbunden, deren Verletzung Schadenersatzansprüche der Benützer auslösen können. Dies gilt zunächst einmal für Unfälle bei der Benützung der Seilbahnanlagen selbst. Hier besteht kein Unterschied zwischen Winter- und Sommerbetrieb. Auch im Sommer sind – wie allgemein bekannt – die entsprechenden Maßnahmen für eine sichere Beförderung einzuhalten.

Zusätzlich zur Beförderung werden von den Seilbahnunternehmen im Sommer auch noch zahlreiche weitere Angebote wie z. B. die Benützung von Wander- oder Radwegen, von Hütten, Kletterkurse, Veranstaltungen oder Events („Fest am Berg“), Bergfeuer, Themenparks, Spielplätze etc. bereit gestellt.

Üblicherweise können die Besucher an diesen Veranstaltungen, Kursen etc. nach dem Kauf einer Liftkarte oder einer speziellen Eintrittskarte teilnehmen. Zwischen der Seilbahn und dem Kunden kommt somit ein Vertrag zu Stande, auf dessen Basis das Seilbahnunternehmen für die Einhaltung der (vertraglichen) Schutz- und Sorgfaltspflichten verantwortlich ist. Diese Pflichten müssen nicht gesondert vereinbart werden, sie treten automatisch mit dem Abschluss des Vertrages (= Kauf der Liftkarte) in Kraft und sind eine Nebenverpflichtung dazu.

Es ist auch nicht notwendig, dass ein eigener Vertrag für die Teilnahme an Veranstaltungen, für die Benützung der Wanderwege etc. abgeschlossen wird, sondern es ist ausreichend, wenn das Seilbahnunternehmen diese Möglichkeiten, die dann nach dem Kauf der Liftkarte genutzt werden können, bewirbt. Werden beispielsweise ein „Fest am Berg“ oder die Benützung von Wanderwegen beworben und muss dafür keine eigene Eintrittskarte gekauft werden, so ist das Seilbahnunternehmen auch für den Schutz der Besucher dieser Veranstaltung, Wege verantwortlich.

Nach den Maßstäben der Rechtsprechung muss (in diesen Fällen) das Seilbahnunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen setzten, um ihren Gästen eine gefahrlose Teilnahme an solchen Veranstaltungen, eine gefahrlose Benützung der Wege etc. zu ermöglichen. Es sind dabei die üblichen Sicherheitsstandards einzuhalten: Gefahrenstellen auf Wegen müssen gesichert werden, Anlagen (z. B. Spielgeräte) müssen den geltenden Normen entsprechen.

Dabei ist natürlich – worauf oben schon hingewiesen wurde – die „Zumutbarkeit“ der Gefahrenabwehr zu beachten. Es ist nicht erforderlich und nicht möglich, die Benutzer vor allen nur denkbaren Gefahren zu schützen. Abzusichern sind erkennbare Gefahrenquellen, bei denen die Möglichkeit eines (größeren) Schadens recht wahrscheinlich ist. So müssen z. B. eine Brücke über eine tiefe Schlucht oder ein steiler Klammsteig ein Geländer aufweisen, ein Steg knapp über einem flachen Bach nicht.

Die Pflichten der Seilbahnunternehmen dürfen nicht überstrapaziert werden!

Neben dem Kriterium der „Zumutbarkeit“ ist auch auf die Eigenverantwortung der Benützer hinzuweisen und ist ein solches eigenverantwortliches Verhalten einzufordern: Jeder Urlauber, der sich in den Bergen bewegt, muss sich auch der damit verbundenen Gefahren bewusst sein und deshalb besonders aufmerksam handeln. Ein Sturz über einen kleinen Stein oder eine Wurzel auf einem Wanderweg im freien Gelände kann dem für den Weg Verantwortlichen nicht zum Vorwurf gemacht werden, mit derartigen Hindernissen ist im Gelände zu rechnen!

Anzuraten ist in jedem Fall das Aufstellen von Warnhinweisen auf das hochalpine Gelände mit dem Aufruf zur besonderen Aufmerksamkeit und dem allgemeinen Hinweis auf die Gefahren des Geländes. Diese Tafeln sollten im Bereich der Tal- oder Bergstationen – zweckmäßigerweise auf oder in unmittelbarer Nähe der Übersichtstafeln - angebracht werden.

Sollte das Seilbahnunternehmen ein Wegenetz, Spielplätze oder sonstige Anlagen betreiben, welche auch ohne den Kauf einer Liftkarte benützt werden können (z. B. Aufstiege ohne Benützung von Seilbahnanlagen), so kann derjenige, der bei ihrer Benutzung zu Schaden kommt, keine vertraglichen Schadenersatzansprüche geltend machen (in diesem Fall existiert kein Vertrag zwischen dem Seilbahnunternehmen und dem Benutzer der Anlagen). Eine Haftung des Seilbahnunternehmens wäre in einem solchen Fall nur nach dem allgemeinen Grundsatz der (Wege-)Halterhaftung denkbar:

Wird jemand auf Grund des schlechten Zustand eines Weges, einer Anlage etc. verletzt, so haftet dafür grundsätzlich der Halter. Dieser Grundsatz gilt überall, nicht nur für Seilbahnunternehmen. „Halter“ ist derjenige, der für die Erhaltung zuständig ist, der die Kosten dafür trägt etc. Das kann der Grundeigentümer selbst sein oder ein Nutzungsberechtigter, der für diesen Weg verantwortlich ist.

Der Halter haftet allerdings nicht in jedem Fall und für jeden Unfall, sondern nur dann, wenn er den schlechten Zustand des Weges grob fahrlässig (d. h. „auffallend sorglos“) verschuldet hat. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn er eine Gefahrenstelle auf dem Weg nicht beseitigt oder absichert, obwohl er diese Gefahr schon seit längerer Zeit kennt, wenn er eine Baugrube mitten im Weg nicht absichert etc. Hätte der Geschädigte die Gefahr erkennen können, kann ihn – nach dem Grundsatz der „Eigenverantwortung“ – ein Mitverschulden treffen und kann er dann nur einen Teil seines Schadens einfordern.

Keine Haftung besteht dann, wenn der Geschädigte den Weg unerlaubt benützt (z. B. Befahren des gesperrten Forstweges). Dabei ist eine deutliche Beschilderung, Absperrung etc. notwendig, damit jedermann sofort erkennen kann, dass die Benützung dieses Weges nicht erlaubt ist. Für sonstige Wege im Gelände, die nicht für die Benützung der Allgemeinheit gedacht und markiert sind („Trampelpfad“) hat der Halter nicht zu haften.

(erschienen in ISR 3/08, Christoph Haidlen)

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