BMVIT

Aufgaben der Seilbahnbehörde im BMVIT

Chronik der ministeriellen Seilbahnaufsicht

Erst Ende der Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts wurde im Verkehrsministerium eine eigene Seilbahnbehörde eingerichtet. Bis dahin wurden diese Agenden von der Generaldirektion der ÖBB wahrgenommen. Die Rechtsgrundlage für die Seilbahnen war bis zum Inkrafttreten des Seilbahngesetzes 2003 dieselbe wie die für Schienenbahnen, nämlich das Eisenbahngesetz 1957.

Zum Zeitpunkt der Einrichtung einer eigenen Seilbahnbehörde gab es lediglich137 Hauptseilbahnen (Standseilbahnen, Pendelbahnen, Kabinenumlaufbahnen, Sessellifte und Kombilifte) sowie 47 Kleinseilbahnen (Einsessellifte).Trotz dieser relativ geringen Anzahl von Seilbahnanlagen war der Personalstand der Seilbahnbehörde damals höher als heute. Bis zum Jahre 1992 gab es insgesamt drei Seilbahnabteilungen im Verkehrsministerium, nämlich eine Abteilung für rechtliche und administrative Angelegenheiten der Seilbahnen und Schlepplifte, eine Abteilung für seilbahntechnische und betriebliche Angelegenheiten sowie eine Abteilung für elektrotechnische und sicherungstechnische Angelegenheiten.

Die beiden technischen Abteilungen wurden im Jahre 1992 zu einer Abteilung zusammengelegt, wobei der Personalstand gleichzeitig reduziert wurde. Auch in den folgenden Jahren wurde der Personalstand sowohl bei den Technikern als auch bei den Juristen weiter kontinuierlich reduziert. Seit dem Jahre 2002 sind die rechtlichen und technischen Agenden in einer gemeinsamen Seilbahnabteilung zusammengefasst.

Zur Zeit verfügt die Seilbahnbehörde im BMVIT über insgesamt 20 Mitarbeiter (Abteilungsleiter, vier Juristen, vier Seilbahntechniker, vier Elektrotechniker, zwei weitere Sachbearbeiter im gehobenen Dienst, drei Sekretärinnen, ein Lehrling sowie ein Verwaltungspraktikant). Auf Grund der derzeitigen Kompetenzen des BMVIT und der immer umfangreicher werdenden behördlichen Aufgaben (u. a. ständig wachsende Anzahl der Seilbahnen, neue europarechtliche Vorgaben) ist die Seilbahnabteilung im BMVIT erheblich unterbesetzt (siehe Grafik).

Ohne Personalaufstockung können die behördlichen Aufgaben bei Wahrung der Sorgfaltspflicht hinkünftig nicht in der von der Seilbahnwirtschaft erwarteten Zeit erledigt werden. Dadurch bedingte Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen können zu erheblichem wirtschaftlichen Schadenführen (z. B. eine neu errichtete Anlage kann auf Grund fehlender seilbahnrechtlicher Bewilligung nicht zu Saisonbeginn in Betrieb gehen).

Behörden und Zuständigkeiten

Die Behörden sind Dienststellen oder Ämter besonderen Ranges. Eine Behörde ist dadurch ausgezeichnet, dass sie verbindlich anordnen und erzwingen kann, d. h. sie kann einseitig verbindliche Vorschriften erlassen und Zwangsakte setzen.Die Behörde hat also Befehlsgewalt; die Art und Weise des Vorgehens von Behörden bei der Ausübung von Befehlsgewalt ist im Verwaltungsverfahrens -recht geregelt.

Die Behördenzuständigkeit für Seilbahnanlagen wird durch das Seilbahngesetz 2003 geregelt. Für Standseilbahnen, Pendelseilbahnen, Kabinenseilbahnen, Kombibahnen und Sesselbahnen (diese nur hinsichtlich des Konzessions- und Baugenehmigungsverfahrens) ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuständig; für Sesselbahnen (diese ab dem Betriebsbewilligungsverfahren), Sessellifte, Kombilifte und nicht öffentliche Seilbahnen (Schlepplifte, Seilbahnen mit Werksverkehr oder beschränkt öffentlichem Verkehr) der jeweilige Landeshauptmann.

