Die Negativmeldungen überschlagen sich regelrecht: Klimawandel, Schneemangel, ein paar einsame Schneebänder statt Tiefschneelandschaften, Energiekosten-Explosion. Die Branche relativiert zwar, doch als Grundtenor bleibt ein Jammern zu hören. Wird es in 20 Jahren noch Wintertourismus geben, wie wir ihn kennen und lieben? Diese Frage müssen wohl Zukunftsforscher beantworten. Eine gute Indikation könnte aber auch sein, die nächste Generation, also die jetzt 10- bis 14-Jährigen, über ihre Vorlieben und Einstellungen zum Tourismus zu befragen. Denn sie werden die Gäste von morgen sein, die entweder den Bergen fernbleiben oder sich über diesen Ort zur Freizeitgestaltung freuen.
Corona ist „schuld“
Immer wieder befragen wir die jungen Zielgruppen und erhalten überraschend positive Antworten: Tourismus ist und bleibt ein Sehnsuchtsort auch der „Jungen“; eine gute Idee, wie man dem Alltag entfliehen und eine Auszeit vom Alltäglichen nehmen kann. Natur, Berge und Frischluft sind durchaus Themen, die bei der jungen Generation sehr gut ankommen und zur Buchung anregen. „Schuld“ daran ist unter anderem Corona: Viele Familien haben Ihren Sommerurlaub in Corona-Zeiten in Österreich verbracht, und der Bergtourismus hat einen sehr positiven Eindruck hinterlassen. Nur circa 20 % der Kinder geben an (Kids Studie 2022, T-factory / Kids & Fun Consulting), dass sie sich seit den Lockdowns mit der Familie schlechter verstehen, was umgekehrt bedeutet, dass die Lockdowns die meisten Familien als Gemeinschaft gut überstanden haben und eventuell sogar noch zusammengewachsen sind. Und diese Erinnerungen an gemeinsame Familienzeit (in den Bergen) werden bleiben. Das Angebot muss freilich anders aussehen als bei älteren Generationen. Schließlich haben die Jungen ganz andere Vorlieben und andere Vorstellungen vom Bergerlebnis als deren Eltern. Ebenso sind die Lebensumstände andere.
Die nächste Generation sind Freizeitkonsumenten
Jede Studie mit Kindern und Familien der letzten Jahre kommt zu demselben Schluss: Die nächste Generation wird sich stark vom Freizeitgestalter zum Freizeitkonsumenten entwickeln. Wichtigster Treiber dafür ist die Ganztagsschule. Sind Kinder einst zu Mittag nach Hause gekommen und haben sich den Nachmittag mit Hausübungen und Freizeit selbst gestaltet, finden sie heutzutage ihren gesamten Tagesablauf stundenplanmäßig durchgetaktet. Sogar in den Ferien sind sie im Ferienprogramm von früh bis spät „eingeteilt“. Fazit: Kinder organisieren ihre Freizeit immer seltener selbst. Lieber lassen sie sich organisieren.
Für den Tourismus ist das eine gute Nachricht. Denn wenn die Schule und Freizeiteinrichtungen es können, kann es der Tourismus auch: Kindern und Familien erlebnisreiche Angebote zur Verfügung stellen und mit ihnen Programm machen. Es wird also immer wichtiger werden, Aktivitäten zu bieten, die die nächste Generation einfach annehmen kann (oder nicht). Diese Angebote müssen freilich weit über das Skifahren hinausreichen.
Nur Skifahren ist nicht mehr genug
In den letzten Jahren zeichnet sich der starke Trend ab, dass Familien nicht mehr die ganze Woche des Winterurlaubs Ski fahren. Neue Freizeitangebote und alternative Möglichkeiten zum Skifahren sind gefragt. Diese Entwicklung wird sich in Zukunft deutlich verstärken, und vielleicht ist es dann gar nicht mehr so wichtig, Skifahren als Hauptattraktion zu bewerben. Die Sehnsucht nach einzigartigen Bergerlebnissen, gemeinsamen Familienaktivitäten und verbindenden Erlebnissen wird im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet, dass sich der Bergtourismus insbesondere im Winter um Innovation und Diversifikation kümmern muss. Schneeschuhwandern, Schlittenfahren, Langlaufen und ähnliche Schneesportarten werden bereits angeboten. Aber warum nicht auch in schneelosen oder schneearmen Wintern die Sommerrodelbahn öffnen, eine Rätsel-Rallye am Berg organisieren, kombiniert mit einem Survival-Training, oder spezielle Gipfelerlebnisse, die die ganze Familie zusammenbringt? Innovation ist gefragt! Krempeln Sie ruhig die Ärmel hoch und überlegen Sie, mit welchen neuen Freizeitmöglichkeiten Sie Ihre Gäste überraschen können.
Der Lifestyle ist einfach cool
Was schätzen Sie: Wieviel Prozent der Zielgruppe Kinder und junge Erwachsene erreicht der Wintersport-Tourismus noch mit dem Thema Skifahren? Wird noch verstärkte Werbung für Skifahren daran etwas ändern? Eher nein. Vielmehr sollte – gerade im Winter – das Bergerlebnis mehr in den Vordergrund rücken und die jungen Zielgruppen bei ihren Erwartungen abholen. 10- bis 14-Jährige wollen in erster Linie Spaß und Unterhaltung, die sie einfach konsumieren können. Außerdem wollen sie Zeit mit ihrer Familie verbringen und emotionalisierende Naturerlebnisse haben. Diese drei Wünsche können auch ohne Skifahren auf einem winterlichen Berg angeboten werden. Der Berg wird hier zu einem Ort der Zusammenkunft, zum Durchatmen und zum Abschalten vom Alltag – bei jedem Wetter, jeder Schneelage und jeder Jahreszeit.
Metaverse oder was?
Und welche Rolle spielt das Metaverse am Berg? Gute Frage! „Mattel veröffentlicht erste digitale Sammelfiguren“, „Tik Toc kopiert Be real“, „Frozen Plant kann in Minecraft hautnah erlebt werden“ oder „My little pony galoppiert auf Roblox“. Die Aufzählung solcher Digital-Gaming-Angebote ließe sich beliebig fortsetzen und würde damit aktuellen Statistiken alle Ehre machen. Einer Studie von Superawesome zufolge sind bereits 90 % der unter 16-Jährigen in den USA Gamers. Sie „zocken“ (spielen) regelmäßig. Roblox ist dabei eine der am schnellsten wachsenden Plattformen im Metaverse und Fortnite fest auf den PCs in den Kinderzimmern etabliert. Warum das für das Bergerlebnis wichtig ist? Nun, um das reale Sinneserlebnis am Berg vermarkten zu können, müssen wir die Lebenswelten der Kinder kennen. Wir müssen die Sprache sprechen, die sie von den Spielen gewöhnt sind, denn nur dort erreichen wir sie. Diese Kinder werden Erwachsene werden und dann entweder eine Affinität zum Bergerlebnis aufgebaut haben oder nicht. Also warten Sie nicht länger – starten Sie so schnell wie möglich ihre „Winter-Innovationsreise“!