Das österreichische Bundesgesetz über Seilbahnen (SeilbG 2003) sieht vor, dass das Seilbahnunternehmen für jede Seilbahnanlage einen verantwortlichen Betriebsleiter sowie mindestens einen, höchstens jedoch drei Betriebsleiter-Stellvertreter zu bestellen hat. Der verantwortliche Betriebsleiter ist der unmittelbare Vorgesetzte aller im Seilbahnbetrieb verwendeten Betriebsbediensteten.
Ihm obliegt die Führung und Überwachung des Seilbahnbetriebes, in dessen Abwesenheit seinem hiezu bestimmten Stellvertreter. Die Aufgaben des verantwortlichen Betriebsleiters können nicht im vollen Umfang durch den Betriebsleiter-Stellvertreter übernommen werden. In derfür die Seilbahnanlage genehmigten Betriebsvorschrift sind diese Einschränkungen festgelegt (z. B. dürfen die Hauptuntersuchung, Schulung und Prüfung der Mitarbeiter sowie Seilarbeiten ausschließlich vom verantwortlichen Betriebsleiter vorgenommen werden).
Das Anforderungsprofil sowie die Voraussetzungen zur Genehmigung als verantwortlicher Betriebsleiter oder als Betriebsleiter-Stellvertreter unterscheiden sich aber in keinem Punkt. Im Nachfolgenden wird daher sowohl der verantwortliche Betriebsleiter als auch der Betriebsleiter-Stellvertreter nur mehr als Betriebsleiter (BL) bezeichnet.
Aufgaben des Betriebsleiters (BL)
Im § 81 SeilbG 2003 ist die Verantwortung des BL für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung des Seilbahnbetriebes und des Seilbahnverkehrs festgelegt.
Diese grundlegende Festlegung der Verantwortung des BL wird durch die jeweilige Betriebsvorschrift und den Erlass über die Zuverlässigkeit und Eignung von Betriebsbediensteten bei Seilbahnen mit Personenbeförderung vom 16. Oktober 2000, Zl. 239006/1-II/C/13-2000, einschließlich dem dazu erläuternden Merkblatt genauer spezifiziert.Die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung des Seilbahnbetriebes unddes Seilbahnverkehrs umfasst sowohl die Aufsichtspflicht als auch die damit verbundene notwendige Weisungsbefugnis. Es obliegt dem BL, durch Instandhaltung, Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Teilen der Seilbahnanlage sowie nach Betriebsunterbrechungen infolge außergewöhnlicher Ereignisse durch Kontrollen und Setzen von geeigneten Maßnahmen den betriebssicheren und ordnungsgemäßen Zustand der Seilbahn sicherzustellen.
Weiters obliegt dem BL die Personaleinteilung und Führung der ihm unterstellten Seilbahnbediensteten, die Überprüfung der Zuverlässigkeit und Eignung dieser Seilbahnbediensteten sowie die Entscheidungskompetenz bei außergewöhnlichen Ereignissen (z. B. bei der Bergung). Neben diesen Aufgaben ist der BL gegenüber der Seilbahnbehörde Ansprechpartnerin technischer und betrieblicher Hinsicht. Seine Tätigkeit umfasst auch die bei einer Seilbahn notwendige Dokumentation, wie die Niederschrift über die Durchführung der Hauptuntersuchung, Erstellungvon Dienstanweisungen, Kontrolle und Führung des Betriebstagebuches, Erstellung und Aktualisierung des Bergeplanes, Führung der Seilmeldebogensowie weitere Berichts- und Meldeverpflichtungen.
Bei baulichen Änderungen oder bei neuen Seilbahnprojekten ist die Mitwirkungeines erfahrenen BL bei der Planung sinnvoll, da er über die notwendigen betrieblichen und technischen Kenntnisse verfügt und oft wertvolle Anregungen einbringen kann.
