Anfang 2025 erscheint im Springer-Verlag das Buch Technische Beschneiung und Umwelt (erste Informationen unter link.springer.com/book/9783662697771). Es ist das Nachfolgewerk von Prof. Pröbstl-Haiders Kunstschnee und Umwelt aus 2006 und trägt umfassend die Ergebnisse der Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten zusammen. Die Wissenschaftlerin schildert ihre Einschätzung über das Zusammenspiel von technischer Beschneiung, Tourismus und Ökologie.
ISR: Frau Prof. Pröbstl-Haider, zu welchen Ergebnissen kommen Sie in Ihrem neuen Buch?
Prof. Pröbstl-Haider: Wir haben über 40 Studien ausgewertet, und ich denke, dass ich so ziemlich alles gelesen habe, was die Wissenschaft dazu geforscht hat. Die Forschungsschwerpunkte haben sich im Laufe der Jahre gewandelt. Früher beschäftigte man sich überwiegend mit den Auswirkungen auf das Thema Vegetation und schürte Ängste mit Aussagen wie bis zu 40 % weniger Heuertrag auf zuvor beschneiten Pisten. Erst später rückten die Themen Tierwelt und Wasser in den Blickpunkt der Forschung. Nachdem die Veränderungen der Vegetation auch Zeit benötigt, war die erste Bilanz noch unausgewogen. Zudem hatte man Einflussfaktoren auf die Forschungsergebnisse – wie zum Beispiel die landwirtschaftliche Düngung, der Vergleich von Pistenflächen mit solchen von außerhalb, das verwendete Wasser etc. – zu wenig Beachtung geschenkt. Die Forschung der letzten Jahre konnte unter anderem beweisen, dass die technische Beschneiung auf sensiblen und wertvollen Trockenstandorten nicht die befürchteten Auswirkungen hat, weil – bei gleicher Bewirtschaftung – die Trockenheitswirkung in heißen Sommermonaten auch durch viel Wasser im Frühjahr nicht nennenswert beeinflusst wird.
ISR: Das Thema Wasser ist mehr in den Fokus gerückt …
Prof. Pröbstl-Haider: Das Thema Wasserverfügbarkeit ist sehr wichtig geworden, weil man mittlerweile sehr schnell, innerhalb von zwei bis drei Tagen, ein Skigebiet technisch beschneien möchte. Dazu braucht es eine entsprechend große Menge an Wasser. Vor 20 Jahren waren Speicherseen noch selten, mittlerweile sind sie ebenfalls in den Fokus von Forschungsarbeiten gerückt. Speicherseen haben den „Konflikt“ mit dem Ökosystem Gewässer entschärft, weil die Wasserentnahme aus einem Fluss oder aus natürlichen Gewässern entfällt. Allerdings sind solche Speicherseen aufgrund des Dichtungsmaterials am Grund große versiegelte Flächen.
ISR: Und wie steht es um die Tierwelt?
Prof. Pröbstl-Haider: Da gab es früher viele Diskussionen hinsichtlich der Störung der Natur durch Lärmbänder aufgrund von langen Beschneiungszeiträumen, die sich über Wochen hinzogen. Die verbesserte Beschneiungstechnik, die Schneiteiche und die Praxis, eine Grundbeschneiung in wenigen Tagen herzustellen, haben dazu geführt, dass diese stör-ökologischen Konflikte weitestgehend vom Tisch sind. Drei Tage mit Lärmbelastung sind weniger störend als unregelmäßige Muster über 30 Tage. Noch eins: Niemand ist mehr wirtschaftlich an einer Saisonverlängerung interessiert, die dann in die sensiblen Balzzeiten von Vögeln hineinreichen würde. Wenn die Temperaturen zu steigen beginnen, möchten die Menschen in ihren Gärten lieber Primeln pflanzen oder die erste Radtour starten. Das ist nur ein kleiner Streifzug im Bereich der Tierwelt. Man könnte noch über die geringere Regenwurmaktivität unter Kunstschnee im Frühjahr berichten und die Betroffenheit anderer Bodenlebewesen (Anm.: schmunzelt) …