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Neuerungen im Seilbahnrecht

Durch das Seilbahngesetz 2003, BGBl. I 103/2003, wurde für die bisher im Rahmen des Eisenbahngesetzes 1957 geregelten Seilbahnen bzw. für die bisherin der Gewerbeordnung geregelten Schlepplifte eine eigene gesetzliche Grundlage geschaffen. Damit wurde das Ziel verfolgt, die EU-Richtlinie über Seilbahnen für den Personenverkehr 2000/9/EG umzusetzen.

Das Hauptziel der EU-Richtlinie ist die Herstellung europaweit gleichartiger Standards in Bezug auf die Sicherheit und den dazu dienenden Zertifizierungsverfahren. Den Mitgliedsstaaten bleibt es weitgehend überlassen, welche Verfahrensvorschriften sie zur Anwendung bringen und wie die Genehmigungsverfahren konkret ausgestaltet sind.

Das Seilbahngesetz 2003 legt ebenso wie die Richtlinie größten Wert auf höchste Sicherheit. In manchen Bereichen, insbesondere bei den verfahrensrechtlichen Bestimmungen, wie beispielsweise bei der Konzessionsänderung oder Konzessionsneuverleihung, geht das Gesetz weit über die Vorgaben der Richtlinie hinaus. Im übrigen enthält die Richtlinie keine Verfahrens bestimmungen, sondern gibt lediglich Ziele vor.

Auch das Seilbahngesetz enthält wenige echte verfahrensrechtliche Bestimmungen, sodass häufig die allgemeinen Bestimmungen des AVG zur Anwendung gelangen. Nach drei Jahren Anwendung mit diesem Gesetz hat sich gezeigt, dass aufgrund der Interpretation der Europäischen Kommission zum Geltungsbereich der Richtlinie 2000/9/EG Anpassungen und Abänderungen notwendig sind, die sowohl den Vollzug als auch die praktische Umsetzung erleichtern sollen. Insbesondere im Bereich der Konzessionsverlängerung und -neuerteilung sowie im Bereich der Versetzung von bestehenden Anlagen ist ein dringender Handlungsbedarf geboten.

Mit BGBl. I 83/2007 vom 13. 11. 2007 wurde die Änderung des Seilbahngesetzes veröffentlicht. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die wesentlichsten Änderungen gegeben werden:

Wesentliche Änderungen im Seilbahngesetz

Im Seilbahngesetz wurde in § 12a in Anlehnung an die Begriffsbestimmung im Eisenbahngesetz die Definition des Begriffes "Stand der Technik" aufgenommen, da die Auslegung des Begriffes "Stand der Technik" in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten bereitet.

Eine ähnliche Definition findet sich auch in § 71a der Gewerbeordnung und in § 2 Abs. 8 Ziff. 1 AWG 2002. Der Stand der Technik gilt nicht als Stand der Betriebserprobung, sondern vielmehr als Stand jener fortschrittlichen technischen Maßnahmen, deren praktische (Nutzen) Eignung zur Gefahrenabwehr bzw. Gefahrenverringerung nach den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnissen als gesichert erscheint. So werden Verfahrenseinrichtungen oder Betriebsweisendem Stand der Technik entsprechend angesehen, wenn die Fachpraxis sie zur Abwehr einer bestimmten Gefahr als besonders wirksam anerkennt.

In die Betrachtungen sind neben den inländischen Erkenntnissen auch ausländische Erkenntnisse mit einzubeziehen. Die Fortschrittlichkeit verlangt, dass die besten verfügbaren Verfahren als Grundlage für technische Standards heranzuziehen sind. Dabei soll die Behörde an das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden werden. Aufgrund der fehlenden inhaltlichen Bestimmtheit von Technikklauseln werden in der Vollziehung technische Experten beigezogen. Die neue Definition bewirkt somit keinen Wandel im Inhalt der Klausel. Es wird lediglich die Vorgangsweise zur Ermittlung des Standes der Technik determiniert.

