Das ehemalige königlich-bayerische Forsthaus auf dem Graseck, einem kleinen Plateau am Fuße des Wettersteingebirges in 900 m Meereshöhe oberhalb von Partenkirchen, wurde später zu einem Berggasthaus umgebaut. Der damalige Gastwirt August Belstler initiierte anfangs der 1950er-Jahre den Bau einer automatischen Pendelbahn zur Verbindung seiner beiden gastronomischen Betriebe am Eingang zur Partnachklamm und auf dem Graseck. Im November 1968 brannte das Berggasthaus bis auf die Grundmauern nieder. Beim Wiederaufbau anfangs der 1970er-Jahre entstand ein 3-Sterne-Wanderhotel mit einem angeschlossenen Neubau.
Heute befinden sich auf dem Graseck der behagliche Hotelkomplex Das Graseck – My Mountain Hideaway und die privatärztliche Praxisgemeinschaft GAP Prevent. Dieser Gebäudekomplex mit einem umfangreichen Wellnessbereich mit vier Saunen und zwei Pools befindet sich gleich bei der Seilbahn-Bergstation und wurde seit dem Jahr 2012 von den jetzigen Eigentümern, dem Mediziner-Ehepaar Dr. Vincens Weingart und Dr. Sylvia Weingart schrittweise um- bzw. neugebaut.
Kleinseilbahn mit horizontaler Trassenstütze
Die in Garmisch-Partenkirchen ansässige Seilbahnbaufirma Peter Seilbahnen GmbH des Konstrukteurs Karl Peter hatte bereits Erfahrungen mit einer eigenen Versuchsbahn in Batschuns (Vorarlberg) und mit der Kleinpendelbahn Lech – Oberlech, als sie im Jahr 1953 vom Gastwirt August Belster mit dem Bau der automatischen Seilbahn auf das Hochplateau Graseck beauftragt wurde. Gefragt war eine möglichst vollautomatische Seilbahn, die 24 Stunden wie ein Gebäudeaufzug in Betrieb steht.
Die 492 m lange Trasse führt aus der Talstation über den Gebirgsfluss Partnach an dessen Austritt aus der Klamm und weiter an einer senkrecht abfallenden Felswand vorbei bis zu 90 m über dem Boden zur Bergstation. Die Bergstation steht auf einer Schottermoräne, was eine getrennte Tragseilverankerung mittels schwergewichts-reibungsverankerter Betonpoller erforderlich machte.
Einzigartig an der Graseckbahn ist ihre an der senkrechten Felswand neben der Bahntrasse befestigte horizontale Trassenstütze. Am Felsen ist die Stützenkonstruktion gelenkig gelagert, der Abstand beider Streben der Stütze beträgt 2,5 m. Die doppelten Stützen-Halteseile sind auf der Stütze mittels Vergussmuffen nachstellbar und mit Tellerfederung befestigt. Die Betonplatte des Hauptfundaments der Stützen-Halteseile ist ein mittels Felsankern gesichertes Schwergewichtsfundament. Die Spurweite auf der horizontalen Stütze beträgt 4,1 m.
In der Talstation wurden zwei separate Antriebe (15 kW und 17,5 kW) eingerichtet, von denen jeweils einer in Betrieb ist. Hier werden das Zugseil und die beiden Tragseile gewichtsgespannt. In der Bergstation befinden sich neben den Tragseilverankerungen lediglich zwei Umlenkscheiben für das Umlenken des Zugseiles.
Erste automatische Kleinseilbahn Deutschlands
Obwohl heute ein vollautomatischer Seilbahnbetrieb mit den heutigen Steuerungs- und Überwachungsmitteln problemlos möglich ist, war diese Anforderung in den 1950er-Jahren für den Seilbahnbauer eine echte Herausforderung. Für eine automatische Betriebsweise (mit einem Bedienungsmann in der Talstation) musste die Bahn mit zahlreichen Einrichtungen ausgerüstet werden:
Der Fahrgast entriegelte in der Talstation durch Einwurf des entsprechenden Betrages in Münzen bzw. der Seilbahn- oder Freifahrtmünzen in den Zahlautomaten den Zugang durch die Schleusen. Dort befand sich auf dem Boden eine Wiegevorrichtung, die den gleichzeitigen Eintritt von zwei Personen verhindert und das Gewicht der eingetretenen Fahrgäste bis zum Erreichen der Nutzlast der Kabine summiert. Dabei wird die Betriebsbereitschaft der Bahn hergestellt. Eine eventuelle Abfahrt einer überlasteten Kabine wurde dazu noch durch Überprüfung des Gesamtgewichtes der Kabine verhindert. In gleicher Weise erfolgte der Zutritt zur Talfahrt, kassiert wurde allerdings dann in der Talstation, da die Bergstation unbesetzt war.
Die selbsttätig schließende Kabinenfalttür wird automatisch verriegelt und kann während der Fahrt nicht geöffnet werden. Es besteht eine Telefonverbindung zwischen den Kabinen und dem Bedienungsmann in der Talstation. Automatisch überwacht wird auch die Windstärke (Fahrgeschwindigkeitsabsenkung).