Anforderungsprofil an den Betriebsleiter (BL)
Die geforderten Aufgaben stellen an den BL erhöhte physische und psychische Anforderungen, die er zur Erfüllung seiner Funktion benötigt. So sind neben dem fundierten technischen Wissen auch Verantwortungsbewusstsein, analytisches Denkvermögen, wirtschaftliches Denken und Handeln, Kommunikationsgeschick im Umgang mit Fahrgästen und den ihm unterstellten Betriebsbediensteten, Durchsetzungsvermögen und körperliche Eignung Voraussetzungenfür seine Dienstausübung.
Voraussetzungen zur erstmaligen Genehmigung als Betriebsleiter (BL)
Basierend auf dem SeilbG 2003 sind für die Bestellung eines BL bei einer öffentlichen Seilbahn folgende Vorschriften zu erfüllen:
• Erlass über die Zuverlässigkeit und Eignung von Betriebsbediensteten bei Seilbahnen mit Personenbeförderung vom 16. Oktober 2000, Zl. 239006/1-II/C/13-2000 (Personalerlass), einschließlich dem dazu erläuternden Merkblatt,
• Richtlinie R 5/07 „Regelungen für die Bestellung von Betriebsleitern bei mehreren Seilbahnen“, veröffentlicht vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.
Im Erlass wird unter anderem festgelegt, dass vor Bestellung eines BL und der behördlichen Genehmigung dieser das Alter von 21 Jahren vollendet haben muss und er die erforderliche fachliche Eignung nachzuweisen hat. Diese fachliche Eignung wird durch den Nachweis der theoretischen Kenntnisse in administrativer, betrieblicher, seilbahntechnischer und elektrotechnischer Hinsicht sowie der Vorverwendung und der systembezogenen Einschulung (Fremdpraxis) erbracht.
Nachweis der theoretischen Kenntnisse: Dieser Nachweis erfolgt im Allgemeinen durch eine kommissionelle mündliche Abschlussprüfung anlässlich eines Ausbildungskurses beim Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Tirol (WIFI-Tirol) im Beisein von Vertretern des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Die Zulassungsbedingungen für den Ausbildungskurs sind auf der Website „www.seilbahnakademie.at“ angeführt.
In Sonderfällen (z. B. bei ausübender Betriebsleitertätigkeit und bei entsprechenden sonstigen Voraussetzungen) ist eine Verwendungsprüfung vor der Seilbahnbehörde abzulegen. Der Ausbildungskurs wird vom WIFI-Tirol in drei Teilen angeboten. Eine Voraussetzung für die Bestellung als BL ist der positive Abschluss der kommissionellen Prüfung über die Teile I und II. Für die Bestellung bei Standseilbahnen, Pendelseilbahnen und Gruppenumlaufbahnen ist zusätzlich der positive Abschluss der Prüfung über den Teil III erforderlich.
Vorverwendung: Die facheinschlägige Vorverwendung als ein Teil der fachlichen Eignung ist durch die Tätigkeit als Maschinist, als Stationsbediensteter oder als Wagenbegleiter bei einer öffentlichen Seilbahn im Ausmaß von mindestens drei Monaten nachgewiesen.
Systembezogene Einschulung – Fremdpraxis: Für den Nachweis der Fremdpraxis werden Seilbahnen in folgende Systeme unterteilt: Sessellifte (SL), Sesselbahnen (KSB), Einseilumlaufbahnen mit geschlossenen Fahrzeugen (EUB), Zweiseilumlaufbahnen (ZUB), Kombibahnen (KB), Pendelseilbahnen (P), Standseilbahnen (S) und Gruppenumlaufbahnen (GUB). Vor Genehmigung der Bestellung zum BL ist bei einer systemgleichen Seilbahn eine praktische Einschulung in einem Ausmaß von mindestens zehn Tagen bei einem anderen Seilbahnunternehmen zu absolvieren.
