Mit der neuen Valisera Bahn und den in diesem Zusammenhang errichteten Gebäuden möchte Silvretta Montafon neue Trends in den Bereichen „autonomes Fahren“, E-Mobilität und Hotellerie setzen.
Foto: Silvretta Montafon / Stefan Kothner

ISR-Interview

Autonomes Fahren als Perspektive

ISR-Interview mit Peter Marko, Geschäftsführer der Silvretta Montafon Holding: Über die Vorteile von integrierten Ressort-Konzepten, die Einführung von Dynamic Pricing als Antwort auf die gestiegenen Energiekosten und die Chancen, die im autonomen Fahrgastbetrieb liegen.

ISR: Herr Marko, im Sommer 2022 wurde die neue Valisera Bahn offiziell eröffnet, investiert wurden rund 72 Mio. Euro. Warum ist diese Bahn so wichtig für das Skigebiet Silvretta Montafon?

Peter Marko: Seit die Bank für Tirol und Vorarlberg – BTV die Skigebiete Silvretta Nova und Hochjoch 2007 übernommen und anschließend zusammengeführt hat, wurden im Rahmen eines Investitionsplans bis heute 245 Mio. in das Skigebiet investiert – einen überwiegenden Teil davon in Seilbahnen und in die Beschneiung. Einen gewissen Höhepunkt dieser Investitionen stellt die neue Valisera Bahn dar: Wir haben dieses Zukunftsprojekt glücklicherweise noch vor der Pandemie auf Schiene gebracht.

ISR: Was ist das Besondere an der neuen Valisera Bahn?

Peter Marko: Die Valisera Bahn ist die zentrale Bahn im Skigebiet Silvretta Montafon, auch weil sie die wichtigste Verbindung zwischen den beiden Teilen unseres Skigebiets ist. So wie mit der alten Valisera 6er-Bahn, die 1981 in Betrieb ging und die eine der ersten kuppelbaren Kabinenbahnen war, möchten wir auch mit der neuen Valisera Bahn Trends setzen. Allen voran im Bereich „autonomes Fahren“, in den Themenfeldern E-Mobilität/Nachhaltigkeit aber auch mit neuen Konzepten im Bereich Hotellerie. Mit 50 Ladestationen für E-Autos verfügen wir heute über die größte Parkgarage für E-Autos in ganz Vorarlberg. Ich kenne weltweit kein anderes Skigebiet, das derzeit mehr E-Ladestationen für Skifahrer zur Verfügung stellt.

ISR: In Betrieb ist die neue Valisera Bahn ja bereits mit der Wintersaison 2021/22 gegangen. Welche Erfahrungen haben Sie bis jetzt mit dem autonomen Fahrgastbetrieb gemacht?

Peter Marko: Durchwegs sehr gute. Wir sind stolz, dass wir weltweit unter den ersten Seilbahnunternehmen sind, die das autonome Betriebssystem Auro von Doppelmayr verwenden. Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Personalsituation sehen wir in autonom betriebenen Seilbahnen die Zukunft. Unsere Branche wird um verstärkte Automatisierung nicht herumkommen. Viele Jobs, wie eben im Zusammenhang mit dem autonomen Fahrgastbetrieb, werden durchwegs höhere Qualifikationen erfordern. Für Mitarbeiter kann das einen Anreiz darstellen.

ISR: Sie gehen also davon aus, dass weitere Seilbahnen und Sessellifte künftig „autonom“ betrieben werden…

Peter Marko: Ja, und es ist eine technisch sehr spannende Entwicklung. Wir gehen davon aus, dass das Auro-System von Doppelmayr auch bei Sesselbahnen kommen wird. Dazu führen wir bereits Gespräche.

ISR: Die Silvretta Montafon Holding betreibt nicht nur die 35 Seilbahnen des 140 Pistenkilometer umfassenden Skigebiets, sondern auch mehrere Hotels, 11 Restaurants, 13 Sport-Shops und zwei Skischulen. Wo liegen die Vorteile, dieses integrierten Konzepts, das in Österreich ja eine Ausnahme darstellt?

