ISR: Wie sieht die Sommerbilanz 2011 der deutschen Seilbahnen aus, besonders im Vergleich zum Vorjahr?
Dipl.-Ing. Peter Huber: Wer an Seilbahnen denkt, denkt zunächst vor allem an Wintersport. Viele deutsche Seilbahnen sind jedoch ursprünglich zur Sommerfrische entstanden und haben auch heute im internationalen Vergleich ein festes Standbein in der Sommersaison. Bei über 20 % der deutschen Anlagen liegt der Schwerpunkt auf der Sommersaison, die restlichen 80 % haben zum Großteil einen Mischbetrieb aus Sommer- und Wintergeschäft. Die deutschen Seilbahnen verkehren witterungsbedingt im Sommer zwischen 140 und 180 Betriebstage.
Konkrete Zahlen zum Verlauf der Sommersaison 2011 liegen uns noch nicht vor, da die Seilbahnen in Deutschland vor allem in den traditionellen Wandermonaten September und Oktober – abhängig von der Wetterlage – sehr stark frequentiert werden. Bisher zeichnet sich jedoch ein sehr guter Verlauf ab. Im Vorjahr beförderten wir 4,2 Mio. Gäste und erzielten Netto-Verkehrseinnahmen in Höhe von 38 Mio. Euro.
ISR: Welche Bedeutung haben die Seilbahnen in Deutschland für den Tourismus und welche Wertschöpfung wird dadurch generiert?
Dipl.-Ing. Peter Huber: Die Erschließung touristischer Regionen mit Seilbahnen hat einen starken Einfluss auf deren wirtschaftliche Entwicklung. Schon bei der Entscheidung für einen Urlaubsort spielen die Seilbahnen eine große Rolle, wie die dwif-Studie „Grundlagen Wintertourismus in Bayern“ im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ergeben hat. Folgende wirtschaftsfördernde Multiplikatoreffekte zwischen Seilbahnunternehmen und Destination werden durch die dwif-Studie belegt:
1.000 Euro Löhne und Gehälter bei der Seilbahn schaffen in der Region ein Einkommen von:
3.600 Euro im Berchtesgadener Land / ein Arbeitsplatz Seilbahn bedeutet 3,6 Arbeitsplätze in der Region;
4.100 Euro im Werdenfelser Land / ein Arbeitsplatz Seilbahn bedeutet 4,1 Arbeitsplätze in der Region;
6.200 Euro im Oberallgäu / ein Arbeitsplatz Seilbahn bedeutet 6,2 Arbeitsplätze in der Region;
7.800 Euro im Arberland / ein Arbeitsplatz Seilbahn bedeutet 7,8 Arbeitsplätze in der Region.
Zwischen 40 und 52 % des Einkommens aus dem Tourismus stehen in diesen Regionen direkt oder indirekt in Zusammenhang mit einer Bergbahn, so die dwif- Studie.
ISR: Wo liegen die Schwerpunkte der Verbandsarbeit in den nächsten Jahren?
Dipl.-Ing. Peter Huber: Als Verband haben wir es zu einer unseren obersten Prioritäten gemacht, die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter stetig zu verbessern. Wir haben neue Qualifizierungsprogramme geschaffen, bestehende Angebote optimiert und auch in diesem Bereich die Zusammenarbeit mit den Verbänden in der Schweiz und Österreich gesucht. Sehr stolz bin ich darauf, dass wir in unserem verbandsinternen Intranet einen ganz neuen, innovativen Weg gegangen sind und ein „Seilbahn-Wiki“ aufgebaut haben. Damit steht allen Seilbahnmitarbeitern eine umfassende Wissensplattform zur Verfügung, die ihnen zum Erfahrungsaustausch, zur Vernetzung und natürlich zur Weiterbildung dient.
Ein zentrales Thema der Verbandsarbeit ist und bleibt die Nachwuchsförderung. Wobei sich unser Hauptaugenmerk nicht nur auf den Skisport, sondern generell auf die Bewegung in den Bergen richtet. Deutschland hat im Sommer ja einen Standortvorteil dahingehend, dass bei uns traditionell die Sommersaison eine große Rolle spielt. Erfreulicherweise zeigen im Sommer zunehmend auch jüngere Zielgruppen ein immer größeres Interesse an Aktivitäten in den Bergen. Grundsätzlich können die deutschen Seilbahnen im Sommer wie im Winter mit ihrer Nähe zu Ballungszentren und den Wirtschaftsmetropolen punkten. Diese gute Erreichbarkeit kombiniert mit einem familienfreundlichen Preisniveau müssen wir noch stärker herausarbeiten.
Für die Zukunft sehe ich eine Verstärkung der Kooperationen vor allem im Bereich Lobbying, Darstellung der wirtschaftlichen Bedeutung des Bergtourismus und gemeinsamer Vermarktung unseres Produktes. Wir müssen unser Produkt gemeinsam so gut gestalten, dass ein Aufenthalt in den Bergen eine dauerhafte Alternative zu Fernreisen und den Sonnendestinationen darstellt.
Die Herausforderungen der Zukunft sehe ich vor allem bei Themen wie Ressourcenverbrauch, Nachwuchsförderung und rechtlichen Rahmenbedingungen. Ziel muss es sein, zu einheitlichen, praxisgerechten und nachhaltigen Lösungen zu finden.
JS