In Schleppliftangelegenheiten kann die Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaften, Magistrate) zur Wahrnehmung einzelner Befugnisse und Aufgaben ermächtigt werden. Aufgaben: Die Seilbahnbehörde ist nicht nur jeweils Genehmigungsbehörde für die angeführten Seilbahnsysteme, sondern auch Aufsichtsbehörde. D. h., der Behördeobliegt nicht nur die Durchführung der Konzessions-, der Baugenehmigungs- und der Betriebsbewilligungsverfahren, sondern sie ist in weiterer Folge auch zuständig für die Ausübung der Aufsichtsbefugnis, welche u. a. die regelmäßigen Überprüfungen nach der Seilbahnüberprüfungs-Verordnung 1995 und des vorbeugenden Brandschutzes gemäß Seilbahngesetz 2003 beinhaltet.

Darüberhinaus hat die Seilbahnbehörde eine Reihe weiterer spezifischer Aufgaben wahrzunehmen, die sich nicht nur aus dem Seilbahngesetz 2003 ergeben, sondern auch aus europarechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise die Marktüberwachung gemäß der Verordnung EG 765/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9. 7. 2008. Die Aufzählung sämtlicher Aufgaben, die der Seilbahnbehörde im BMVIT zukommen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen; die wesentlichsten werden nachstehend angeführt:

Vollzug

• Konzessions-, Baugenehmigungs- und Betriebsbewilligungsverfahren samt diesbezüglicher seilbahn- und elektrotechnischer Gutachtertätigkeit durch Amtssachverständige

• Neuverleihung von Konzessionen an einen Dritten

• Verlängerung von Konzessionen

• Verfahren betreffend die Bewilligung von Ausnahmen vom Bauverbots- und Gefährdungsbereich bei Seilbahnen

• Verwaltungsstrafverfahren gemäß den Strafbestimmungen des Seilbahn -gesetzes 2003

• Rechtsmittelverfahren (Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes) sowie Verfahren vor den Höchstgerichten (Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof) sowie der Volksanwaltschaft

• Verfahren betreffend die Genehmigung der Bestellung von Betriebsleiternsowie die Genehmigung von Betriebsvorschriften und deren Änderungen

• Genehmigung und Terminüberwachung aller Betriebsseile, Grundsätzliche und legistische Aufgaben

• Ausarbeitung der rechtlichen Grundlagen für Seilbahnen (Seilbahngesetz, diverse Verordnungen, Richtlinien und Erlässe) in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie 2000/9/EG (Seilbahnrichtlinie)

• Prüfung von Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der europäischen Richtlinie 2000/9/EG

• Beurteilung von Vorfragen, die für die Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden relevant sind, beispielsweise, ob eine Anlage als Seilbahn im Sinne des Seilbahngesetzes 2003 zu qualifizieren ist, ob ein Werksverkehr oder ein beschränkt öffentlicher Verkehr vorliegt oder ob einSicherheitsbauteil oder Teilsystem als innovativ anzusehen ist

• Erstellung der Rahmenentwürfe der Betriebsvorschriften und der Beförderungsbedingungen für die jeweiligen Anlagentypen

• Mitwirkung in Akkreditierungs- und Zertifizierungsverfahren sowie im Normungswesen

• Prüfungstätigkeit in der Prüfungskommission des WIFI zur Abnahme der Befähigungsprüfungen für Betriebsleiter bei Seilbahnen

• Marktüberwachung gemäß den europarechtlichen Vorgaben

• aufsichtsbehördliche Tätigkeiten wie die Durchführung von kommissionellen Überprüfungen und Schwerpunktüberprüfungen von Seilbahnen

• Erlassung genereller Anordnungen insbesondere nach Unfällen und besonderen Vorkommnissen (unabhängig von der Behördenzuständigkeit)

• Erstellung der Amtlichen Seilbahnstatistik

• Festlegung besonderer Bedingungen für innovative Teilsysteme und Sicherheitsbauteile Internationale Aufgaben

• Mitwirkung in internationalen Gremien (z. B. O.I.T.A.F. – Internationale Organisation für das Seilbahnwesen, ITTAB – Internationale Tagung der Technischen Aufsichtsbehörden)

• Mitwirkung in europäischen Gremien (z. B. Ständiger Seilbahnausschuss der Europäischen Kommission, Normungswesen)

Mag. Jörg Schröttner, Leiter der Abt. SCH 3


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