Recht

Eigenverantwortung eingefordert!

Oft herrscht die – falsche – Meinung vor, Betreiber von Skigebieten haften immer für einen Unfall. Eine „taufrische“ Entscheidung des OGH (19. 1. 2016) betont aber auch die Eigenverantwortung der Sportler.

Sachverhalt 

Im Skigebiet des Seilbahnunternehmens verunglückte der Ehemann bzw. Vater der Kläger tödlich, als er in einer Kurve über den Pistenrand hinausgeriet und gegen eine Baumgruppe prallte. Im Bereich der Unfallstelle führt die Piste eine Kurve nach links (von mehr als 90°) durch, für einen aufmerksamen Skifahrer war die Kurve (allerdings nicht ihr volles Ausmaß) bereits aus 180 m Entfernung erkennbar. In der gesamten Kurve besteht ein Quergefälle nach außen, im Bereich daneben befindet sich eine Steilböschung mit 83  % (40°) Gefälle, an deren Fuß mehrere Bäume stehen. Der talseitige Pistenrand war durch ein Absperrband mit farbigen Fähnchen gekennzeichnet, Warntafeln oder „Slow-Langsam-Banner“ waren nicht aufgestellt.

Der Verunglückte kannte das Skigebiet und auch die Pistenführung am Unfallort. Er fuhr die Piste in großen Carvingschwüngen ab, seine Geschwindigkeit betrug ca. 60 bis 65 km/h. Im Bereich der Linkskurve verkantete er, verlor das Gleichgewicht und schlug auf der Piste auf, ehe er über den talseitigen Pistenrand hinaus abstürzte. 

Seine Angehörigen klagten den Betreiber des Skigebietes, da sie der Meinung waren, die Absturzstelle hätte durch ein Fangnetz abgesichert werden müssen. Der Betreiber bestritt die Haftung, da der Unfall allein auf die überhöhte Geschwindigkeit und einen Fahrfehler des Verunglückten zurückzuführen sei.

Muss überall gesichert werden?

Nachdem das Erst- und das Berufungsgericht die Sache unterschiedlich beurteilten, wurde der Fall dem OGH zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hält zunächst fest, dass ein Pistenhalter nur „atypische Gefahren“ abzusichern hat, also solche, die auch für einen verantwortungsbewussten Skifahrer unerwartet oder schwer abwendbar sind. Das betrifft vor allem Hindernisse, die ein Skifahrer nicht ohne weiteres erkennen oder nur schwer vermeiden kann. Die Verpflichtung zur Pistensicherung gilt auch am Pistenrand, weil mit dem Sturz über den Pistenrand ­hinaus gerechnet werden muss. Atypische Gefahren sind daher auch dann zu sichern, wenn sie sich knapp neben der Piste befinden: Auf Skipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechende Felsen, Steilflanken oder ähnliche Geländeformationen heranführen, müssen daher geeignete Schutzmaßnahmen (z. B. Fangnetze) getroffen werden.

Im vorliegenden Fall führte die Piste im Bereich der Linkskurve an eine steile Böschung mit einem Gefälle von 83  % (40°) heran, an deren Fuß mehrere Bäume standen. Allerdings waren die Kurve und der talseitige Abhang für ­einen durchschnittlichen Skifahrer schon aus ausreichender Entfernung gut erkennbar. Auch war dem Unfallopfer das Gelände bekannt.

Überhöhte Geschwindigkeit = Mitverschulden

Das Gericht war zwar einerseits der Ansicht, dass der Pistenhalter in diesem Fall zur Sicherung der Unfallstelle verpflichtet gewesen wäre, da sich im Unfallbereich eine scharfe und „deutlich“ nach außen hängende Kurve mit sehr starker Richtungsänderung befindet. Das oberhalb gelegene Gelände bringe überdies entsprechend hohe Fahrgeschwindigkeiten mit sich, sodass bei einem Fahrfehler (z. B. Verkanten) auch für einen verantwortungsvollen Skifahrer die Gefahr des Absturzes über den Abhang bestehe.

Andererseits steht fest, dass sich der Verunglückte dem Unfallbereich mit einer der Gefahrensituation nicht angepassten überhöhten Geschwindigkeit (60 bis 65 km/h) genähert hat. Dadurch hat sich die Wahrscheinlichkeit des Verkantens erhöht, was wiederum das Abrutschen über den Pistenrand hinaus bewirkte. Daher hat der OGH ausgesprochen, dass den Verunglückten ein Mitverschulden von 50  % trifft.

