Wirtschaft

„Mama, fahren wir wieder in die Berge?“

Kinder bestimmen zu einem hohen Grad mit, wohin die Familie auf Urlaub fährt. Sie sind bei den Urlaubsentscheidungen ihrer Eltern aktiv in allen Phasen beteiligt.

von: Ursula Weixlbaumer-Norz

Dies bestätigt die aktuelle Studie „Familien-Insights – Kaufentscheidungen in Familien“, die bislang umfassendste Studie zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum. Sie wurde im Frühjahr 2015 von der österreichischen Unternehmensberatung kids & fun consulting, dem deutsch-österreichischen Co-Marketing-Anbieter kjero.com und dem österreichischen Online-Vermarkter Purpur Media durchgeführt und im September präsentiert.

Insgesamt wurden mehr als 2000 Eltern und Kinder in Österreich, Deutschland und der Schweiz befragt. Untersucht wurde der mögliche Einfluss von Kindern auf Kaufentscheidungen in Familien in allen wesentlichen Phasen der Kaufentscheidung – beginnend bei der Informationssuche und Evaluierung der gewonnenen Informationen über die Kaufentscheidung bzw. den Kauf bis hin zur Nachkaufphase mit der Nutzung des Produkts. Die Fragen bezogen sich auf die Produkte „Güter des täglichen Bedarfs/Alltägliches“, „Urlaub“, „Auto“, „Elektronische Kinderartikel“ und „Technische Geräte (Handy)“.

Die Kinder reden in allen fünf Phasen der Urlaubsentscheidung mit

85 % der Eltern gaben an, ihre Kinder bei Urlaubsentscheidungen aktiv um ihre Meinung zu fragen. In sogenannten „Familienkonferenzen“ werden die Meinungen der Kinder gehört und gemeinsam diskutiert. Moderne Familien funktionieren nach einem demokratischen Prinzip: Jeder hat eine Stimme und alle Meinungen werden gehört.

Die Studie „Familien-Insights – Kaufentscheidungen in Familien“ untersuchte den Einfluss von Kindern entlang der fünf Stufen des Kaufentscheidungsprozesses (nach Rogers/Kotler). Besonders wichtig ist der Einfluss der Kinder in drei Phasen: Problemerkennung, Informationssuche und Nachkaufphase. Als Tourismus-Experte können Sie die jungen Entscheider jedoch in allen Phasen durch ein entsprechendes Informationsangebot bzw. adäquate Maßnahmen unterstützen.

Phase 1 – Problemerkennung: Kinder bringen in die Familie Ideen ein, welche Urlaubsdestinationen ihnen gefallen. Zu über 60 % bekommen sie dazu Anregungen aus dem Freundeskreis, Internet- und Fernsehwerbung spielt eine kleinere Rolle. Urlaubserlebnisse werden im Freundeskreis herumerzählt, der Schulhof wird hier zum wichtigsten Marketingtool der Tourismuswirtschaft.

Phase 2 – Informationssuche: Kinder bringen Informationen über Urlaubsdestinationen in die Familie. Besonders ältere Kinder (10 bis14 Jahre) informieren sich in dieser Phase schon im Internet (42 %). Nur 20 % geben Fernsehwerbung als Informationshilfe an. Kinder lesen auch schon Empfehlungen und Bewertungen im Internet, natürlich noch nicht in dem Maße wie ihre Eltern (84 %).

Phase 3 – Bewertung der Alternativen: Kinder helfen, die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Destinationen zu bewerten. Hier zeigt sich wirklich die Stärke moderner Familien: Über 60 % der Eltern geben an, dass in dieser Phase ihre Kinder stark beteiligt sind. Es werden Gespräche geführt, jede Meinung wird gehört.

Phase 4 – Kaufentscheidung: Diese Phase ist so etwas wie die „letzte Bastion“ der Eltern. Wie bei vielen anderen Produktgruppen treffen die Kaufentscheidung letztendlich die Eltern.

Phase 5 – Verhalten nach dem Kauf: Wenn der Urlaub gebucht ist, hilft das Kind bei der Erkundung der Möglichkeiten und will den Eltern erklären, was man im Urlaub alles machen kann. 72 % der Eltern bestätigen, dass Kinder in dieser Nachkaufphase – sie wirkt stark auf die Urlaubszufriedenheit und auf die Markenloyalität – einen wesentlichen Einfluss haben. Dieser Phase wird leider in den Tourismus-Marketingzentralen noch nicht die Bedeutung zugewiesen, die sie eigentlich hat.

Kinder unterschätzen ihren Einfluss

Interessant ist die persönliche Einschätzung zum Einfluss bei einer Kaufentscheidung. In der Studie wurden Kinder zwischen 6 und 9 Jahren sowie Kinder zwischen 10 und 14 Jahren dazu befragt. Bei teureren Anschaffungen wie Urlaub glauben Kinder, dass sie weniger Einfluss auf die Kaufentscheidung haben, als es in Wirklichkeit der Fall ist. In beiden Altersgruppen unterschätzen die Kinder ihren Einfluss massiv – bei den jüngeren Kindern sogar um mehr als 20 %. Kinder haben somit großen indirekten Einfluss auf die Kaufentscheidung, d. h., die Eltern haben die Wünsche und Vorlieben ihrer Kinder immer im Hinterkopf. Das bestätigen auch die Ergebnisse der Studie: 55 % der Eltern sagten „Ich berücksichtige die Vorlieben und Interessen meiner Kinder.“

Was können Sie als Tourismus-Entscheider tun?

Seien Sie sich im Klaren darüber, dass Kinder in allen Phasen der Urlaubsentscheidung mitentscheiden. Setzen Sie für jede Phase die geeigneten Marketing-Instrumente ein:

Für die erste Phase der Problemerkennung spielen Empfehlungen eine große Rolle. Unterstützen Sie die Empfehlungskultur Ihrer jungen Gäste und überlegen Sie, welche Erlebnisse Sie im Schulhof weitererzählt haben wollen.

Für die Informationssuche spielt das Internet eine große Rolle bei älteren Kindern. Sind Ihre Inhalte online kindgerecht aufgearbeitet? Unterstützen Sie die gemeinsame Suche von Familien online? Unterschätzen Sie Kinder nicht – sie wollen genau wissen, was man im Urlaub machen kann und welche Erlebnisse dort auf sie warten. Sie sollten also eine familiengerechte Informationsseite bereitstellen, die auf die Bedürfnisse der jungen Entscheider eingeht.

Die Bewertung der gesammelten Informationen erfolgt in der Familie – hier wird diskutiert und besprochen. Welche Instrumente können Sie Kindern an die Hand geben, um ihre Argumente zu untermauern?

Die Kaufentscheidung treffen hauptsächlich immer noch die Eltern.

In der Nachkaufphase wartet unglaubliches Marketingpotenzial auf Sie! Hier ist viel aufzuholen: Gestalten Sie zum Beispiel Prospekte, die die Urlaubsdestination für Kinder erklären und nach der Buchung ausgesandt werden. Gleiches gilt für Erlebnismagazine und kindgerechte Hotelfolder. Aber auch technische Erklärungen zu Seilbahnen und Skigebieten, die die Kinder zu kleinen „Experten“ werden lassen, die ihr Wissen an die Eltern weitergeben können, sollten darin nicht fehlen.

Foto: Beigestellt
Mag. Ursula Weixlbaumer-Norz, Expertin für Kinder- und Familienmarketing kids&funconsulting.
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