Die Tourismusnachfrage in Österreich erreichte in den ersten fünf Monaten der Wintersaison (November 2023 bis März 2024) mit über 17,6 Mio. Ankünften und rund 64,5 Mio. Nächtigungen erneut Spitzenwerte. Diese Zahlen entsprechen fast den Höchstständen des Vergleichszeitraums 2018/19. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Ankünfte um 8,5 % und die Nächtigungen um 5,6 %. Dabei zeigte sich das internationale Segment mit einem Anstieg von 10,1 % bei den Ankünften und 6,0 % bei den Nächtigungen deutlich dynamischer, während der Binnentourismus um 4,5 % bzw. 4,1 % zunahm.
Im aktuellen Analysezeitraum wurde der bisherige Höchstwert von 2018/19 mit gut 64,5 Mio. Nächtigungen nur um 0,2 % verfehlt. Die Zahl der Gästeankünfte lag mit über 17,6 Mio. bereits leicht über der präpandemischen Marke.
Trotz dieser positiven Entwicklungen dämpften stark gestiegene Preise und eine verstärkte Sparneigung der Gäste die realen Einnahmen. Die Umsätze im Tourismus konnten daher mit der mengenmäßigen Nachfrage nicht Schritt halten. Die warmen Frühlingstemperaturen und die daraus resultierende Verkürzung der Skisaison trugen ebenfalls ihren Teil dazu bei.
Einbußen trotz Steigerungen
Besondere Kalendereffekte, wie der Schalttag im Februar 2024 und der frühe Ostertermin im März 2024, verzerren allerdings den Vergleich mit früheren Wintersaisonen. Bereinigt man um diese Effekte, fallen die Zuwächse deutlich geringer aus: Die bereinigten Werte für die Nächtigungen im Februar und März 2024 ergeben demnach einen Anstieg von nur 2,3 % bzw. einen Rückgang von 12,1 %. Die Gesamtnachfrage von November 2023 bis März 2024 würde damit nahezu auf dem Niveau von 2022/23 stagnieren. Auch kalenderbereinigt fällt das Umsatzwachstum deutlich geringer aus: Statt nominell um 10,2 % würden die Umsätze nur um 4,8 % steigen, real statt +2,7 % sogar –2,5 %.
Seit der Vorkrisenperiode 2018/19 sind damit die Einnahmen der österreichischen Tourismuswirtschaft zwar um knapp ein Fünftel gestiegen, bereinigt um steigende Preise ergeben sich jedoch Einbußen von 11,7 %. Die Wachstumsdiskrepanz zwischen Nächtigungen und preisbereinigten Umsätzen verstärkte sich im aktuellen Analysezeitraum sogar noch.
Deutliche Unterschiede in der Umsatzentwicklung (ohne Bereinigung von Kalendereffekten) zeigten sich zwischen den Bundesländern: Das Burgenland und Wien verzeichneten die höchsten Umsatzsteigerungen, während Salzburg und Niederösterreich die schwächsten Bilanzen aufwiesen.
Starke Nachfrage im Sommer
Für die kommende Sommersaison 2024 werden vom Wifo fast durchgehend höhere Nächtigungszahlen im heimischen Tourismus erwartet. Die Zahl der Nächtigungen dürfte im Sommerhalbjahr 2024 einen neuen Höchstwert erreichen und knapp über dem Rekordniveau des Vorjahres liegen. Diverse Befragungen unter Urlaubsgästen zeigen jedenfalls eine hohe Reisebereitschaft, gleichzeitig könnte aber die aktuelle Konjunkturlage in Österreich und auch in Deutschland, dem wichtigsten Quellmarkt Österreichs, die Ausgabefreudigkeit der Gäste weiterhin dämpfen.
Die reale Umsatzentwicklung wird daher voraussichtlich nicht mit der Dynamik der Ankünfte und Nächtigungen Schritt halten können. Die Gäste werden wie schon in der jüngeren Vergangenheit unterschiedliche Sparstrategien verfolgen. Das heißt, Gäste setzen vermehrt auf preisgünstigere Unterkünfte und Destinationen, kürzere Aufenthalte oder weniger Konsum während des Urlaubs. Dieser Trend zeichnete sich bereits in der vergangenen Sommer- und Wintersaison ab.
Stimmung in der Tourismusbranche getrübt
Vor dem Hintergrund der verhaltenen realen Umsatzentwicklung, die in Verbindung mit steigenden Vorleistungs- und Lohnkosten auch die Gewinne der Unternehmen drückt, hat sich die wirtschaftliche Stimmung in der Tourismusbranche zuletzt eingetrübt, erklären die Wifo-Tourismusforscher Oliver Fritz und Anna Burton. Laut dem Wifo-Konjunkturtest zur Einschätzung der aktuellen Lage fiel der Saldo aus positiven und negativen Nennungen im April erstmals seit Februar 2022 wieder negativ aus. Die Erwartungen an die zukünftige Entwicklung der Branche sind zwar optimistischer, bleiben jedoch weiterhin eher verhalten.