Die erste Idee zur Erschließung des Hausberges von Adelboden, des steilen und bewaldeten Südhangs der Schwandfeldspitze bzw. der nahe gelegenen Tschentenalp, entstand schon im Jahr 1912. Die Initianten haben hier sogar gleich zwei Standseilbahnen geplant, die Umsetzung wurde jedoch durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges unmöglich gemacht. Auch weitere Projekte, im Jahr 1925 das einer Pendelbahn und 1933 einer Standseilbahn, wurden nicht umgesetzt. Beim Projekt aus dem Jahr 1925 verstrichen nutzlos alle Fristen und bei jenem aus dem Jahr 1933 wurde das nötige Geld nicht sichergestellt. Den dritten Versuch in der Zwischenkriegszeit im Jahr 1938 hat schließlich wieder der Kriegsausbruch verhindert.
Die erste Anlage war eine VR-101-Sesselbahn
Für die Erschließung der Tschentenalp hat man sich nach dem 2. Weltkrieg weiter bemüht, auch wenn in Adelboden inzwischen zwei Schlepplifte auf anderen Hängen gebaut wurden. So fingen schließlich im Jahr 1950 Bauarbeiten für die kuppelbare VR-101-Doppelsesselbahn an, die modernste Anlage dieser Art, die es damals gab. Die Bahn wurde am 30. Dezember 1950 eröffnet. Als Novum bei diesem Seilbahntyp wurden die Laufrollen in der Talstation und auf den ersten fünf Stützen mit Gummieinlagen ausgerüstet, um den Lärmpegel im mit zahlreichen Ferienhäusern verbauten Gebiet zu vermindern. Mit der Fahrgeschwindigkeit von 2,5 m/s erreichte diese Sesselbahn eine stündliche Förderleistung von 300 Personen. Mit der Steigung von max. 76 % war diese Bahn die steilste VR-101-Bahn der Schweiz. Im Jahr 1958 wurde auf der Tschentenalp ein Schlepplift der Firma Habegger eröffnet, 1969 folgte – ebenfalls von Habegger – eine fixe Doppelsesselbahn.
Gruppenbahnen im Anschwung
In den 1980er und anfangs der 1990er Jahre haben sich für Anlagen, bei denen keine besonders hohe Förderleistung vorgesehen und die wettergeschützte Beförderung der Fahrgäste in geschlossenen Kabinen gefragt war, die Seilbahnarten Gruppenumlaufbahn (GUB) und Gruppenpendelbahn (GPB) durchgesetzt. Die meisten dieser Bahnen wurden als Einseilbahnen mit einem Förderseil gebaut. Diese Bahnen verfügen über Gruppen von mit dem Förderseil fix verbundenen Kabinen. Für den Ein-und Ausstieg hält die ganze Bahn an. Es wird immer eine gerade Anzahl von Kabinengruppen eingesetzt. Bei mehr als zwei Kabinengruppen muss ein kurzer Zwischenhalt der Kabinen außerhalb der Stationen auf der Strecke in Kauf genommen werden. Der Vorteil im Vergleich zu den klassischen kuppelbaren Kabinenbahnen lag vor allem in den niedrigeren Anschaffungs- und Wartungskosten.
Ersatz durch eine Gruppenumlaufbahn
Eine GUB wurde auch als Ersatz für die inzwischen in die Jahre gekommene Doppelsesselbahn Tschentenalp gewählt. Neben einer Erhöhung der Förderleistung von 300 auf 750 P/h wurden geschlossene Kabinen statt der bisherigen offenen Sessel verlangt.
Die Bahn wurde von der Firma Städeli Lift AG geplant. Eröffnet wurde sie im Jahr 1991 schon nach dem Zusammenschluss von Städeli mit der Firma Garaventa. Die Anlage weist vier Gruppen mit je drei 15er-Kabinen auf. Im Sommer wurde die Bahn mit nur zwei Kabinengruppen und dementsprechend ohne Zwischenhalt der Kabinen in Streckenmitte betrieben. Später wurde diese Betriebsart ganzjährig eingeführt.
Da die Kabinengruppe mit bis zu 45 Fahrgästen für das Förderseil eine relativ hohe und nahezu punktförmige Querbelastung darstellt, war ein relativ dickes Förderseil erforderlich; es wurde ein kompaktiertes Rundlitzenseil mit 57 mm Durchmesser verwendet. In der Bergstation wird das Förderseil mit der gesamten Stützenkonstruktion der Umlenkscheibe und mit dem beweglichen Teil des Bahnsteiges gewichtsgespannt.
Kompakte Talstation
Die knappe Parzellengröße der Talstation im stark bebauten Dorfgebiet verlangte eine Speziallösung. Unmittelbar nach der Antriebsscheibe wird das Förderseil über eine weitere, vertikal gestellte Scheibe auf die steile Trasse bei der Talstation umgelenkt, demensprechend wurde auch die Stationseinfahrt gestaltet. Dies ermöglicht, gleich nach der Ausfahrt aus der Station steil aufwärts zu fahren. Durch diese von Städeli entworfene Lösung konnte auf die Ausfahrtstütze mit entsprechenden Niederhaltebatterien und auf einen Geländeeinschnitt vor der Talstation verzichtet werden.
Diese Stationsanordnung zwang den Architekten, eine in das Dorfbild passende Überdachung mit geringem Raumbedarf zu planen. Die optimale Lösung wurde in einem asymmetrischen Satteldach gefunden.
Um den Lärmpegel im Bereich der Talstation zu reduzieren, wurde ein Unterflurantrieb angewendet.
Tourismus auf der Tschentenalp
Die Tschentenalp ist heute ein kleines Skigebiet mit einer GUB, einer kuppelbarer 4er-Sesselbahn mit Wetterschutzhauben und einem Schlepplift. Der Schlittenpark auf der Tschentenalp lockt mit verschiedenen Abfahrten für jedes Fahrniveau an. Mit der GUB werden auch Bikes transportiert. Mit der richtigen Ausrüstung ist die Bike-Abfahrt auf der „Snowbike“-Piste im Winter ein schönes und aufregendes Erlebnis. Seit einigen Jahren wird auf der Tschentenalp Snowfarming betrieben. Mit dem Schneevorrat wird ab Herbst eine Piste vorbereitet, die für den Schneesportnachwuchs optimale Trainingsbedingungen bietet.
Im Sommer steht ein breites Angebot von über 30 km von gepflegten Wanderwegen zur Verfügung.
Roman Gric