Konzessionsverlängerung

Bisher musste bei Konzessionsverlängerungen der Stand der Technik überprüft werden. Dies bedeutete, dass Konzessionsverlängerungen nahezu unmöglich waren. Das Abstellen auf den Stand der Technik bei Konzessionsverlängerungen war vor allem im Lichte der Rechtssicherheit als sehr problematisch anzusehen. Sollten während der Dauer der Konzession neuere Entwicklungen in der Seilbahntechnik stattgefunden haben, war es sehr unwahrscheinlich, eine Konzessionsverlängerung zu erhalten, auch wenn die Anlage vollkommen sicher war und keine Risiken für die beförderten Personen mit sich brachte. Die ursprüngliche Bestimmung legte zwar nur eine Berücksichtigung des Standes der Technik vor. Diese Formulierung war jedoch sehr unbestimmt, wie und in welchem Umfang der Stand der Technik für die Sicherheitsbauteile Kriteriumfür die Verlängerung der Konzession ist.

Bei Konzessionsverlängerungen, Konzessionsneuerteilungen an einen Dritten und Umbauten von Seilbahnanlagen, die vor dem 3. 5. 2004 genehmigt bzw. errichtet wurden, gab es aufgrund des Abstellens auf den "Stand der Technik" erhebliche Schwierigkeiten. In der Praxis waren Verlängerungen sowie Umbauten von bestehenden Anlagen daher kaum möglich. Auch im Lichte der Rechtssicherheit waren diese Bestimmungen als problematisch anzusehen.

Neuentwicklungen auf dem technischen Sektor verhinderten, dass Altanlagen eine Konzessionsverlängerung erhielten und Umbauten genehmigt werden konnten. Mit der Gesetzesänderung 2007 wurde eingeführt, dass bei Konzessionsverlängerung nicht mehr der Stand der Technik herangezogen werden muss. Voraussetzung für die Verlängerung ist neben dem öffentlichen Interesse am Weiterbetrieb der Seilbahn, dass der technische Zustand der Seilbahn auch für den Verlängerungszeitraum einen sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb erwarten lassen.

Vor In-Kraft-Treten dieser Gesetzesbestimmung konnten theoretisch nur Konzessionen von Anlagen, die nach dem 3. 5. 2004 unter Anwendung der neuen harmonisierten CEN Normen errichtet wurden, verlängert werden. Bei Seilbahnanlagen aus dem Zeitraum davor waren Konzessionsverlängerungen nur mit erheblichem Aufwand und nur durch intensive Umbaumaßnahmen möglich.

Im Übrigen ist in der Seilbahnrichtlinie 2000/9/EG die Anwendung der CEN Normenauch für neu errichtete Anlagen nicht zwingend vorgeschrieben. Die Seilbahnrichtlinie 2000/9/EG fordert lediglich, dass die grundlegenden Anforderungen, die im Anhang II der Richtlinie angeführt sind, eingehalten werden müssen. Grund für die Einführung der CEN-Normen war die Einführung einheitlicher technischer Standards und Sicherheitsbestimmungen im europäischen Seilbahnbereich.

In Österreich war der Sicherheitsstandard auch bereits davor sehr hoch. Gegenstand war folglich nicht in erster Linie eine Verbesserung des technischen Zustandes und des sicheren und ordentlichen Betriebes der Anlagen. Aus diesem Grund war daher die erfolgte Gesetzesänderung möglich. In welcher Form nun nach der neuen Gesetzeslage die Nachweise erbracht werden müssen, lässt aber der Gesetzgeber weiterhin offen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie man überhaupt feststellen kann, dass eine Anlage einen sicheren Betrieb für einen bestimmten, allenfalls auch längeren Zeitraum erwarten lässt.

Im ersten Moment denkt man vielleicht an die Überprüfung nach der SeilbÜV 1995. Mit diesem Verfahren wird aber lediglich der Ist-Zustand der Anlage mit dem bewilligten Zustand verglichen. Für eine Konzessionsverlängerung ist dieses Instrumentarium alleine nicht ausreichend. Die Vorgabe des § 28 Abs 2 SeilbahnG 2003 i.d.g.F. 2007 (s. oben) wird mit dieser Überprüfung alleine nicht erfüllt. Überdies werden im Zuge der Überprüfung gemäß SeilbÜV 1995 nicht alle Bereiche umfasst (es fehlen beispielsweise die Fachbereiche Brandschutz oder Wildbach- und Lawinenverbauung).

