ISR: Herr Salzmann, welche Seilbahnprojekte werden derzeit von Ihnen in Deutschland betreut?
Stephan Salzmann: Einerseits geht das bayerische Familienskigebiet Sudelfeld in diesem Jahr mit der Errichtung der kuppelbaren 8er-Sesselbahn Sudelfeldkopf mit Wetterschutzhaube, Sitzheizung und Kindersicherung in die nächste Phase des Masterplans, den wir für die Bergbahnen Sudelfeld GmbH im Jahr 2005 erstellt haben, andererseits wird bis 2018 am Jenner, dem bekannten Skigebiet am Königssee im Berchtesgadener Land, ein Großprojekt mit drei Seilbahnanlagen und zahlreichen Infrastrukturmaßnahmen realisiert. Dabei arbeiten wir mit der AEP Planung und Beratung GmbH aus Schwaz eng zusammen. Das Tiroler Unternehmen ist unter anderem für die Planung der Pisten und der technischen Beschneiung verantwortlich.
ISR: Wie war die Ausgangssituation bei der Berchtesgadener Bergbahn AG?
Stephan Salzmann: Da muss ich jetzt etwas ausholen: Das Skigebiet Jenner (610 m bis 1.800 m ü. M.) in Schönau am Königssee verfügt zum Großteil über steile und anspruchsvolle Pisten, die derzeit nur für den erfahrenen Wintersportler geeignet sind. Für den schwächeren Skifahrer und für Kinder ist das Pistenangebot noch zu gering. Da aber Familien als Tages- und Mehrtagesgäste am Jenner eine klare Zielgruppe sind, herrscht hier Handlungsbedarf. Im Sommer hingegen bietet der Jenner aufgrund des Bergpanoramas, des Blicks auf den darunter liegenden Königssee, des angrenzenden Nationalparks Berchtesgaden und des weitläufigen Wandernetzes ein sehr attraktives Angebot, das sowohl Wanderer als auch Ausflugstouristen aus ganz Europa anspricht. Der Königssee ist eine der Touristenattraktionen in Bayern, der jährlich weit über 1 Mio. Besucher anzieht. Die Touristen warten am Parkplatz auf die Schiffe, und am anderen Ende ist die Talstation der Jennerbahn angesiedelt. Diese wurde aber bislang von den Besuchern zu wenig wahrgenommen. Der österreichische Hotelier Peter Hettegger aus Großarl wiederum betreibt seit mehreren Jahren in Berchtesgaden äußerst erfolgreich sein Hotel Edelweiss. Da er in Großarl auch Geschäftsführer der ansässigen Bergbahngesellschaft ist, hat er sich mit der Berchtesgadener Bergbahn AG intensiv auseinandergesetzt und das enorme Potential des Gebietes am Jenner erkannt. In der Folge holte er sich zwei weitere Mitstreiter aus Österreich mit ins Boot, und mittlerweile gehört ihnen die Mehrheit der Berchtesgadener Bergbahn AG, die zuvor vorwiegend im Gemeindebesitz war. Die drei Hauptaktionäre einigten sich auf ein umfassendes Investitionsprogramm von 35 Mio. Euro. Hier kamen wir ins Spiel, und gemeinsam mit den Aktionären und der AEP Planung und Beratung GmbH haben wir ein Konzept entwickelt, das wir im Juli 2015 zur Baugenehmigung eingereicht haben. Die Hauptarbeiten werden 2017 erfolgen, und Ende 2018 soll das Großprojekt fertiggestellt sein.
ISR: Welche Maßnahmen umfasst die geplante Großoffensive am Jenner?
Stephan Salzmann: Das Projekt gliedert sich in die Bereiche Seilbahnanlagen, Pisten und technische Beschneiung, Infrastruktur sowie Sommer- und Winterattraktionen. Das Herzstück sind die drei Seilbahnen: Jennerbahn, Jennerwiesenbahn und Mitterkaserbahn.
ISR: Wie sehen die Pläne für die Jennerbahn genau aus?
Stephan Salzmann: Die bestehende, 62 Jahre alte Jennerbahn (Einseilumlaufbahn mit 2er-Kabinen) wird durch eine neue 10er-Kabinenbahn mit zwei Teilstrecken ersetzt. Sie wird über eine Förderleistung von 1.600 P/h, bei einer Fahrgeschwindigkeit von 6 m/s, verfügen. Gegenüber der alten Anlage kommt das mindestens einer Verdreifachung der Förderleistung und einer Verdoppelung der Fahrgeschwindigkeit gleich. Somit sind die langen Wartezeiten bei der Jennerbahn Geschichte. Die erste Teilstrecke der Ersatzanlage wird auf der bestehenden Trasse der Jennerbahn errichtet, aber etwas verkürzt, die zweite Teilstrecke wird komplett neu erbaut. Die Mittelstation wird aufgrund des spektakulären Panoramablicks nach unten zum Speicherteich auf 1.132 m ü. M. verlegt, denn dort soll für den Winter ein ausgedehntes Übungsgelände für Kinder mit einem kleinen Restaurant entstehen. Die Standorte der Tal- und Bergstation bleiben annährend gleich. In der Talstation (642 m ü. M.) wird ein topmodernes Stationsgebäude mit zahlreichen Serviceeinrichtungen wie Ski-Depot, Shop, einem Restaurant, Büroräumlichkeiten und Tiefgarage errichtet. Große Pläne hat man für das Restaurant am Berg: Das bestehende Gasthaus wird abgerissen und dafür wird bei der Bergstation (1. 798 m ü. M.) ein aufsehenerregendes Bergrestaurant für 500 Personen mit Seminarräumen und eigenem Trauungsraum für Hochzeiten realisiert. Denn im südbayerischen Raum herrscht ein großer Bedarf nach geeigneten Event-Locations für Firmen- oder Familienfeiern.
ISR: Was ist im Bereich der Jennerwiesenbahn und der Mitterkaserbahn vorgesehen?
Stephan Salzmann: Die bisherige Jennerwiesenbahn, eine Doppelsesselbahn, die bis zum Berggipfel geführt hat, wird abgetragen, und sie wird jetzt, parallel zur ersten Teilstrecke der Jennerbahn, neu auf dem knapp 1 km langen Flachstück durch eine kuppelbare 6er-Sesselbahn mit Wetterschutzhauben, Sitzheizung und Kindersicherung ersetzt. Die Talstation befindet sich auf 1.038 m ü. M. und damit etwas unterhalb der neuen Mittelstation der Jennerbahn. Der Hintergrund für diesen Standort war der, dass die Kinder, die dem Übungsgelände „entwachsen“ sind, dann als nächsten Schritt mit dieser Sesselbahn fahren können. Für den geübten Wintersportler wiederum hat man auch die bestehende Doppelsesselbahn Mitterkaserbahn mit ins Projekt genommen. Sie wird durch eine 6er-Sesselbahn ersetzt, die etwas schlichter ausgestattet sein wird. Damit wird dem Gast eine komfortable Wiederholungsanlage geboten.