Peter Marko: Wir halten das gesamte Knowhow in Händen und tragen für das Wohl unserer Gäste praktisch die alleinige Verantwortung. Dies hilft uns beispielsweise bei der Qualitätssicherung, weil wir alles steuern können. Wenn ein Gast bei uns reklamiert, können wir sicher sein, dass er auch wirklich uns meint. Dies ermöglicht es uns, auch entsprechende Maßnahmen rasch und effektiv einzuleiten. Speziell Reisegruppen und Veranstalter können bei uns unkompliziert gesamte Pakete kaufen, weil sie nur einen einzigen Ansprechpartner haben. Auf neue Trends oder Herausforderungen können wir mit unserer Struktur rasch und auf allen Ebenen reagieren.

ISR: Wie wirkt sich dieser integrierte Ansatz im Sommertourismusaus?

Peter Marko: Noch nicht so stark wie im Winter. Während die Bergangebote im Winter buchungsrelevant sind und die Gäste in erster Linie zum Skifahren ins Tal kommen, gibt es im Sommer deutlich mehr Angebote und Mitbewerber. Aber der Sommer hat noch großes Potenzial für uns: Seit drei Jahren arbeiten wir intensiv daran, auch die Sommerangebote auszubauen.

ISR: Welche Gästeschichten sprechen Sie dabei im Winter an?

Peter Marko: Zu uns kommen in erster Linie sportliche Skifahrer – auch weil unser Terrain das hergibt. Unter anderem sprechen wir Familien mit Kindern über 10 Jahren an; also Familien, wo die Kinder bereits etwas Skifahren können. Geografisch kommen unsere Gäste zu 50 % aus Deutschland, vor allem aus Baden-Württemberg und dem westlichen Bayern. Knapp 20 % kommen aus der nahen Schweiz, ein weiteres Fünftel sind Einheimische aus Vorarlberg. Freeriden und Snowboarden nehmen bei uns einen traditionell hohen Stellenwert ein – Snowboarden und die entsprechenden Veranstaltungen haben wir praktisch in unserer DNA.

ISR: Mit ihren 72 Mio. war die neue Valisera Bahn doch eine ganz erhebliche Investition. Welche Investitionen planen Sie in Zukunft?

Peter Marko: Wir sind in einer sehr investitionsintensiven Branche, die Planung ist immer langfristig. Angesichts der derzeitigen Situation haben wir für 2023 die Umsetzung größerer Projekte „on hold“ gestellt und uns eine Nachdenkpause verpasst, bis wir Klarheit darüber haben, wie sich die Lage entwickelt. Kleinere Projekte setzen wir laufend um, etwa auch was die Unterbringung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft. Aktuell wird gerade ein Mitarbeiterhaus mit 58 Einheiten fertiggestellt.

ISR: Ein zentrales Thema sind die Energiekosten…

Peter Marko: Das ist das große Fragezeichen. Bei Strom sind wir in der glücklichen Lage, dass wir für den Winter 2022/23 noch zu günstigen Konditionen eingekauft haben. Aber was kommt danach? Das Grundproblem ist, dass niemand sagen kann, wie sich die Situation in den nächsten Monaten und Jahren entwickelt. Das derzeitige System der Strompreisbindung ist nicht mehr zeitgemäß.

ISR: Wie wirkt sich die Unsicherheit bei den Energiekosten und generell die Teuerung auf die Ticketpreise aus?

Peter Marko: Bei den Saisonkarten und den Jahreskarten werden wir im Pool Montafon-Brandnertal die Preise um 8,6 % erhöhen. Bei Tages- und Mehrtageskarten werden wir ab der Wintersaison 2022/23 konsequent „Dynamic Pricing“ einführen. Dabei errechnet ein Algorithmus den jeweilig aktuellen Preis. Buchungszeitpunkt, Urlaubsantritt, Wetter und Nachfrage beeinflussen den Preis. Wer früh bucht, profitiert von besseren Preisen, wer in der Hochsaison bei Kaiserwetter an der Kassa steht, zahlt deutlich mehr. Damit werden Online-Verkäufe deutlich zunehmen.

ISR: Wir danken für das Gespräch!

Das Gespräch wurde am 1. August 2022 geführt.

Foto: Silvretta Montafon / Stefan Kothner
Peter Marko, Geschäftsführer der Silvretta Montafon Holding
Foto: Silvretta Montafon / Stefan Kothner

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