Recht

Bedeutet die aktuelle Rechtsprechung das Aus für WISBI-Strecken?

Zur Frage, wie Geschwindigkeitsmessstrecken in Skigebieten zu sichern sind, ist zuletzt eine sehr strenge Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergangen, die in der Praxis das Ende solcher Messstrecken bedeuten könnte.

Unfallhergang

Im Skigebiet des (auch) beklagten Seilbahnunternehmens ereignete sich ein Unfall, bei dem der (spätere) Kläger bei der Benutzung eines abgegrenzten Bereiches, in welchem die Wintersportler ihre Fahrzeit messen können („WISBI-Strecke“), verletzt wurde. Die Messstrecke selbst wurde vom Wirt eines nahe gelegenen Gasthauses betrieben; dieser wurde ebenfalls geklagt. Er präpariert und überwacht die WISBI-Strecke; diese ist oberhalb und seitlich durch ein auf Stangen montiertes rot-gelbes Netz deutlich vom übrigen Pistenbereich abgetrennt.

Der Lauf ist als Riesentorlauf ausgesteckt, jede Richtungsänderung ist durch Kippstangen gekennzeichnet. Nach dem Geldeinwurf am Start wird die Strecke dadurch freigegeben, dass die Uhr auf Null springt. Dann kann der Startschranken passiert werden, nach Durchfahren des Ziels wird die Fahrzeit angezeigt. Das Gelände hat keine abrupten Geländekanten etc., die Sicht auf die Unfallstelle ist – in Fahrtrichtung – aus ca. 150 m ungehindert gegeben.

Der Gastwirt steckt morgens den Kurs aus, untertags werden etwa fünf oder sechs Kontrollfahrten durchgeführt, mindestens einmal täglich wird der Kurs umgesteckt. Darüber hinaus beobachtet der Wirt die Rennstrecke gelegentlich vom Gasthaus aus. Eine laufende Überwachung findet nicht statt.

Der Kläger benützte die Rennstrecke zum Unfallszeitpunkt zum dritten Mal: Er zahlte beim Münzautomaten und befuhr die Strecke nach der Freigabe mit hoher Geschwindigkeit. Bei einem der letzten Tore setzte er zum Schwung an, als er plötzlich unmittelbar vor sich eine Torstange quer über die Fahrspur liegen sah. Woher diese Stange stammte, konnte nicht geklärt werden. Der Kläger konnte der Stange nicht mehr ausweichen, fuhr auf sie auf und kam dadurch zu Sturz.

Gelegentliche Überwachung ist nicht ausreichend

Der Kläger verklagte sowohl das Seilbahnunternehmen als auch den Betreiber der Strecke (Gastwirt). Der Oberste Gerichtshof entschied zunächst, dass das Seilbahnunternehmen keine Haftung trifft: Es betreibt zwar das Skigebiet, in dem die Messstrecke liegt und diese ist auch nur mit seinen Seilbahnanlagen zu erreichen, doch steht fest, dass die Strecke selbst nicht vom Seilbahnunternehmen betreut wird. Außerdem ist sie deutlich vom übrigen Skiraum, für welchen eine Verantwortung des Seilbahnunternehmens besteht, abgetrennt.

Allerdings verurteilte das Gericht den Gastwirt mit folgender Begründung: Nach der herrschenden Judikatur trifft den Betreiber einer Rennstrecke eine deutlich erhöhte Sorgfaltspflicht als den Halter einer „gewöhnlichen“ Piste. Da die Wintersportler diese Strecken mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit benutzen, besteht dabei ein größeres Risiko und können demnach größere Anstrengungen im Hinblick auf die Pistensicherung erwarten werden.

Der Benützer hat keine Möglichkeit, einer plötzlich sichtbar werdenden, auf dem Boden liegenden Torstange auszuweichen. Eine solche Stange in der bei rennmäßiger Fahrweise einzuhaltenden Fahrlinie stellt eine atypische Gefahrenquelle dar, die unschädlich zu machen ist. Der Gastwirt wäre daher – so das Gericht – verpflichtet gewesen, wirksamere Maßnahmen gegen derartige Gefahren zu ergreifen. Die bloß gelegentliche Beobachtung und fünf bis sechs Kontrollfahrten pro Tag qualifizierte das Gericht als nicht ausreichend.

Klare Trennung vom Pistenbereich notwendig

Würde sich diese – meiner Meinung nach abzulehnende – Rechtsprechung in Zukunft durchsetzen, so würde das in der Praxis wohl das Ende solcher Messstrecken bedeuten: Kaum ein Betreiber – sei es nun ein Seilbahnunternehmen oder ein „Privater“ – wird die Möglichkeit haben (wie es das Gericht fordert), durchgehend eine Aufsicht an der Strecke zu postieren, die sie bei Auftreten eines Hindernisses sofort sperrt.

Das Gericht war der Meinung, dass der Kläger das Überfahren der Stange kaum vermeiden hätte können: Da er nur den unmittelbaren Bereich vor sich und das nächste Tor im Blick hatte, sei sie für ihn erst aus zu kurzer Entfernung zu erkennen ist gewesen. Offen bleibt dabei die Frage der Eigenverantwortung, bedenkt man, dass der Kläger die Unfallstelle aus ca. 150 m Entfernung sehen hätte können.

Sollte eine solche Strecke nicht vom Seilbahnunternehmen selbst betrieben werden, so muss sie klar vom Pistenbereich abgegrenzt werden, um eine mögliche Haftung für Versäumnisse des Betreibers zu vermeiden. Diese Trennung muss so deutlich sein, dass der Benutzer leicht erkennt, dass diese Messstrecke nicht Teil des Skigebietes ist. Ist die Trennung nicht deutlich genug, kann der Benutzer damit argumentieren, dass er davon ausgegangen ist, dass sie Teil des Skigebietes ist. In diesem Fall würde auch das Seilbahnunternehmen nach einem Unfall für Fehler des Betreibers der Messstrecke zu haften haben.

(erschienen in ISR 1/2011, Christoph Haidlen)


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