Außerdem gibt es keine Bewertung oder Prognose über den sicherheitstechnischen Zustand der Anlage für den beantragten Verlängerungszeitraum. Die Überprüfung nach der SeilbÜV 1995 kann somit erst in Kombination mit einer entsprechenden Bewertung und Sicherheitsprognose im Verfahren zur Konzessionsverlängerung als geeigneter Nachweis anerkannt werden. Wie bereits oben erwähnt, können als Bewertungsgrundlage jene Regelwerke und Nachweisverfahren herangezogen werden, welche unmittelbar vor In-Kraft-Treten des Seilbahngesetzes 2003 gegolten haben.

Eine andere Möglichkeit besteht in der Durchführung einer Sicherheitsanalyse. Diese müsste jedenfalls die Bereiche Seilbahntechnik, Elektrotechnik, Sicherungstechnik, Brandschutz, Hochbau und Arbeitnehmerschutz umfassen. Die für das Konzessionsverfahren zuständige Behörde wird dann an Hand der vorliegenden Nachweise (Überprüfungsbefunde, Sicherheitsanalyse) entscheiden, ob die jeweilige Anlage die beantragte Konzessionsverlängerung erhält, bzw. festlegen, ob Umbaumaßnahmen zur Erhöhung des Sicherheitsstandards erforderlich sind.

Exkurs zur Konzessionsdauer

Die Dauer einer Konzession ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Auch das Eisenbahngesetz, das bis zur Erlassung des Seilbahngesetzes im Jahr 2003 für Seilbahnen galt, enthielt keine konkreten Angaben über die Konzessionsdauer. Das Fehlen einer derartigen Bestimmung führte in der Vergangenheit dazu, dass Konzessionen zum Teil von sehr unterschiedlicher Dauer verliehen wurden. Eine einleuchtende Erklärung dafür kann im Nachhinein in vielen Fällen nicht mehr gefunden werden, außer dass offenbar sehr oft Anlagen mit technischen Neueinführungen eine deutlich kürzere Konzessionsdauer erhielten als späterfolgende. Konzessionen von derart unterschiedlicher Dauer für gleiche Seilbahnsysteme sind nicht mehr gängige Praxis.

Das Seilbahngesetz 2003 enthält lediglich die Bestimmung, dass die Konzession unter Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse und die technische Lebensdauer der geplanten Anlage verliehen werden soll. Dieser unbestimmte Gesetzesbegriff ermöglicht es, auf technische Änderungen flexibel einzugehen und die Konzessionsdauer den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Obwohl das Gesetz nichts Konkretes vorsieht, ist es derzeit üblich, die Konzessionen mit einheitlicher Dauer zu verleihen. Derzeit werden fixgeklemmte Sessellifte mit einer Konzessionensdauer von dreißig, kuppelbare Sesselbahnen und Kabinenbahnen von vierzig und Pendelbahnen von fünfzig Jahren verliehen. Schon in den letzten Jahren vor Inkrafttreten des Seilbahngesetzes wurden die Konzessionen für einen ähnlichen Zeitraum verliehen. Erleichterungen bei Konzessionsverlängerungen von Anlagen, die eine vergleichbare kurze Konzessionsdauer erhielten, wie beispielsweise nur 20 Jahre, hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es sind daher Nachweise wie oben beschrieben zu erbringen.

Neuerteilung einer Konzession

Auch bei Neuerteilungen von Konzessionen erfolgte eine Erleichterung insofern, als eine neuerliche Überprüfung der technischen Voraussetzungen nicht mehr erforderlich ist. Der Konzessionär muss lediglich nachweisen, dass er über die notwendige Kapitalausstattung für den Betrieb, die Wartung und den Erhalt der Seilbahn verfügt. Weiters ist nachzuweisen, dass die Rechte zur Grundinanspruchnahme vorliegen und eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen ist.

Wiederaufstellen von Seilbahnen

Im Seilbahngesetz wurde eine Bestimmung aufgenommen, wonach die näheren Voraussetzungen für das Wiederaufstellen durch Verordnung festgelegtwerden. Der Verordnungsentwurf ist derzeit in Begutachtung. Über den Inhalt der Verordnung wird in einer der nächsten Ausgaben berichtet werden.

Mag. Jörg Schröttner, Leiter der Abteilung SCH 3


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