Die gesamte automatische, auf Relaistechnik basierende Steuerung hat sich in den ersten Betriebsjahren als störungsfrei erwiesen; sicherheitshalber war ein zweites, identisches Gerät als Reserve im Schaltschrank installiert.
Im Notfall war von Vorteil, dass in beiden Gaststätten Personal zur Hilfeleistung vorhanden war. Die Nähe zu Garmisch-Partenkirchen stellte auch eine schnelle Unterstützungsmöglichkeit durch die Bergwacht sicher.
In den 1960er-Jahren bekam die Graseckbahn neue Laufwerke mit Tragseilbremse und neue Gehänge. Im Jahr 2012 wurden neue Trag- und Spannseile installiert, auch die Stützenschuhe auf der horizontalen Stütze wurden ausgetauscht. Im Jahr 2014 wurden beide Kabinen durch die Firma Zarges saniert, außer dem Kabinendach blieb von den alten Kabinen nicht viel übrig. Die traditionelle rote Farbe der Kabinen wurde geändert, die neuen Kabinen sind silbern. Heute werden die Fahrgäste nicht mehr gewogen, die Kabine wird höchstens mit sechs Personen besetzt. Derzeit ist die Seilbahn täglich von 7:00 bis 22:00 Uhr in Betrieb, für Hotelgäste ist die Fahrt kostenlos.
Geplanter Neubau
Die Bahn, die vor allem für die Besucher des Forsthaues gebaut worden ist und weiterhin den Gästen des Hotelkomplexes und der privatärztlichen Praxis dient, erfreute sich anfangs auch großen Interesses von Touristen, denen sich auf dem Graseck eine hervorragende Aussicht auf die Berge des Wettersteingebirges bietet. Die Förderleistung dieser nostalgischen Kleinseilbahn von lediglich 144 P/h reicht dem Bedarf an Beförderung in Tagen mit starkem Betrieb nicht mehr. Manchmal stehen die Wanderer bis zu zwei Stunden in der Schlange, obwohl sie zu Fuß in etwa einer Viertelstunde bei der Bergstation ankommen könnten. Sie warten lieber, nur um mit der nostalgischen Seilbahn fahren zu können.
Die Bahn ist nicht barrierefrei und somit für Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen nicht geeignet, auch eine Beförderung von Koffern der Hotelgäste ist in den schmalen Kabinen problematisch. Für die Hotelversorgung muss die nichtöffentliche Straße auf den Graseck täglich bis zu 20-mal mit dem Pick-up ins Tal und nach oben gefahren werden.
Da es den Seilbahnhersteller Peter Seilbahnen GmbH schon seit Anfang der 1960er-Jahre nicht mehr gibt, müssen Ersatzteile extra angefertigt werden, was manchmal zum Bahnstillstand von bis zu zwei Wochen führt. Die Pflege, Wartung und Reparaturen der alten Bahn kosten jährlich um die 10.000 Euro.
Auch wenn die nostalgische Seilbahn nach wie vor regelmäßig überprüft wird und alle Sicherheitsstandards erfüllt, sind die Überlegungen zum Neubau der Graseckbahn aktuell. Problematisch ist die horizontale Trassenstütze, die zurzeit keine Seilbahnbaufirma im Programm hat.
Als Ersatz wird wieder eine Kleinkabinen-Pendelbahn mit Kabinen für etwa acht Personen und mit erhöhter Fahrgeschwindigkeit überlegt, die auch Rollstuhlfahrer, Mountainbikes und Kinderwagen transportieren kann. Die Trasse soll etwas links versetzt und die Stütze auf dem Felsen errichtet werden.
Die nostalgische Bahn wird aber nicht ganz verschwinden. Es ist ein kleines Museum geplant, in dem die Geschichte der ersten Graseckbahn mit Bildern und Teilen der Originaltechnik samt einer alten Kabine beschrieben wird und so auch für die Zukunft erhalten bleibt.
Luftseilbahnen der Firma Peter Seilbahnen GmbH
- Versuchsbahn Batschuns – Suldis, Vorarlberg (1947)
- 5er-Pendelbahn Lech – Oberlech, Lech (1947 – 1958; Neubau 1958 und 2016)
- 6er-Pendelbahn Graseck, Garmisch-Partenkichen (1953 – heute)
- 10er-Pendelbahn Kranzberggipfel, Mittenwald (1954 – 1982; stillgelegt)
- 11er-Gruppenumlaufbahn Laberberg, Oberammergau (1957 – heute)
- 10er-Pendelbahn Arsizio-Serpiano, Arsizio (1958 – heute; Umbau 2008)
- 12er-Pendelbahn Seefelder Joch, Seefeld (1958 – 2018; 2018 Neubau,
siehe ISR 5/2019, S. 22–24) - 30er-Pendelbahn Härmelekopf, Seefeld (1960 – heute; umgebaut)