Wichtig ist es in derartigen Verfahren, rechtzeitig Beweismittel, die für den Nachweis des Mitverschuldens des Verletzten hilfreich sind – wie z.  B. Zeugenangaben – zu „sichern“. Auch kann mit Hilfe der Auswertung der Daten der Skikarte z.  B. nachgewiesen werden, dass dem Verletzten das Skigebiet gut bekannt ist.

Christoph Haidlen
www.seilbahnrecht.at

Foto: Die Fotografen für Dr. Haidlen
Dr. Christoph Haidlen, Experte für Seilbahnrecht und Partner von CHG Rechtsanwälte
Foto: Die Fotografen für Dr. Haidlen

Foto: Aniela Lea Schafroth

Klimawandel in alpinen Gebieten, (Er)Lebensraumgestaltung und KI am Berg waren Kernthemen des 33. TFA TourismusForum Alpenregionen vom 18. bis 20.…

Weiterlesen
HTI Gruppe

Das Geschäftsjahr 2023 der Südtiroler HTI Gruppe endete mit einem Umsatz von 1,477 Mrd. Euro und somit mit 176 Mio. Euro mehr im Vergleich zum Jahr…

Weiterlesen
Foto: Bild von NickyPe auf Pixabay

Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) in Wien analysiert in seiner aktuellen Konjunkturprognose, dass die hohen Zinssätze die…

Weiterlesen
Foto: Michael Lobmaier-Mantona

Der Fachverband Seilbahnen der Wirtschaftskammer Österreich präsentierte in Saalbach ein speziell auf Seilbahnbetriebe ausgerichtetes Instrument zum…

Weiterlesen
Foto: Kässbohrer

Die Neubesetzung des Vorstands der Kässbohrer Geländefahrzeug AG ist mit der Bestellung zum dritten ordentlichen Vorstandsmitglied zum 1. April 2024…

Weiterlesen
Seilbahnen Schweiz

Beim ersten von zwei Schnuppertagen bei 50 Schweizer Seilbahnbetrieben folgten insgesamt über 150 Jugendliche dem "Call of Heroes".

 

Weiterlesen
WK Steiermark

Beim Gipfeltreffen der steirischen Seilbahnunternehmen am 7. März 2024 im „Aiola im Schloss St. Veit“ in Graz gab es gute Ergebnisse zu feiern und mit…

Weiterlesen
Foto: Gipfelgespräche

Skifahren trendet auch bei jungen Menschen. Der Branche Mut machende Ergebnisse aus der Forschung wurden bei den dritten "Gipfelgesprächen" der…

Weiterlesen
Foto: Andre Schoenherr

Auf der Messe für Raumplanung in Bergregionen, die vom 16. bis 18. April 2024 in Grenoble über die Bühne geht, präsentiert der Schweizer Experte…

Weiterlesen
Foto: ARGE Dachstein West/MirjaGeh

Seilbahn-Hochzeit am Dachstein: Die neue Unternehmensstruktur bildet die Dachmarke Bergbahnen Dachstein Salzkammergut (BBDS) nun auch…

Weiterlesen
Foto: Überall

Die nächste Ausgabe der Interalpin, Weltleitmesse für alpine Technologien, geht von 6. bis 9. Mai 2025 in der Messe Innsbruck über die Bühne.

Weiterlesen
Foto: Dieter Krestel

Rund 15 hochkarätige Aussteller zeigten am 8. und 9. März 2024 auf der Snowexpo im Schweizer Skiort Melchsee-Frutt auf rund 2.000 m Seehöhe Präsenz.…

Weiterlesen
Foto: Seilbahnen Schweiz

Trotz des wechselhaften und relativ warmen Februars verzeichnen die Schweizer Seilbahnen immer noch ein Plus von 7% bei den Ersteintritten, allerdings…

Weiterlesen
Foto: Doppelmayr Seilbahnen GmbH

In Lateinamerika spielen Seilbahnen als ÖPNV-Verkehrsmittel im urbanen Raum eine wichtige Rolle. Die Doppelmayr-Gruppe arbeitet gerade an fünf neuen…

Weiterlesen
Foto: Immoos

Der Spezialist für Bergungstechnik bei Seilbahnen und Industrieanlagen reagiert auf die wachsenden Marktbedürfnisse in Frankreich. Sébastien Louzy…

Weiterlesen