Auf der anderen Seite stehen aber die Investitionen, der administrative Apparat und ähnliche Fixkosten, die zu einem großen Teil über den Winter erwirtschaftet werden müssen. Damit stellt sich die Frage, ob nicht doch ein Potential besteht, den Sommer als zweites Standbein der Seilbahnen aufzubauen bzw. zumindest einen positiven Deckungsbeitrag zu erwirtschaften. Oder ist es ein Naturgesetz – die Berge sprichwörtlich zu nieder – für ein Geschäft der Bergbahnen? Aktuell machen die Bergbahnen insgesamt nur rund knapp 10 % ihres Geschäftes im Sommer, 70 % der Bahnen – darunter viele Großbetriebe – haben einen Sommerumsatzanteil von (teilweise deutlich) unter 10 %.
- Winterbahn: Sommerumsatzanteil < 10 %
- Sommerbahn: > 90 %
- Winterlastig: Sommerumsatzanteil 10 % – 40 %
- Sommerlastig: 60 % – 90 %
- Ganzjahresbetrieb: Sommerumsatzanteil 40 % – 60 %
Immerhin Wachstum
Wenn auch auf bescheidenem Niveau, verzeichnete der Sommer in den letzten Jahren prozentuell eher das höhere Wachstum. Das ist wohl kaum als Fügung des Schicksals zu interpretieren als vielmehr als Folge gezielter Produktentwicklung. Einige haben den Sommer in den letzten Jahren „entdeckt“ und forcieren Produkte am Berg. Und siehe da – es gibt da und dort recht massive Steigerungen. Vielleicht doch kein Naturgesetz?
Wenn’s nicht so recht klappt ... schauen wir mal auf Produkte und Zielgruppen
Im Produktbereich herrscht ja vielerorts noch Ebbe am Berg. Auch im Winter würde allerdings die (noch so teure und spektakuläre) Bahn nach oben nicht reichen, hier hat man Skipisten, Schnee und immer neue Attraktionen entwickelt, welche Kunden anziehen und auch ganz ordentlich Geld ausgeben lassen. Ich will hier nicht genauer auf Erfolgesbeispiele eingehen, aber jeder kennt sie und es gibt sie. Ohne Produkt allerdings läuft gar nicht.
Potentielle Kunden(wünsche)
Und klar, die Produkte sollten möglichst nahe bei Kundenwünschen liegen. Leider ist dazu nicht allzu viel Wissen vorhanden. Nur sehr wenige Seilbahnen untersuchen ihre Kunden z. B. mit SAMON, auch im Bereich Grundlagenforschung wird das Interesse immer wieder gering, wenn es um Kosten dafür geht. Irgendwie herrscht die Einstellung vor: Zuerst einmal sollen mehrere Gäste kommen, dann kümmern wir uns schon darum, was die wollen. Nur: Das funktioniert so leider nicht. Wie bei allen Produkten sollte zuerst die Auseinandersetzung mit den Kundenwünschen kommen, dann die kreative Produktentwicklung und schließlich die Adjustierung der Produkte anhand des Kunden-Feedbacks.
Die Gäste vor der Haustüre
Was wissen wir also über Kunden und deren Wünsche, wo liegt Potential? Nahe liegend einmal der Vergleich mit dem Winter: Hier liegen die Ersteintritte bei den Bergbahnen in etwa der Höhe der Übernachtungszahlen von Österreich. Die Ausschöpfung der Gäste direkt vor der Haustüre ist also sehr gut. Hingegen ist der Unterschied im Sommer gravierend. Es gelingt einfach nicht, so viele Gäste und schon gar nicht so oft auf den Berg zu bekommen. Vielleicht denken jetzt manche: Na klar, man fährt halt nur einmal während seines Urlaubs auf den Berg. Erstens müsste das aber nicht so sein (mit geeigneten Produkten) und zweitens ist es auch nicht so, wie unsere Befragungen zeigen. Dabei erweisen sich die Gäste am Berg durchaus als solche, die öfter mal auf den Berg fahren. Damit muss aber wohl auch gelten, dass es einen hohen Anteil an Gästen gibt, die zwar bei den Bergen übernachten, dann aber nicht rauf fahren. Das sollte man sich mal näher ansehen, woran es da mangelt ...
Aktuell: Wandern … und sonst?
Derartige Daten sind zwar nicht vorhanden, doch lassen Ergebnisse der letzten Jahre ein paar Rückschlüsse und Schlussfolgerungen zu. So ist das Bergpublikum im Sommer doch eher älter; fehlt es an Produkten für Jüngere? Auch im Bereich der Familie scheint es noch mehr Potential zu geben. Es locken Natur, Landschaft und Panorama – wie war das mit „Bahn ist zu wenig“? Echte, gemachte Angebotselemente sind aktuell noch wenig unter den Gründen auf die Berge zu kommen; wer nicht wandert, scheint schon fast verloren für die Bergbahn. Bislang jedenfalls fehlen die großen Ideen für die Produkte; oder auch einfach der Leidensdruck? Angesichts der in den letzten Jahren (auf hohem Niveau) stagnierenden Winternachfrage und der hohen Investitionen und damit steigenden Abschreibungskosten sollte wohl die Branche mehr über die zweite noch relativ wenig genutzte Saison nachdenken!
Mag. Klaus Grabler