Für Kombibahnen kann in Abweichung von der vorstehenden Regelung die Einschulung auch in einem Ausmaß von fünf Tagen bei einer Sesselbahn und fünf Tagen bei einer Einseilumlaufbahn mit geschlossenen Fahrzeugen erfolgen. Bei gleichzeitiger Bestellung für zwei oder für mehrere Seilbahnen der Systeme Sessellifte, Sesselbahnen, Einseilumlaufbahnen mit geschlossenen Fahrzeugen und Zweiseilumlaufbahnen sind insgesamt nur zehn Tage Einschulung erforderlich.
Folgende Beispiele werden dazu angeführt:
• SL + KSB: je 5 Tage SL + KSB
• SL + EUB: je 5 Tage SL + EUB
• SL + KSB + EUB: je 5 Tage SL + EUB oder je 5 Tage KSB + EUB
• KSB + EUB + P: je 5 Tage KSB + EUB und 10 Tage P
Geltungsdauer der Nachweise für diefachliche Eignung
Aufgrund der unterschiedlichen Nachweise über die theoretischen Kenntnisse, die in den früheren Jahren bei der erstmaligen Bestellung zum Betriebsleiter verlangt wurden, und der praktischen Erfahrungen mit dem Personalerlass war die Einführung von Sonderbestimmungen notwendig. Beispiele dafür sind:
• Die systembezogene Einschulung (Fremdpraxis) darf bei der Bestellung zum BL nicht länger als drei Jahre zurückliegen.
• Wird nach positiver Ablegung der kommissionellen Prüfung (Zeugnisdatum) nicht innerhalb von fünf Jahren eine Tätigkeit als BL bei einer öffentlichen Seilbahn ausgeübt, ist der Nachweis der theoretischen Kenntnisse nicht mehr gegeben. Eine neuerliche kommissionelle Prüfung nach Kurswiederholung des Teiles II ist erforderlich.
• Liegt eine ausgeübte Funktion als BL mehr als zehn Jahre zurück, ist der Nachweis der theoretischen Kenntnisse durch eine kommissionelle mündliche Abschlussprüfung anlässlich eines Ausbildungskurses beim WIFI-Tirol erforderlich.
• Für die Genehmigung der Bestellung eines BL, dessen letzte Tätigkeit in dieser Funktion mehr als fünf Jahre zurückliegt, ist es erforderlich, dass er innerhalb der vergangenen zehn Jahre BL bei einer systemgleichen oder systemähnlichen Seilbahn im Ausmaß von insgesamt drei Monaten war.
Bei Bestellung eines ausübenden BL für ein zusätzliches Seilbahnsystem sind Sonderbestimmungen für den Nachweis seiner notwendigen systembezogenen Kenntnisse in Abhängigkeit von seiner bisherigen Verwendung, dem beantragten vorgesehenen Seilbahnsystem sowie vom Ausstellungsdatum des jeweiligen Eignungsnachweises geltend. Die Sonderbestimmungen werden im Einzelfall vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie festgelegt.
Vorschau
Durch die Änderungen bei der Eignungsfeststellung, insbesondere hinsichtlich der Nachweise der theoretischen Kenntnisse, ist eine Überarbeitung des Erlasses über die Zuverlässigkeit und Eignung von Betriebsbediensteten bei Seilbahnen mit Personenbeförderung sowie des Merkblatts in nächster Zeit erforderlich.
Der Betriebsleiter als Berufsbild
Ohne Zweifel sind mit der Funktion des BL bei einer öffentlichen Seilbahn sehr viele interessante Tätigkeiten verbunden. Neben der großen Verantwortung, die der BL zu tragen hat, bietet sich ihm ein abwechslungsreicher und zukunftssicherer Job. Das Naturerlebnis (die Auseinandersetzung mit Naturgefahren, das immer größere Umweltbewusstsein) und die technische Leitungstätigkeit innerhalb des Seilbahnunternehmens fordern vom BL eine starke Persönlichkeit.
Andrea PummerSachbearbeiterin in der Seilbahnabteilungim BMVIT